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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
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wenig mehr. Zuerst werden nacheinander alle meine Finger auf einen kleinen Bildschirm zur Speicherung von digitalen Fingerabdrücken gepresst. Dann wird mein Kopf fixiert und ich darf nicht blinzeln – ein helles Licht strahlt endlos lang in mein rechtes Auge für einen Retina-Scan. Meine Augen beginnen zu tränen, und ich sehe alles verschwommen, als die Prozedur vorbei ist. Ein geisterhaftes Nachbild wie kahle Äste bleibt auf meiner Linse zurück. Zu guter Letzt wird noch ein ganz normales Foto gemacht. Dann drückt der Mann einen Augenblick lang am Bildschirm seines Computers herum, bis ein angeschlossenes Gerät eine Plastikkarte ausspuckt.
    »Die musst du immer bei dir tragen«, sagt er, steckt sie in eine Hülle und hängt sie mir um den Hals.
    Ich halte die Karte hoch und da bin ich: »Kyla Davis« steht unter dem Foto und hinter meinem Namen ein rotes
S
. Ich schaue mir das Foto genauer an: Ich habe tatsächlich ein kleines Lächeln zustande gebracht, bevor der Blitz ausgelöst wurde.
    »Nun bist du offiziell Schülerin von Lord William’s«, sagt Mrs Ali, als sei das eine besondere Leistung oder das Ergebnis einer bewussten Entscheidung. »Jetzt müssen wir wieder zur Unit zurück.«
    Diesmal gehen wir durch den Hauptausgang des Verwaltungsgebäudes. Entlang der Außenseite ist ein langes, von Rosenbüschen gesäumtes Steindenkmal errichtet worden, auf dem »2048« eingemeißelt wurde.
Vor sechs Jahren.
    »Was ist das?«
    »Ein Gedenkstein. Für einige Schüler, die ums Leben gekommen sind.«
    Ich trete näher, denn irgendetwas zieht mich dorthin, und Mrs Ali folgt mir. Eine Namensliste ist im Stein verewigt, dahinter steht jeweils das Alter. Es sind so viele – von Robert Armstrong, 15 Jahre, bis Elaine Weisner, 16 Jahre, sind etwa 30 Namen aufgelistet. Alle auf dieser Liste waren etwa in meinem Alter. Angehalten, starr, für immer verstummt.
    »Was ist mit ihnen passiert?«
    »Sie waren auf einem Klassenausflug ins British Museum in London und es gab einen Angriff der RT. Es hatte nichts mit ihnen zu tun – wegen einer Verkehrsumleitung waren sie zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Bus wurde getroffen, kaum jemand hat überlebt.«
    Ich starre Mrs Ali an und kann es kaum glauben. »RT?«
    »Regierungsterroristen.« Sie verzieht die Lippen, als sie das Wort ausspricht, als hätte sie etwas Saures gegessen.
    »Komm, wir gehen weiter«, sagt sie dann, also folge ich ihr zurück zur Unit. Während meine Füße automatisch weiterlaufen, kann ich die Bilder nicht aufhalten, die vor meinem inneren Auge erscheinen: ein Bus, der im Londoner Verkehr feststeckt, Explosionen, Flammen, Schreie. Blutige Hände schlagen gegen Fenster, eine letzte Explosion. Dann Stille.
    Ein Mahnmal aus Stein, dornige Rosen und all diese Namen.
    Mrs Ali platziert mich auf einem Stuhl vor einem Büro. »Warte, bis du aufgerufen wirst«, sagt sie und verschwindet im Flur.
    An der Tür steht »Dr. Winston, Schulpsychologin«. Wenig später kommt ein Schüler aus dem Raum.
    Von innen ruft eine Frauenstimme: »Der Nächste, bitte!«
    Meint sie mich? Hier ist sonst niemand.
    »Der Nächste!«, kommt es noch einmal lauter, und ich stehe auf und blicke in das Büro hinein.
    »Hallo, bist du Kyla Davis? Nur keine Scheu, komm rein.«
    Sie lächelt – oder nicht? Leuchtend roter Lippenstift zieht sich in einem Halbkreis nach oben. Ihr Gesicht ist mit so viel Make-up zugekleistert, dass es bei einem richtigen Lächeln wahrscheinlich brechen würde.
    »Du hast deinen Schulausweis schon bekommen, wie ich sehe. Sehr gut. Da drüben an der Tür ist ein Gerät. Da hältst du deine Karte dran, wenn du reinkommst. Das bedeutet, dass du hier bist.«
    Ich drehe mich um: Ein Kästchen hängt neben der Tür.
    Unsicher hole ich meinen Schulausweis hervor, nehme ihn in die Hand und blicke zu der Frau am Schreibtisch zurück.
    »Du musst ihn gar nicht aus der Hülle nehmen, halte einfach nur die Vorderseite an den Scanner.«
    Ich tue, was sie sagt, und das Gerät piept.
    »Braves Mädchen. Und nun setz dich. Das machst du vor und nach jeder Schulstunde an unserer Schule – und von jetzt an auch in der Unit. So wissen wir immer, wo sich alle Schüler befinden.« Sie versucht wieder das Lippenstiftlächeln.
    Ich kauere am Rand eines Stuhls vor ihrem Tisch
    »Jetzt hör gut zu, während ich dir den restlichen Tagesablauf erkläre.« Sie sagt mir, dass ich den ganzen Nachmittag lang Tests machen muss, um herauszufinden, wo ich stehe: ob ich in die normalen

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