Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils
gerade eine Option zu sein.«
Eliot blinzelte, nahm den Anblick der Ruinen und des Mannes, der vor ihnen stand, in sich auf. »Beelzebub«, murmelte er. Erstaunlicherweise lag keine Furcht in seiner Stimme.
Der Name kam Fiona vertraut vor, als hätte sie ihn ihr ganzes Leben lang gekannt und wäre damit groß geworden.
Fiona starrte Beelzebub in die entsetzlich blauen Augen. »Was wirst du jetzt mit uns tun?«
Er zog ein gezacktes Obsidianmesser aus der Scheide. Die glitzernde Klinge war so lang wie Fionas Unterarm. »Jetzt werde ich alles sterbliche Fleisch abschneiden, das noch an euren Seelen hängt. Wir werden endlich sehen, was in euch steckt … Unsterblicher oder Höllischer.«
Fiona kämpfte gegen die Ketten an, aber ohne Erfolg.
Das schien Beelzebub zu gefallen. Lächelnd hob er das Messer über den Kopf, hielt dann aber inne und betrachtete Eliot und Fiona. Er wies mit dem Finger auf sie und begann abzuzählen: »Eene, meene, muh …«
Zum ersten Mal in ihrem Leben störte es Fiona nicht, dass Eliot so nahe bei ihr war.
Es musste einen Fluchtweg geben. Konnte sie die Ketten, die sie umgaben, als Schneide benutzen? Nein, selbst wenn es möglich wäre, würde sie vielleicht versehentlich sich oder Eliot schneiden. Oder konnte sie die Kette vielleicht dazu bringen, sich selbst zu durchschneiden?
Doch sie konnte sich nicht konzentrieren. Konnte keine Lösung finden.
Ihre freie Hand fand Eliots Hand und hielt sie fest.
»Schon gut«, flüsterte Eliot ihr zu. »Wir stehen das schon irgendwie durch.«
»Klar«, flüsterte sie zurück. »Ich weiß. Zusammen, nicht wahr?«
»… und dran bist du!« Beelzebubs Finger landete auf Fiona. »Ladies first, wie es scheint.«
Fiona richtete sich kerzengerade auf. Sie wünschte, sie hätte Beelzebub in sein grinsendes Gesicht spucken können, aber ihr Mund war plötzlich staubtrocken.
Sie hielt den Atem an. Obwohl sie die Augen schließen wollte, zwang sie sich dazu, sie offen zu halten.
Es gab ein Geräusch: das Knacken von Knochen und Reißen von Sehnen und Haut.
Fiona holte entsetzt Luft – spürte aber nichts.
Beelzebub stand vor ihr, seine Obsidianklinge noch immer über dem Kopf erhoben.
Eine andere Klinge war durch Beelzebubs Rücken gerammt worden, hatte ihn völlig durchbohrt und ragte aus seinem Brustbein hervor – die gezackte Spitze eines zerbrochenen Schwerts. Beelzebub sah nach unten; sein Lächeln schwand, als sich ein Spinnennetz aus schwarzem Gift über seinen Brustkorb ausbreitete.
»Louis!«, schrie Eliot.
Louis Fänger, Fionas angeblicher, entfremdeter Vater, trat aus Beelzebubs Schatten hervor.
»Verräter«, flüsterte Beelzebub, während ihm Blut aus dem Mund hervorquoll.
»Danke, Cousin«, antwortete Louis. »Ich nehme dein höchst gütiges Kompliment so, wie es gemeint war.«
Fiona verstand das nicht. Louis war ein Sterblicher, der all seiner Macht entkleidet war, ein Penner, jemand, der Pizza aus Müllcontainern hervorklaubte. Nicht dieser Mann, der vor ihr stand, kraftstrotzend und sauber aussah und ihr und Eliot gerade das Leben gerettet hatte.
»Papa?«, flüsterte sie.
Louis richtete seine Aufmerksamkeit auf sie. Sein Blick wurde einen Sekundenbruchteil lang weicher, verhärtete sich dann aber sofort wieder. »Ach ja, Kinder. Ich befreie euch sofort. Ich muss mich nur um ein oder zwei Dinge …«
Beelzebub biss die Zähne zusammen und stieß sich mit dem Obsidiandolch die Spitze des zerbrochenen Schwerts wieder durch die Brust.
Louis riss die Augen auf. »Das kannst du nicht.«
Beelzebubs Lächeln kehrte zurück. »Glaubst du etwa, ich hätte keine Vorsichtsmaßnahmen ergriffen?«
Die schwarzen Giftlinien, die sich wie eine Straßenkarte über seine Brust ausgebreitet hatten, zogen sich zusammen und verblassten.
»Glaubst du, dass ich nicht schon, als Sealiah zum ersten Mal vor dem Aufsichtsrat erschienen ist«, fuhr Beelzebub fort und griff hinter sich, um die Klinge mit einem lauten, saugenden Geräusch zu entfernen, »nach einem Gegenmittel für dieses hochberühmte Gift gesucht habe?«
Louis fehlten zum ersten Mal die Worte.
Beelzebub musterte die zerbrochene Waffe in seiner Hand und schleuderte sie dann beiseite. »Solches Spielzeug gehört alten Zeiten an, lieber Louis. Nicht einer Welt, in der man Biochemielabore zur Verfügung hat.«
Er schlug Louis mit dem Handrücken ins Gesicht.
Diesem gelang es gerade noch, den Ärmel seines Kamelhaarmantels hochzureißen, um den Schlag abzuwehren. Doch es
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