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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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das.“ Sein Gesicht war ausdruckslos.
    „Aber wieso denn? Unser Konzept funktioniert doch auch so tadellos! Das braucht keine Unterstützung durch Psychodrogen.“
    „Natürlich funktioniert es prima. Aber mit den Psychodrogen funktioniert es noch besser. Ist ja klar: Wenn die Leute durch Stimmungsaufheller enthemmt werden, konsumieren sie mehr. Und das ist ja das Wichtigste überhaupt.“ Seine Lippen kräuselten sich sarkastisch.
    „Und damit waren Sie einverstanden? Sie waren nicht dagegen?“
    „Ich bin noch dagegen!“ schnappte er. „Dieses Projekt ist der größte Unfug, den man machen konnte. Es kann alles in Gefahr bringen. Man spielt nicht mit solchen Sachen herum!“
    „Ja und?“
    „Der Hersteller dieser Psychodrogen, ein Schweizer Pharmaunternehmen, ist der größte Aktionär von Tour Futur. Sie haben viel Einfluß. Und sie haben sich nicht gescheut, das zu zeigen. Aber was noch wichtiger ist: Unsere amerikanische Konkurrenz, Free & easy Travels, baut gerade auf ihrer Ferieninsel auch so einen Psycho-Sprinkler ein. Unsere Direktion meinte, wir müßten ihnen zuvorkommen. Et voilà, und hier haben wir den Salat.“
    „Und wie geschieht das Ganze?“ fragte ich, um überhaupt etwas zu sagen. Ich war wie betäubt.
    „Ziemlich problemlos. Wir haben da einen Verteiler aufgebaut. Klimaanlage vor allem. Dann noch die Wasserversorgung. Jeder braucht Wasser – zum Zähneputzen, für den Morgenkaffee, für die Eiswürfel im Drink.“
    „Aber es ist doch irgendwas schiefgegangen.“
    „Ja. Die Dosierung war zu hoch. Die Leute werden nicht nur euphorisch, sondern leichtsinnig. Oder überdreht. Sie machen die seltsamsten Dinge. Und manche davon sind gefährlich. Die labilsten Charaktere sind am stärksten betroffen.“
    Ich dachte an meinen Euphorieausbruch heute morgen beim Aufstehen und fühlte mich irgendwie ertappt.
    „Dieser Blödsinn muß aufhören“, sagte ich schroff.
    „Schon geschehen. Ich habe alles gestoppt. Hoffentlich für immer. Wir werden noch ein Gegenmittel in Umlauf bringen, eine Art Beruhigungsmittel, und dann ist die Sache erledigt.“
    „Ich werde einen Bericht darüber schreiben“, knurrte ich.
    „Das werden Sie nicht!“ Für einen Augenblick hatte Roussel die Beherrschung verloren. „Weil Sie nichts darüber wissen. Die Sache ist geheim, verstehen Sie? Nichts davon darf bekannt werden. Ich habe Ihnen reinen Wein eingeschenkt, weil Sie ziemlich durcheinander waren. Also seien Sie auch fair zu mir, und halten Sie den Mund!“
    Ich dachte einen Augenblick darüber nach. „Okay“, sagte ich schließlich. „Aber die ganze Angelegenheit schmeckt mir nicht.“
    „Mir auch nicht“, sagte Roussel. „Und jetzt gehen Sie wieder an Ihre Arbeit. Ich glaube, Sie haben in Twickenham was zu erledigen, stimmt’s?“
    Er wandte sich wieder seinen Akten zu und ließ mich einfach stehen.
     
Die Leiche im Keller
     
    Ich ging also nach Twickenham. Und was da geschah, wissen Sie ja bereits. Mord im Pfarrhaus. Ein Treppenwitz. Aus unserer Show war Realität geworden. Eine nicht aus der Welt zu schaffende Panne. Wir konnten alle unsere Kündigungen einreichen.
    Ich rief Roussel an, um ihm von der Panne zu berichten.
    Als wir auf seinem Bildschirm erschienen, riß er die Augen auf. Er hatte allen Grund dazu.
    „Hier ist die Rossi Horror Picture Show“, sagte ich mit einer Stimme, die ich nicht ganz unter Kontrolle hatte. Der Tod schaute mir mit trübe blinzelnden Augen über die Schulter und murmelte pausenlos vor sich hin. Der schwarze Vogel auf seiner Schulter flatterte unruhig und krächzte: „Zu spät, zu spät.“ Im Hintergrund krakeelte Madame Zagorski. Ihre polnischen Trinklieder wurden immer wieder von einem explosionsartigen Schluckauf unterbrochen.
    „Sie haben ja eine komische Ader, Rossi“, sagte Roussel erstaunt. „Soll ich Dracula Bescheid sagen – oder dem Psychiater? Was soll der Zirkus?“
    Ich sagte es ihm.
    Als ich fertig war, sah er mich lange an. „Das ist ja eine schöne Bescherung.“ Er war so geschockt, daß ihm statt seiner üblichen Bonmots nur diese Floskel einfiel.
    „Was machen wir jetzt?“ fragte ich.
    Er öffnete den Mund zu einer Antwort, als er von einem grellen Summton unterbrochen wurde. „Moment“, brummte er und verschwand vom Bildschirm.
    Als er wieder auftauchte, war er kreidebleich.
    „Es gibt überall Schwierigkeiten“, stieß er hervor. „Dagegen ist Ihre Panne harmlos. Schaffen Sie sich die Leiche vom Hals und nehmen Sie sich

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