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Generation Gold

Generation Gold

Titel: Generation Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Müller
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»gleichmäßige« Zahlenreihe wäre beispielsweise 2,4, 6, 8, ... und so weiter. Der Wert der letzten Zahl ergibt sich demnach immer aus der vorigen Zahl plus 2. Das Wachstum liegt also konstant, d. h. linear, bei + 2.
    Anders verhält es sich bei einer exponentiellen Funktion. Hier wäre der Verlauf der Zahlenreihe beispielsweise 1, 2, 4, 8, 16, 32 ... und so weiter. Das heißt, das Wachstum liegt hier bei »mal zwei« und steigt damit stetig und immer schneller an, da immer das Doppelte einer Zahl die nächste Zahl der Reihe ergibt. Diese Zahlenreihe entspricht in wirtschaftlicher Sprechweise also einer Verzinsung von 100 Prozent. In der Natur gibt es nur wenige Beispiele für solche exponentiellen Vorgänge. Sie sind stets zeitlich begrenzt und tragen das Ende bereits in sich. Beispiele sind:

    • der Zerfall oder die Spaltung von radioaktiven Elementen (Atombombe)
    • biologisches Wachstum von Zellkulturen, z. B. Krebsgeschwüren
    • Schneelawinen

    In unserem heutigen Finanzwesen hingegen sind solche exponentiellen Zinsreihen gang und gäbe, und das, obwohl, wie wir bereits aus der Abbildung 2.2 erahnen können, diese am Ende immer zu einer Überentwicklung und zu einem Zusammenbruch führen müssen. Von Überentwicklungen spricht man dann,

    »wenn sich etwas rascher entwickelt als normal. Wenn z. B. bei einem heranwachsenden Menschen die Leber oder die Gliedmaßen rascher wachsen als der gesamte Organismus. Oder wenn bei einem ausgewachsenen Menschen einzelne Körperteile alleine weiterwachsen. Entsprechend kann man von einer Überentwicklung der Schulden sprechen, wenn diese rascher anwachsen als der gesamte Wirtschaftsorganismus, also rascher als das Sozialprodukt .« [2.6]

    Die biologische Evolution hat dieses Grundübel von Überentwicklungen natürlich erkannt und läßt z. B. uns Menschen im Alter von ungefähr 20 Jahren aufhören zu wachsen, nachdem wir als Embryo im Mutterleib mit einer exponentiellen Wachstumsrate in der Entwicklung begonnen haben. Auch die Bäume wachsen nicht in den Himmel, wie das beliebte Sprichwort bereits besagt. Sie würden schlicht und ergreifend unter ihrer eigenen Last zusammenbrechen und schlußendlich absterben.
    Kommen wir zurück in die Welt der Geldwirtschaft und betrachten die zeitliche Entwicklung eines Guthabens von 10000 Euro bei verschieden hohen Verzinsungen innerhalb von 50 Jahren.
    Wenn die 10000 Euro zu drei Prozent Zins angelegt werden, so vervierfacht sich das Kapital ungefähr innerhalb von 50 Jahren. Bei der Verdopplung des Zinses auf sechs Prozent ergibt sich bereits eine 18fache Vergrößerung des Kapitals. Bei neun Prozent Zinsen ist dieser Faktor auf 74 und bei zwölf Prozent auf rund 290 gestiegen.

    Der Grund für dieses sich immer weiter beschleunigende Wachstum ist der bekannte Zinseszins-Effekt. Das heißt, zuvor bezahlte Zinsen werden erneut verzinst, sodaß sich z.B. bei einem Zinssatz von drei Prozent eine Zahlenreihe von gerundet

    1 —> 1,03 —> 1,0609—> 1,0927 —> 1,1255 —> 1,1593

    ergibt. Das Wachstum dieser Reihe (d. h. der Abstand zwischen jeweils zwei benachbarten Zahlen) ist demnach

    0,03 —> 0,0309 —> 0,0318 —> 0,0328 —> 0,0338

    und steigt damit beständig und immer schneller an, im Beispiel oben also von anfänglich 0,0300 auf 0,0338. Dies ist also der Charakter einer exponentiellen Funktion. Umgangssprachlich könnte man sagen, daß alles erst ganz langsam anfängt und am Ende um so schneller geht. Bekannte Beispiele für solche Funktionen sind der Seerosenteich oder der Josefspfennig.
    Hätte Josef seinem Sohn Jesus im Jahre Null einen Pfennig (also den Josefspfennig) auf ein Sparkonto zu fünf Prozent Zins angelegt, dann wären im Jahre 2000 hieraus 200 Milliarden Erdkugeln aus Gold geworden.
    Schon dieses fiktive Rechenbeispiel zeigt, daß ein Zinssystem auf Dauer nicht funktionieren kann. Wir haben nur eine Erde, und auch diese besteht zum Glück nur zu einem winzigen Bruchteil aus dem chemischen Element Gold. Das heißt irgendwann zwischen dem Jahre Null und heute hätte die Bank ihrem Kunden Josef das Konto kündigen oder den Bankrott anmelden müssen. Der Volkswirtschafts-Professor Bernd Senf aus Berlin beschreibt diesen Tatbestand in seinen Worten:

    »Allein daran zeigt sich deutlich, daß das System des Zinseszinses auf Dauer gar nicht störungsfrei funktionieren kann. Es muß rein logisch immer wieder Einbrüche geben, bei denen sich die Geldforderungen bzw. das Geld insgesamt entwertet — z.B. durch

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