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Generation Gold

Generation Gold

Titel: Generation Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Müller
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Währungskrisen bzw. Währungsreformen .« [2.7]

    Diese Überentwicklungen gelten natürlich sowohl für Guthaben als auch genauso für Schulden, wenn diese nicht zurückbezahlt und die Zinsen immer nur durch neue Schulden beglichen werden. Die Höhe des Zinssatzes an sich ist dabei unerheblich, da durch dessen Erhöhung nur der zeitliche Verlauf gestaucht oder gestreckt wird. Das Ergebnis einer durch den Zinseszins hervorgerufenen exponentiellen Überentwicklung ist früher oder später immer das gleiche, wie wir auch in Abbildung 2.2 gesehen haben.

2.3 Exponentielle Schulden, lineare Wirtschaft

    Wer die Möglichkeit dauerhaften exponentiellen Wachstums leugnet, gefährdet (...) das gegenwärtig reale demokratische Herrschaftssystem ebenso, wie die Beweise Galileis das damalige Herrschaftssystem der Kirche gefährdeten .«
    Kurt Biedenkopf, 1992

    Leiten wir nun diese gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich auf die volkswirtschaftliche Entwicklung z.B. nach einem Krieg ab. Wir erkennen, daß in den ersten Jahrzehnten nach einem Neubeginn die Zinsen einer Staatsschuld nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Mit dem zunehmenden Altern einer Volkswirtschaft tritt jedoch immer mehr eine Überentwicklung der Schulden durch den erörterten exponentiellen Zinseszins-Effekt auf. Und genau aus diesem Grunde muß auch die Schuldenkurve Deutschlands exponentiell und nicht linear wachsen, wie man annehmen könnte, wenn man sich die linear wachsenden Effekte aus Kapitel 1 vor Augen hält. Herr Eichel selbst hat es uns gesagt, daß am Ende die Schulden nur noch für die Bedienung der Zinsen gemacht werden müssen, und diese Funktion ist eben mathematisch gesprochen leider nunmal exponentieller Natur.

    Fassen wir das bis hierher Gesagte nochmals kurz zusammen: Der durch den Zinseszins-Effekt exponentiell wachsende Schuldenberg der öffentlichen Hand ist die eigentliche Zeitbombe in unserem gesamten derzeitigen politischen und wirtschaftlichen System. Je weiter unsere Volkswirtschaft altert, um so schneller wird dieser Berg wachsen und uns am Ende erdrücken. Genau wie ein Krebspatient am Ende stirbt, eine Schneelawine sich ausläuft oder ein radioaktives Element nach einer Zerfallskette zu einem stabilen Isotop findet.
    Der Schuldenberg wird uns deswegen unausweichlich am Tag der Abrechnung erschlagen, da diese Zinsen für die Bundesschuld — wie logischerweise alle anderen Zinsen auch in der realen Welt, d. h. in der Wirtschaft, durch eine Wertschöpfung erarbeitet werden müssen. Genau wie Sie durch Ihrer Hände Arbeit die Zinsen für beispielsweise Ihren Hauskredit erarbeiten müssen, genauso muß eine Volkswirtschaft als Ganze die Zinsen für ihre Staatsschulden erarbeiten.
    Wir kommen an diesem Punkt auch nochmal auf die in Kapitel 1 aufgestellte These, daß ein Sozialstaat verhindern muß, daß zu viele seiner Bürger von der arbeitenden auf die kapitalistische Seite wechseln. Wäre dies der Fall, würde das Sozialprodukt der Gesellschaft sinken und das Zinssystem um so schneller zu einem erneuten Ende kommen.
    Eine verschuldete Wirtschaft wie die unsere muß also theoretisch immer fortlaufend exponentiell, d. h. immer schneller wachsen, um auf Dauer die Zinsen für ihren Schuldenberg bedienen zu können. Daß dies im endlichen Raum unserer Erde und mit endlichen natürlichen Ressourcen sinnigerweise nicht möglich sein kann, genau dies meinte also Kurt Biedenkopf in seiner Rede auf dem Physikertag, als er sagte, daß unser gesamtes System derzeit auf der falschen Annahme beruhe, daß stetes exponentielles Wachstum dauerhaft möglich sei.
    Der Zins ist also der schlichte und doch fatale Grund, warum unsere Wirtschaft ständig einem Wachstumszwang unterliegt. Die Gesamtwirtschaft muß wachsen, um die immer schneller wachsenden Ansprüche des Kapitals (d. h. der Schulden) bedienen zu können.
    Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung des deutschen Bruttosozialprodukts, also die Summe aller Waren und Dienstleistungen, von 1970 bis 2005 dar. Leider sind die Zahlen vor 1970 nicht auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes verfügbar.

    Wir erkennen, daß das Bruttosozialprodukt nominell betrachtet linear, d. h. gleichmäßig, ansteigt, wobei der Sprung Ende der 1990er Jahre natürlich von der Wiedervereinigung herrührt. Die Steigung der Kurve vor und nach diesem Sprung ist hingegen identisch.
    Fügen wir nun die Kurven für das Bruttosozialprodukt (aus Abbildung 2.4) und der Schulden (aus Abbildung 2.2) zusammen, so

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