Generation Wodka
âchillt seit drei Jahren abâ, wie er das nennt. Für die Arbeitsagentur ist der junge Mann schwer vermittelbar. Zu einigen Vorstellungsgesprächen ist er einfach nicht erschienen. âIch habe verschlafenâ, lautet seine Standardausrede.
Florian lebt schon in einer eigenen Wohnung, denn der neue Freund seiner Mutter wollte ihn nicht bei sich haben. âDie zwei Kleinen reichen mir vollkommen, ich will deine Mutter und nicht eine ganze Familie!â, hatte er Florian gesagt und ihn dann rausgeworfen. Florians Mutter war das gleichgültig. âUnd tschüss!â, das hatte sie ihm noch hinterhergerufen. Seitdem gab es zwischen dem jungen Mann und seiner Familie keinen Kontakt mehr.
Auch Maren lebt nicht gerade in glücklichen Familienverhältnissen. Ihre Eltern streiten sich häufig, auch im Beisein ihrer drei Kinder. Maren hat noch einen zweijährigen Bruder und eine 14-jährige Schwester. Zu Hause leben sie sehr beengt in einer kleinen Vierzimmerwohnung. Beide Elternteile sind seit vielen Jahren ohne Arbeit, das Geld ist knapp. Von ihrer kargen Ausbildungsvergütung muss Maren die Hälfte an ihre Eltern abgeben, obwohl sie fast nie zu Hause ist. Maren schläft so gut wie immer bei ihrem Freund. Das hat aus der Sicht von Maren mehrere Vorteile: Sie ist weg von ihrer Familie, hat ihre Ruhe, und es ist auch nicht ganz so weit zu ihrem Arbeitsplatz.
Allerdings gab es dadurch in den letzten Monaten auch sehr viel Stress mit ihrem Chef im Supermarkt. Fast an jedem Abend sind Freunde und âSaufkumpelsâ (wie Florian sie nennt) zu Besuch bei Marens Freund, und dann geht es fast immer wild zu. Es wird viel getrunken â manchmal nur Bier, zumeist aber Hochprozentiges. âBier ist doch kein Alkohol!â, belügen sich Florian und fast alle seiner Kumpels selbst. Sie feiern bis tief in die Nacht, und Maren kommt einfach nicht zur Ruhe. Die Wohnung von Florian ist sehr klein: Es gibt zwei kleine Zimmer, eins davon mit einer kleinen Einbauküche, sowie ein Bad.
Oft kommt es auch vor, dass einer der Freunde eine neue Freundin mitbringt, und die beiden ziehen sich in Florians Schlafzimmer zurück. Dann sind beide Zimmer besetzt und Maren kommt nicht vor 3:00 oder 4:00 Uhr morgens ins Bett. Fast immer verschläft sie nach so einer durchzechten Nacht â vor allem, wenn sie Frühschicht hat. Selbst zur Spätschicht ist sie schon einmal unpünktlich erschienen. Hinzu kommt, dass Florian sie hin und wieder überredet, doch einfach liegen zu bleiben: âWir machen uns einen schönen Tag.â Und dann ist sie auf Florians Drängen hin schon mal bei ihm geblieben.
Nach dem fünften Fehltag musste sie bei ihrem Chef antreten. Der war stinksauer und drohte ihr mit dem Rauswurf. Viele solcher Nummern kann Maren sich nicht mehr erlauben, und einen neuen Job zu finden, das ist in Berlin fast unmöglich, vor allem in ihrem Kiez.
***
Vor einem Jahr hat Maren zum ersten Mal harten Alkohol getrunken. Davor war es immer nur Wein, manchmal auch Alkopops. Eigentlich war es ganz schön. Der Wodka schmeckte ihr nicht so richtig, aber mit ein wenig Brausepulver klappte es ganz gut.
Zusammen mit Florian und einer weiteren Freundin schafften sie es an diesem Abend, eine ganze Flasche Wodka leer zu trinken. Florian war danach ganz kuschelig; er versuchte, Maren und die gemeinsame Freundin anzumachen. Maren hatte nicht wirklich etwas gegen Sex zu dritt. Es war ihr eher gleichgültig, aber sie war auch ein wenig neugierig. Als Florian dem Mädchen dann aber die Bluse aufknöpfte, war ihr schon ein wenig mulmig zumute. Minuten später lagen sie alle nackt im Bett. Florian wollte natürlich mehr, aber es klappte nicht so ganz mit seiner Männlichkeit. Der Wodka, die Zigaretten und ein Joint zeigten ihre Wirkung. Bei Florian lief nichts mehr. Ihm war das natürlich total peinlich. Die Freundin verlieà dann ein wenig enttäuscht die Wohnung. Maren brachte sie zur Tür. Als sie zurückkam, schlief Florian bereits.
Maren legte sich neben ihn. Ihr war schwindelig. Es drehte sich alles in ihrem Kopf und sie rannte zur Toilette. Danach ging es ihr ein wenig besser, und nach einigen Minuten schlief sie auch ein.
Zwei Stunden später wachte Maren auf. Um sie herum war undurchdringliches Dunkel und sie konnte sich kaum bewegen. Mit einer Hand ertastete sie ein Bein ihres Freundes. Der schlief fest und tief. Ihr Kopf dröhnte, und sie
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