Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)

Plan war verwegen.
    »Es sind sieben. Sie sind bisher noch nicht verladen worden. Sollen sie etwa nicht bei uns bleiben?«, fragte Jeremie.
    »Sie bleiben selbstverständlich bei uns. Wir haben keinen Platz, Leichen zu verschiffen. Sind rothaarige Mädchen dabei?«
    »Zwei, Kira 12 Jahre und Sophie 13 Jahre.«
    »Leben die Eltern noch?«
    »Bei Sophie schon, bei Kira leider nicht, warum möchtest du das wissen?«, fragte Jeremie.
    »Was mich auch interessieren würde, falls meine Beteiligung an dem Gespräch noch gestattet ist?«, fragte Irene. Sie war sichtlich vorsichtiger geworden.
    »Fragen darfst du fast alles«, antwortete Anna in Richtung Irene. »Jeremie, sende bitte sofort eine AMENS Einheit zum Habitat. Drei weitere Drohnen bringen bitte Kiras Kryobett dorthin. Schnell, wir haben nicht viel Zeit.«
    »Bestätigt.«
    »Warum willst du eine Replikantin aus dem Habitat nehmen? Dort sind sie sicher ... das sind die besten Plätze, die wir haben«, fragte Irene, die scheinbar noch im Dunkeln tappte. Was Anna auch so schnell nicht ändern wollte.
    »Lass dich überraschen.«
    »Du bist verrückt.« Dieser Satz schien zu Irenes Manie zu werden. Was auch die erste Reaktion ihres Vaters gewesen war, damals, als sie ihm eröffnet hatte, Ärztin zu werden zu wollen.
    »Jeremie, manipuliere die Datenbank, die kleine Kira lebt und es gab niemals Probleme während der Kryo-Phase, verstanden? Wir werden sie in einer Stunde verladen. Ein Schiff soll auf sie warten.« Anna würde sich nicht aufhalten lassen.
    »Bestätigt.« Auf Jeremie war Verlass.
    »Ein Taschenspielertrick? Du willst deine Replikantin bei den normalen Menschen verstecken. Was bringt dir das?« Irene hinkte immer noch hinterher. »Früher oder später werden die anderen ihre Besonderheiten entdecken.«
    »Und?« Das war Anna gleich.
     
    Anna war wieder im Habitat. Im Kreis von Annas 31 tiefgefrorenen Geschwistern. Die mobile AMENS Einheit, Kira und die beiden Transportdrohnen ebenfalls. Auch der Technik im Habitat konnte man die 192 Jahre ansehen. Sie funktionierte aber noch tadellos. Die Ingenieure hatten das Habitat für sehr widrige Witterungsverhältnisse geschaffen. Egal ob in der Wüste, im Eis oder in einem Sumpf, die Replikanten würden im Notfall viele Jahre überleben können.
    »AMENS, lösche Kiras persönliche Daten und übernimm die primären Werte der Replikantin Anna. Sie wird ab sofort Kiras Identität übernehmen.«
    »Bestätigt.«
    »Entferne die Leiche der kleinen Kira, mit Vorsicht bitte, behandelt sie mit Respekt und legt sie in mein Bett.« Auch wenn Kira bereits tot war, schmerzte dieser Schritt.
    »In Ihrem privaten Quartier?«, fragte AMENS.
    »Ja.« Anna brauchte ihr Bett nicht mehr. »Tauscht auch den Lagerbehälter der Körperflüssigkeiten.«
    »Bestätigt.«
    Die Drohnen öffneten zuerst Kiras Kryobett und hoben das tote Kind heraus. Sie war noch eingefroren. Das Mädchen starb vor 122 Jahren. Es gab schwerwiegende Anomalien durch Veränderungen an der Oberfläche ihres Körpers. Es sah wie Frostbrand aus. Die genauen Gründe verstand Anna nicht. Das ging über ihr Fachwissen hinaus, vermutlich war es eine Folge der Strahlung. Eine Drohne legte Kira auf eine Bahre und trug sie behutsam weg.
    Dann deaktivierte AMENS die Türsicherung am noch intakten Kryobett Annas. »Wir haben nur wenige Minuten. Die Lagertemperatur muss binnen zwei Minuten wieder hergestellt sein.«
    »Los. Ich trage die Verantwortung.« Anna gab die Aktion frei. Sie hatten keine Zeit zu warten.
    AMENS und die weitere Drohne hoben den Kinderkörper Annas vorsichtig aus dem Tiefkühlbett. Die Kälte kondensierte an der warmen Luft. Sie legten die Replikantin in Kiras Kryobett und verschlossen die Abdeckung wieder. Abschließend tauschte die Drohne noch den Behälter mit den Flüssigkeiten, den der toten Kira trug er ebenfalls hinaus.
    »Und den Gedächtnisspeicher der Replikantin Anna?«, fragte AMENS höflich. »Mit dem Speicher von Kira wäre die Replikantin Anna nicht lebensfähig.«
    Womit AMENS natürlich recht hatte. Man konnte bei einer kognitiven Revitalisierung nicht die Erinnerungen mit einem anderen Menschen tauschen. Der Versuch alleine würde töten. Es war nur möglich, die eigenen Gedächtnisdaten zurückzuspielen.
    »Sichere die Daten Annas. Wir gehen jetzt zu meinem persönlichen Kryoraum.« Was sie jetzt vorhatte, würde Grenzen überschreiten. Diesen Schritt hatte noch niemand gewagt.
    »Bestätigt«, meldete die AMENS Einheit und schob