Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
ausfallen. Um ihn herum herrschte dichtes Schneetreiben. Vielleicht ging er auch bereits im Kreis, er wusste es nicht.
»Elias, darf ich dir eine Frage stellen?«, fragte Vater vorsichtig. Elias hatte ihm bereits zuvor den Mund verboten. Obwohl er Vater sein Leben lang kannte, etwas hatte sich verändert, nein, alles hatte sich verändert, er wusste nicht mehr, an was er glauben sollte. Oder an wen, Vater, die KI, war ihm plötzlich fremd. Mit ihm im Nacken fühlte er sich bei jedem Schritt beobachtet.
»Was willst du?«, fuhr er Vater scharf an.
»Frage besser, was du willst?«
»Meine Ruhe!«
»Die wirst du bald haben.«
»Dann fang einfach damit an!«
»Dich in Ruhe zu lassen? Möchtest du sterben? Jammern? Leiden? Oder überleben?«
Elias konnte gerade keinen Klugscheißer gebrauchen. »Dein Gerede interessiert mich nicht!«
Das Delta-7 Visier öffnete sich, was ihm sofort einen Schwung Schnee ins Gesicht wehte. Die Kälte jagte ihm einen Schrecken ein.
»Was man dir unbesehen abnimmt.«
»Und was willst du jetzt machen? Willst du mich zu deiner willenlosen Marionette machen? Bitte! Tue dir keinen Zwang an! Du sitzt an der Quelle! Bring es zu Ende!«
Elias fühlte sich verladen. All die Dinge, die er über Vater erfahren hatte, er wusste nicht, ob er ihm noch vertr auen konnte. Was, wenn die Frau, die seine Geschwister aus dem Habitat mitgenommen hatte, die Wahrheit gesagt hatte? Was, wenn Vater ihn über die ganzen Jahre belogen hatte?
»Warum bist du weggelaufen?«
»Weil ich Angst hatte.«
»Vielleicht hätten dich die Fremden vor mir gerettet?«
»Die wollten mich umbringen.«
»Das haben sie gesagt. Ich stelle die Frage noch einmal, warum bist du weggelaufen?« Vater ließ nicht locker.
»Ich gehe gerne spazieren!«, antwortete er patzig.
»Ich sage es dir: weil du überleben willst!«
»Dann frag nicht, wenn du es besser weißt.« Elias waren solche Frage- und Antwortspielchen zuwider.
»Früher warst du zugänglicher, du hast mich sogar nach deinen Träumen befragt.«
»Leck mich!«, fluchte Elias und entledigte sich der anderen Rüstungsteile. Ohne Energie war der Anzug unbrauchbar. Wütend schleuderte er die Stiefel durch die Luft. Nur noch mit einer hellen Leinenhose, Shirt und Socken bekleidet ging er weiter. Die Hände vor der Brust verschränkt, stampfte er durch den Neuschnee, der sich erst kurz zuvor auf den knochenhart gefrorenen Boden gelegt hatte.
»Ich verstehe nicht, warum wir streiten ... ich möchte selbst nicht im Eis liegen bleiben.«
»Sorgst du dich um deine organische Batterie?«, unterbrach Elias Vater zynisch und trat eine kleinere Schneewehe aus dem Weg.
»Ich brauche dich. Ja, das stimmt und es drängt mich sicherlich nicht danach, zu erfahren, wie mir in deiner Leiche der Strom ausgeht« , erklärte Vater betroffen.
»Ehrlich?! Du hast Angst?! Willkommen im Club!«
»Dieses Gespräch führt uns zu einem Platz ohne Hoffnung. Das möchte ich nicht. Ich dachte immer, dass uns etwas Besonderes verbindet ... habe ich mich etwa geirrt?«
»Spielt das noch eine Rolle?« Elias rotzte wütend in den Schnee. Obwohl die beiden Sonnen Zoha und Antaris am Himmel standen, verdunkelte das Schneetreiben die komplette Szenerie. Egal wohin er sah, alles war dunkelgrau, feucht und saukalt!
»Für mich schon« , sagte Vater mit einer seltsamen Stimme, als ob er die Waffen streckte.
»Warum?«
»Weil ich dich liebe ...«
»Das ist lächerlich! Du bist nur eine verdammte KI ... das steht für 'künstliche' Intelligenz. Wobei ich im Moment nur das erste Wort für unstrittig halte.«
»... wie meinen Sohn. Auch wenn es dir gerade am nötigen Respekt fehlt.« Vater pausierte. Elias bildete sich ein, ihn tief einatmen zu hören. »Ich möchte dich nicht verlieren. Bitte! Wir können überleben! Aber wenn du mir nicht vertraust, haben wir beide bereits verloren. Falls das deine Entscheidung ist, bleib einfach sitzen!«
»Das ist ...« Elias schluckte. Er fühlte sich als Versager, nur durch seine Schwäche waren seine Geschwister entführt worden. Eine kurze Bewegung mit dem Finger hätte genügt, dieser Frau den Kopf wegzuschießen. Mit den Händen vor dem Gesicht sank Elias auf die Knie und weinte. »Vater, bitte ... ich habe Angst ... ich weiß nicht, was ich tun soll ... bitte ... was soll ich machen?«
»Weinen ist in Ordnung. Wenn ich es könnte, würde ich auch weinen. Doch danach wischst du dir deine Tränen aus dem Gesicht und stehst wieder auf!«
»Und wie
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