Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
unter tosendem Applaus, während die Anzeige an der Spielwand die zwei passenden Buchstaben freigab. Der Andrang auf die 2500 zivilen Plätze der Horizon war unbeschreiblich. Über zwei Milliarden Menschen hatten sich dafür beworben. Die öffentliche Verlosung der letzten Plätze sicherte den Sendern unfassbare Einschaltquoten.
»Kanal wechseln. Nur relevante Nachrichten«, sagte Anna mit einem Lächeln, sie sollte dem Computer einfach direkt sagen, was sie sehen wollte.
»In Durban und Paris gelang es Aitair Terroristen, öffentliche Stromnetze zu manipulieren. Fast 42 Millionen Haushalte hatten für 23 Sekunden keinen Strom. In 107 weiteren Großstädten hielten die öffentlichen Firewall-Systeme zahlreichen Hackerangriffen stand. Sprecher der Verwaltung in Brüssel ...«
Schon mehrwürdig, über den Angriff auf die Datenbanken der Horizon berichtete niemand.
»Suchanfrage starten: Erfolgreicher Angriff auf Datenbank der Horizon«, gab Anna vor. Doch das System meldete keine Treffer. Ob sich die Aitair Terroristen einen solchen Erfolg hätten nehmen lassen?
»Neue Suchanfrage starten: bisherige Terrorakte der Aitair Terroristen.« Auch jetzt meldete das System nur unwesentlich Angriffe auf kleinere Stromnetze oder ähnlich wenig bedeutsame Ereignisse. Anna war dem noch nie nachgegangen, in den Nachrichten hatten sich deren Aktionen meist bedrohlicher angehört. Ein 23 Sekunden andauernder Stromausfall klang nicht gerade sensationell.
»Großes Display auf Panoramasicht schalten, Zugriff auf meine Nachrichten auf mobiles Display umlegen.« Anna nahm sich das Gerät und ließ sich in ihren Sessel fallen. Ihre persönlichen Nachrichten mochte sie nicht an der Wand lesen. Ob Pierre ihr endlich geschrieben hatte? Sie hätte ihn auch anrufen können. Nur, das wollte sie nicht.
»Mist!« Immer noch nichts! Was glaubte dieser französische Mistkerl eigentlich, wer er war? Diese Frage wollte sie sich besser nicht beantworten. Diese Nacht sollte sie schnellstens vergessen. Einmal bedeutet gar nichts, redete sie sich wenig überzeugend ein. Hastig löschte sie alle übrigen Nachrichten oder delegierte sie an Martin. Sollte der sich darum kümmern.
Unzufrieden wischte sie mit einer Geste ihr Postfach fort. Pierres Bild von ihr wurde wieder sichtbar. Anna blickte auf ihren Rücken, diesmal in tiefrot, den ihr stilisiertes Alter Ego ihr trotzig samt nacktem Hinterteil entgegenstreckte. Das Bild ist wie du, wunderschön, erregend und unfassbar, so Pierres Worte, der für seine Animationen, die sich den Emotionen ihres Betrachters anpassten, berühmt war. Anna lächelte, mit dem Finger berührte sie die Schulter ihrer Abbildung, was die Anna im Display nur unnahbar ihren Körper wegdrehen ließ. Als ob sie niemand in ihrer Nähe duldete.
Anna ging den Korridor vor ihrem Quartier entlang. Sie war auf dem Weg in eine der großen Landehallen. Das Bild, der Spiegel, den Pierre ihr geschenkt hatte, half ihr, ihre Mitte zu finden. Diese Kraft würde sie nun brauchen. Sie würde an diesem Tag mehr Zuschauer haben als jemals zuvor und dafür wollte sie gut aussehen. Für ihren Vater, für Pierre und für sich.
»Fein. Da sind Sie ja«, rief ein junger blonder Mann, der ihr mit einem Schminkkasten aufgeregt entgegenlief und sofort anfing, ihre Stirn zu pudern. »Wir warten bereits auf Sie. Sie müssen in die Maske. Wir senden gleich live.«
»Major Sanders-Robinson, sehr gut ... ist gut, junger Mann. Ich übernehme«, erklärte Peter Hennessy rettend.
»Danke.«
»Dafür müssen Sie mir nicht danken.« Peter schmunzelte. »Sie kennen Ihren Part?
»Natürlich«, erklärte Anna, an der Seite ihres Vaters war sie bereits seit ihrer Kindheit Kameras gewohnt.
Peter gebot ihr einen Sitzplatz auf dem Podium. Das TV-Team hatte aus der Landehalle der Horizon ein hell erleuchtetes Fernsehstudio gemacht, das an einer Seite eine freie Sicht ins Weltall erlaubte. Nur ein Energiefeld hielt den Luftdruck im Raumschiff aufrecht. Auf einem Monitor am Boden konnte Anna das weltweit empfangbare Livebild verfolgen. Sie war noch nicht auf Sendung. Ihr Vater war im Gespräch mit einer Journalistin. Milliarden Menschen in aller Welt und auf dem Mars folgten seinen Ausführungen.
»... Ziel ist es, eine menschliche Siedlung auf dem extrasolaren Planeten HR12023 im dreifach Sonnensystem Alpha Centauri zu errichten. Unsere neue Erde befindet sich im Orbit um V645 Centauri, oder besser bekannt als Proxima Centauri C, der kleinsten der drei
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