Genesis Secret
man je gefunden hat, wurde in Zentralasien entdeckt. Gigantopithecus. Er war wirklich riesig: ein Affenmensch von möglicherweise fast drei Meter Größe. Eine Art… Yeti.«
»Im Ernst?«
Christine nickte. »Gigantopithecus hat vor etwa dreihunderttausend Jahren gelebt. Er könnte allerdings auch länger überlebt haben - und manche glauben sogar, er habe so lange überlebt, dass Erinnerungen an ihn bis in die Zeiten von Homo sapiens erhalten geblieben sind. Erinnerungen an riesige Affenmenschen.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber das sind natürlich alles nur ziemlich wilde Spekulationen. Wahrscheinlicher ist, dass Gigantopithecus einfach infolge der Konkurrenz, der er von anderen Hominiden ausgesetzt war, ausgestorben ist. Ganz sicher ist sich jedoch niemand über das Schicksal von Gigantopithecus. Allerdings …« Sie hielt inne und stützte sich wie ein Bauer beim Betrachten seiner Felder auf ihren Spaten.
Rob zog den naheliegenden Schluss selbst. Er zückte sein Notizbuch. »Was du damit sagen willst, ist doch, es könnte eine dritte Erklärung geben? Vielleicht hat sich Gigantopithecus weiterentwickelt - aber zu einem wesentlich ernsteren Rivalen für Homo sapiens. Wäre das nicht auch möglich?«
Christine nickte nachdenklich. »Ja. Es ist nicht auszuschließen. Wir haben weder für die eine noch für die andere Theorie Beweise.«
»Gehen wir doch einfach einmal davon aus, dass es dazu gekommen ist«, spann Rob den Gedanken weiter, »dann wäre dieser neue Hominide doch ein ausgesprochen großes, aggressives und intelligentes Exemplar gewesen, oder? Ein Wesen, das auch mit extrem schwierigen und widrigen Umständen zurechtgekommen wäre. Ein erbitterter Konkurrent im Kampf um Ressourcen.«
»Ja. Das ist richtig.«
»Und dieser große, aggressive Hominide hätte auch eine tief verwurzelte Angst vor der Natur gehabt, vor endlos langen, tödlichen Wintern und vor einem grausamen und erbarmungslosen Gott. Und ein geradezu verzweifeltes Bedürfnis, diesen Gott milde zu stimmen.«
Christine zuckte mit den Achseln, als könnte sie seinem letzten Gedankengang nicht recht folgen, aber sie kam nicht dazu, etwas zu entgegnen, weil in diesem Moment Radevan nach ihnen rief. Als Rob die Fundstelle erreichte, war Christine bereits auf allen vieren, um die neuen Funde von Erde und Staub zu befreien.
Vor Radevan lagen drei große schmutzige Krüge.
Sie waren mit Sandschaks versehen.
Rob war sofort klar, was die Krüge enthielten. Auch Christine war natürlich im Bilde. Trotzdem brach sie mit dem Griff einer Kelle einen der Krüge auf. Der uralte Krug zerbrach, und ein schleimiges, stinkendes Etwas flutschte in den Sand: ein halb mumifiziertes, halb verflüssigtes Baby. Der Kopf war nicht ganz so gut erhalten wie bei den Babys, die sie im Edessa-Depot gefunden hatten. Doch der stumme Schreckensschrei im Gesicht des winzigen Kindes war der gleiche. Ein weiteres Kinderopfer. Noch ein Säugling, der in einem Krug lebendig begraben worden war.
Rob versuchte nicht an Lizzie zu denken.
Einige der Kurden starrten auf den Krug und seinen Inhalt. Das tote, halb verweste Baby. Sie deuteten darauf und gestikulierten aufgeregt. Christine bat sie, weiterzugraben. Aber die Männer schrien inzwischen aufgebracht durcheinander.
Radevans Cousin Mumtaz wandte sich an Rob. »Die Männer sagen, hier ist gefährlich. Dieser Ort ist verflucht. Sie sehen das Baby und sagen, sie müssen gehen. Das Wasser wird bald hier sein.«
Christine redete auf Englisch und Kurdisch beschwörend auf die Männer ein.
Sie wiederum bestürmten Mumtaz, der dolmetschte. »Sie sagen, das Wasser kommt, um diese Leichen zu vergraben, und das ist gut. Sie sagen, sie gehen jetzt!«
Christine versuchte, sie zum Bleiben zu überreden. Der Streit ging weiter. Drei der Kurden machten sich wieder ans Graben, die anderen standen da und debattierten. Die Sonne stieg höher und höher, heiß und bedrohlich. Unbenutzt herumliegende Schaufeln und Kellen blitzten in dem gnadenlosen Licht. Die Sonne buk die kleine schleimige Babyleiche, dieses grausige kleine Häufchen Fleisch. Rob hatte ein starkes Bedürfnis, es wieder zu vergraben, den schrecklichen Anblick zu bedecken. Er wusste, er war der Lösung des Rätsels ganz nahe, aber er stand ebenso dicht davor, die Beherrschung zu verlieren. Durchzudrehen. Die Anspannung war immens.
Und sie wurde noch schlimmer, als sich einige Männer, angeführt von Mumtaz, endgültig weigerten, weiterzugraben. Trotz Christines Bitten
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