Genom
entsprechend subtilen Nachfragen gelangte Whispr zu einem busgroßen mobilen Nahrungsverkaufsstand, der momentan im Süden einer großen Baustelle parkte. Diese beweglichen Küchen dienten dazu, den Appetit der Bauarbeiter zu stillen, und diese hatte sich auf indisch-amerikanisches Essen spezialisiert. Überdies diente sie als perfekte Tarnung für Chaukutris wahren Beruf. Die kleine Küche nahm im Inneren des Wagens weitaus weniger Platz ein, als man von außen vermutete. Chaukutri führte hier nicht nur heimlich Melds aus, sondern servierte auch hervorragende Pakora. Während seine Frau vorn Naan zubereitete, bereitete ihr Mann im Heck seine Kunden auf.
Die Reaktion des Melders, als er seinen schmalen Besucher erblickte, war nicht ganz so, wie es sich Whispr erhofft hatte.
»Du … hau ab, verschwinde!« Der nervöse Chaukutri blickte aus der Hecktür des Wagens und sah sich hektisch um.
Whispr schlüpfte an dem kleineren Mann vorbei. »Hör mal, ‘Cuda, mir ist klar, dass ich gerade ziemlich heiß bin, aber …«
»Heiß? Heiß !« Die Tür wurde hinter dem dünnen Besucher zugeknallt. Sie war von innen gegen gewaltsames Eindringen verstärkt und gepanzert worden. Das war nicht gerade eine Tür, wie man sie in einer mobilen Küche erwartete. »Du bist nicht heiß, mein Freund, du brennst! Du stehst in Flammen!« Er packte Whispr am Arm. »Hau sofort ab, bevor hier durch deine Anwesenheit alles zu brennen anfängt!«
Whispr blickte auf den aufgeregten kleinen Mann hinab. Als recht kompetenter, wenngleich unlizenzierter Melder hätte sich Chaukutri auch selbst etwas größer machen können. Das hatte er jedoch nicht getan, weil eine geringe Größe in seinem Beruf durchaus von Vorteil war, gerade was die Hände und Finger betraf. Das bedeutete jedoch nicht, dass er keinerlei produktive Veränderungen vorgenommen hatte. Er hatte seine bereits außerordentlich beweglichen Finger deutlich verbessert, indem er ihnen ein zusätzliches Gelenk spendiert hatte, außerdem endeten sie jetzt alle in spezialisierten und gut verborgenen chirurgischen Werkzeugen. Als relativ unscheinbares Meld fielen sie nicht einmal Whispr besonders auf. Die Tatsache, dass Chaukutri vierzehn Finger anstelle von sechzehn, achtzehn oder zwanzig schmaleren, kürzeren Fingern besaß, ließ vermuten, dass er sich nicht unnötig weit von einem Natural entfernen wollte. Jene, die die Verbesserungen bemerkten und ihn darauf ansprachen, bekamen zu hören, dass er seinen Beruf als Koch so besser ausübenkonnte. Das war nachvollziehbar, da sich die Instrumente, die ein Chirurg und ein Koch einsetzten, nicht sehr voneinander unterschieden.
Whispr zog seinen Rucksack nach vorne und wühlte in dessen Tiefen herum. Die Karte, die er seinem grimmig dreinschauenden Gegenüber dann präsentierte, glänzte, als sich das Licht im Wageninneren auf der einzigartigen, unnachahmlichen Identifikationsmatrix spiegelte.
Wie Whispr erwartet hatte, wurde Chaukutris Nervosität durch eine rasch wachsende Gier ersetzt. »Das ist eine Hain- Ltd.-Karte. Gestohlen?«
»Nein.« Wie immer war Whisprs Sarkasmus eher indirekt zu spüren. »Ich habe sie zusammen mit meinen Profiten aus dem Hedgefonds bekommen. Was interessiert dich, ob sie geladen oder ob sie echt ist?«
Der Melder streckte die Hand aus, nahm die Karte an sich und untersuchte sie genauer, wobei er sie zwischen den Fingern hin und her drehte. »Kann ich sie … scannen?«
Sein Besucher lachte. »Wenn du es nicht tust, dann wärst du nicht der ‘Cuda Chaukutri, den ich kenne, sondern nur eine Imitation, und zwar eine schlechte.«
»Warte hier.«
Whispr sah mit an, wie sein jetzt ganz aufgeregter Gastgeber in den vorderen Wagenteil ging. Er ließ Chaukutri und die Karte nur ungern aus den Augen, aber der Melder hatte auch einen gewissen Ruf zu verlieren. Er war ein Künstler und kein Dieb.
Andererseits war anhand seiner fast schon hysterischen Reaktion auf seinen Gast klar geworden, dass ihm bewusst war, wie dringend dieser von den Behörden gesucht wurde und dass auf den dürren Flüchtling vermutlich eine recht hohe Belohnung ausgesetzt war.
Daher versuchte Whispr, sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen, als Chaukutri grinsend zurückkehrte und ihm die Karte wieder aushändigte. »Letzten Endes ist Geld wohl doch wichtiger als die Vorsicht.«
»Wenn es nicht so wäre, dann würdest du jetzt nicht hier stehen und mit mir reden«, erwiderte Whispr. »Dann wären wir beide ehrliche,
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