George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
Tante was passiert, mache ich dich dafür verantwortlich!»
Ich ging in mein Arbeitszimmer und fuhr den eigenen, wieder tadellos funktionierenden PC hoch. Dort wartete immerhin eine nette Überraschung in der Mailbox: Die Bürogemeinschaft hatte meine Bewerbung gelesen und lud mich ein, am nächsten Tag gegen zehn vorbeizuschauen. Meine Laune besserte sich schlagartig, und ich beschloss, mich ab sofort um meinen eigenen Kram zu kümmern. Schließlich sah sich Renate die Männer nur auf dem Bildschirm an. Apropos Männer: Ich sollte mich schleunigst bei Meister Mhia anmelden. Nicht dass ich meinen Clooney-Doppelgänger nie wiedersehen würde!
Entschlossen marschierte ich in die Praxis. Am Empfang saß eine magersüchtige Ziege, die ganz in Orange gekleidet war.
«Einen wunderschönen Tag», säuselte sie. «Was kann ich für Sie tun?»
Ich räusperte mich kurz. «Ich möchte mich für den Kurs am Mittwochabend anmelden», sagte ich so cool wie möglich. «Für diese Kraftentfaltung im Lungenbereich. Sie wissen schon.»
Die Ziege schaute mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle, und blätterte umständlich in einem großen Heft. «Ah, Sie meinen den Kurs von Yogi Sri Singh.»
Ich nickte eifrig.
«Da muss ich aber erst mal nachfragen, ob noch ein Platz frei ist. Diese Sitzungen sind nämlich sehr beliebt.» Sagte es und schwebte in den Raum nebenan.
Himmel, diese Variante hatte ich bisher gar nicht in Betracht gezogen! Was sollte ich machen, wenn der Kurs schon ausgebucht war? George auf der Treppe auflauern? Mir mit Gewalt Zugang verschaffen?
Die Sprechstundenhelferin – oder hießen die hier Erleuchtungshelferinnen? – kam zusammen mit dem Praxisinhaber zurück.
«Sie haben Glück! Ja-ja-ha … Ein Platz wäre noch frei.» Herr Cantak Mhia, ebenfalls ganz in Orange, nickte mir gnädig zu und reichte mir eine schwabbelig-schwitzige Hand. «Es freut mich, dass Sie sich seelisch weiterbilden wollen. Ja-ja-ha … Sie ahnen gar nicht, wie glücklich Sie dieser Kurs machen wird!»
Das wollte ich ihm für den Preis auch geraten haben. Und wehe, George tauchte nicht auf!
«Davon bin ich überzeugt», sagte ich so liebenswürdig wie möglich.
Herr Mhia schob mir ein Formular zu und reichte mir einen orangefarbenen Stift. «Ja-ja-ha … Das müssten Sie aber noch ausfüllen!» Er wollte gerade wieder nach nebenan verschwinden, als das Telefon klingelte.
«Die esoterische Praxis Cantak Mhia wünscht Ihnen einen friedvollen Tag!», flötete die Vogelscheuche in den Hörer. «Ja, einen kleinen Moment!» Sie reichte Herrn Mhia den Hörer.
«Ja, bitte?», meldete sich dieser mit einem Lächeln auf den Lippen. «Ach, du bist es.» Die gute Laune rutschte ihm aus dem Gesicht. «Was meinst du mit Kontrollen?» Er hörte erneut zu, während ich mit dem Fragebogen kämpfte.
«Herrgott, ich habe dir doch gesagt, dass die Sache an sich zu heiß ist!», rief der Meister. «Du kannst mich mal …» In diesem Augenblick bemerkte er, dass ich das Gespräch interessiert verfolgte. «Du kannst mich mal … bei der Morgenmeditation begleiten», beendete er den Satz nun in gewohnt salbungsvollem Ton. «Genau, so ist es. Alles klar.» Er legte auf, nickte mir geistesabwesend zu und verließ die Anmeldung.
Anscheinend hatte man auch als Erleuchteter so seine Schwierigkeiten. Ich hatte sie gerade bei der Frage fünf: «Unter welchem Sternzeichen wurden Sie geboren? Und was ist Ihr Aszendent?»
Mhm. Den ersten Teil konnte ich beantworten, aber Aszendent? Ich erinnerte mich dunkel daran, dass Antonia mal für mich nachgeschaut hatte, aber ich wusste beim besten Willen nicht mehr, was dabei herausgekommen war.
«Entschuldigen Sie …», unterbrach ich die Träume der Thekentante. «Ist das mit dem Aszendenten wichtig?»
Sie glotzte mich an, als hätte ich gerade verkündet, dass ich ein Herz für Kinderschänder hatte. «Aber natürlich! Sie kennen Ihren Aszendenten nicht?»
Jetzt mal ruhig, Mädel. Ich habe es bisher noch ganz gut geschafft im Leben. Habe Abitur gemacht, studiert und stehe auf eigenen Beinen.
«Nein, der wurde mir bisher noch nicht vorgestellt», sagte ich genervt und gab ihr das Formular zurück.
Sie schüttelte den Kopf, als wäre ihr so etwas bisher noch nicht passiert. «Dann schreiben Sie wenigstens Ihren Geburtsort und die Geburtsstunde hin. Ich schaue später für Sie nach und trage es ein.» Dann knöpfte sie mir ganz unesoterisch das Geld ab, und ich war entlassen.
«Ich habe es geta-han!»,
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