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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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die
Karre jemals irgendwo gesehen hätten? Ich nicht, und ich bezweifle, dass
irgendwer sonst es vergessen würde. Sie können ja ein Foto davon machen, wenn
Sie wollen, und es da oben rumzeigen. Klappern Sie alle Häuser und Läden in der
Gegend ab, und Sie werden die Wahrheit erfahren.«
    »Und die wäre?«
    »Dass ich Jemima verdammt noch
mal nicht ermordet habe.«
     
    Als der Polizist lan Barker
fragte: »Warum hast du das Kind nackt ausgezogen?«, antwortete er zunächst
nicht. Auf dem Band ist zu hören, wie seine Großmutter im Hintergrund jammert.
Ein Stuhl scharrt über den Boden, und irgendjemand trommelt mit den Fingern auf
den Tisch. »Du weißt doch, dass das Kind nackt war, oder? Als wir es gefunden
haben, war es nackt. Das weißt du doch, lan, oder etwa nicht? Du hast den
Kleinen nackt ausgezogen, bevor du ihn mit der Haarbürste misshandelt hast. Wir
wissen das, weil deine Fingerabdrücke auf dieser Haarbürste sind. Warst du
wütend, lan? Hatte der kleine John irgendetwas getan, das dich wütend gemacht
hat? Wolltest du es ihm mal so richtig zeigen mit der Haarbürste?«
    Schließlich sagte lan: »Ich
hab dem Kind überhaupt nichts getan. Fragen Sie Reggie! Und Sie können Mikey
fragen. Mikey hat ihm nämlich die Windeln abgenommen. Der weiß, wie das geht,
der hat ja Brüder. Ich nich. Und Reg hat die Bananen geklaut.«
    Als Michael zum ersten Mal
nach der Haarbürste gefragt wurde, antwortete er: »Ich hab nix gemacht.
Überhaupt nix. lan hat gesagt, der Kleine hätte gekackt. Er hat gesagt, ich
soll ihn sauber machen. Aber ich hab nix gemacht.« Als er jedoch nach den
Bananen gefragt wurde, fing er an zu weinen. »Da war Scheiße dran, okay? Das
Baby hat auf dem Boden in seiner Scheiße gelegen... Es lag einfach so da...«
Das Weinen ging in Wimmern über.
    Reggie Arnold wandte sich wie
schon zuvor an seine Mutter: »Mum, Mum, da war überhaupt keine Bürste! Ich hab
den Kleinen nich nackt ausgezogen. Ich hab ihn auch nich angefasst. Mum, ich
hab den Kleinen nich angefasst. Mikey hat ihn getreten, Mum. Der lag mit 'm
Gesicht auf 'm Boden... Mum, der muss hingefallen sein, und Mikey hat ihn getreten.«
    Als ihm erklärt wurde, was
Reggie und lan behauptet hatten, erzählte Michael Spargo endlich die ganze
Geschichte, um sich gegen das zu verteidigen, was er offenbar als Versuch der
beiden anderen Jungen ansah, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben. Er gab
zu, seinen Fuß gegen John Dresser eingesetzt zu haben, aber er behauptete,
dass er »das Baby« bloß hatte umdrehen wollen, »damit es Luft kriegt«.
    Von diesem Punkt an kamen die
grausamen Einzelheiten langsam ans Licht: wie die Jungen dem kleinen John
Dresser Tritte versetzt hatten, wie sie mit Kupferrohren auf ihn eingeprügelt
und ihn mit Betonbrocken beworfen hatten. Über bestimmte Aspekte der
Geschichte jedoch - über die genauen Einzelheiten, was zum Beispiel mit den
Bananen und der Haarbürste geschehen war - weigerte sich Michael zu sprechen,
und auch die beiden anderen Jungen schwiegen sich im Verhör über diese
Beweisstücke beharrlich aus. Aber sowohl die Obduktion von John Dressers
Leiche als auch die zunehmende Panik der drei Jungen, sobald die Haarbürste zur
Sprache kam, verweisen auf die sexuelle Komponente des Verbrechens, ebenso wie
die dabei angewandte extreme Grausamkeit auf die tiefsitzende Wut schließen
lässt, die bei allen drei Jungen in den letzten Momenten von Johns Leben zum Ausdruck
kam.
     
    Nachdem die Geständnisse der
Jungen vorlagen, traf die Staatsanwaltschaft die äußerst unübliche wie auch
umstrittene Entscheidung, dem Gericht während des Prozesses das volle Ausmaß
der Verletzungen, die John Dresser vor seinem Tod zugefügt wurden, nicht in allen Einzelheiten zu
präsentieren. Diese Entscheidung wurde auf zweifache Weise begründet. Erstens
gebe es die Filme der Überwachungskameras, die Zeugenaussagen und eine Menge
forensischer Beweismittel, die in ihrer Gesamtheit nach Auffassung der Staatsanwaltschaft
die Schuld von lan Barker, Michael Spargo und Reggie Arnold außer Zweifel
stellten. Zweitens würden Donna und Alan Dresser von ihrem Recht Gebrauch
machen, dem Prozess beizuwohnen, und die Staatsanwaltschaft wollte das Leid
der Eltern nicht zusätzlich verschlimmern, indem man ihnen das volle Ausmaß
der Brutalität vor Augen führte, die ihrem Kind vor und auch nach dem Tod
zugefügt worden war. Reichte es nicht, so die Argumentation der
Staatsanwaltschaft, zu erfahren, dass das eigene Kind -

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