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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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nicht
aufgefallen war, und großen Augen, die er bisher ebenso wenig bemerkt hatte.
Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen.
    Er hielt ihrem Blick stand.
Ein Moment verging. Als neben ihnen eine Autotür zugeschlagen wurde, sah er
weg. »Ich wünschte, man könnte unbefangener mit mir umgehen.«
    Sie gab keine Antwort darauf.
    »Alle haben Angst, es könnte
ihnen etwas herausrutschen, was Erinnerungen in mir weckt. Ich verstehe das.
Mir würde es wahrscheinlich genauso gehen. Aber ich verstehe nicht, wie man auf
die Idee kommen kann, ich müsste überhaupt erinnert werden oder dass ich mich
davor fürchte, erinnert zu werden.« Sie sagte immer noch nichts.
    »Was ich meine, ist, dass
Helen ohnehin da ist. Sie ist immer präsent. Wie könnte es anders sein? Sie hat
etwas so Simples getan, sie kam vom Einkaufen nach Hause, und plötzlich waren
sie da. Zu zweit. Der sie erschossen hat, war zwölf. Er hat es ohne jeden Grund
getan. Nur weil sie dort war. Er wurde geschnappt, der andere nicht, und er -
der Junge - gibt den Namen des anderen nicht preis. Er sagt kein Wort zu dem,
was geschehen ist. Seit man ihn gefasst hat, sagt er nichts. In Wirklichkeit
möchte ich nur wissen, was sie vielleicht zu ihnen gesagt hat, bevor sie...
Denn irgendwie denke ich, ich würde... Wenn ich nur wusste...«
    Seine Kehle war wie
zugeschnürt, und zu seinem Entsetzen spürte er, dass er in Tränen ausbrechen
würde, wenn er nicht aufhörte zu reden. Er schüttelte den Kopf und räusperte
sich. Er starrte auf die Straße.
    Ihre Hand war außergewöhnlich
weich, als sie ihn berührte. »Sie brauchen mir nichts zu erklären, Thomas.
Wirklich. Kommen Sie.«
    Als hätte sie den Eindruck, er
werde es nicht tun, fasste sie ihn am Ellbogen, während sie die andere Hand auf
seinem Arm liegen ließ. Als sie sich an seine Seite schmiegte, überkam ihn ein tröstliches
Gefühl. Bis auf seine unmittelbaren Familienangehörigen und Deborah St. James
hatte ihn schon seit Monaten niemand mehr angefasst, außer beim Händeschütteln.
Es war, als hätten die Leute Angst vor ihm bekommen, als könnte sich die
Tragödie, die ihm widerfahren war, durch eine Berührung irgendwie auf sie
übertragen. Er fühlte sich dermaßen erleichtert durch die Berührung, dass er
bereitwillig mit ihr ging, und schon bald fanden ihre Schritte einen
natürlichen Rhythmus.
    »Da sind wir«, sagte sie, als
sie ihren Wagen erreichten. Sie stand ihm gegenüber. »Das war ein schöner
Abend. Ihre Gesellschaft ist sehr angenehm, Thomas.«
    »Da habe ich meine Zweifel«, entgegnete er ruhig.
»Wirklich?«

»Ja. Und Sie können Tommy zu
mir sagen. So nennen mich die meisten Leute.«
    »Tommy. Ja. Das ist mir schon
aufgefallen.« Sie lächelte. »Ich werde Sie jetzt umarmen, und Sie sollen
wissen, dass das freundschaftlich gemeint ist.« Sie nahm ihn in die Arme. Sie
zog ihn an sich - nur für einen kurzen Moment - und berührte leicht mit ihren
Lippen seine Wange. »Ich glaube, ich bleibe erst mal bei Thomas, wenn Sie
nichts dagegen haben«, sagte sie, bevor sie in ihren Wagen stieg und davonfuhr.
    Und jetzt stand Lynley in dem
Münzengeschäft und wartete, während der Eigentümer den schweren Wälzer
wegstellte. Lynley reichte Dugue die Visitenkarte, die sie in Jemima Hastings'
Handtasche gefunden hatten, legte ihm das Foto von Jemima aus der Portrait
Gallery vor und zeigte ihm seinen Dienstausweis.
    Zu Lynleys Überraschung sagte
Dugue, nachdem er Lynleys Ausweis betrachtet hatte: »Sie sind doch der
Polizist, der im vergangenen Februar seine Frau verloren hat, nicht wahr?«
    »Stimmt.«
    »Ich kann mich noch daran
erinnern. Eine fürchterliche Sache. Womit kann ich dienen?« Und als Lynley mit
dem Kinn auf Jemimas Porträtfoto deutete, fügte er hinzu: »Ja. Ich erinnere
mich an sie. Sie war hier im Laden.«
    »Wann war das?«
    Dugue überlegte. Er schaute
durch die große Schaufensterfront auf die Straße hinaus. »Um Weihnachten
herum«, antwortete er schließlich. »Genauer kann ich es Ihnen nicht sagen,
aber ich erinnere mich noch an den Weihnachtsschmuck. Sie wurde von hinten
beschienen von den Lichterketten, die wir draußen im Gang angebracht hatten.
Also muss es um Weihnachten gewesen sein, plus minus zwei Wochen. Im Gegensatz
zu anderen Geschäften lassen wir unsere Dekoration nicht so lange hängen. Wir
können sie alle nicht ausstehen, ehrlich gesagt. Und dann dieses
Weihnachtsgedudel! Bing Crosby mag ja von Schnee träumen. Ich träume nur noch
davon, Bing

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