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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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übereifrig
gebärdete, was auch immer das letztlich heißen mochte. Aber es gab nichts.
Jeder arbeitete an etwas anderem. Barbara seufzte. Falls irgendetwas über
irgendjemanden in Hampshire auszugraben war, würde ihr wohl nichts anderes
übrig bleiben, als den Spaten selbst in die Hand zu nehmen.
    Es lag an dem Ergebnis, das
aus der Pathologie über die Haare in Jemima Hastings' Hand gekommen war. Sie
hatten Haare eines Asiaten an der Leiche, die Mordwaffe im Besitz eines
japanischen Geigers, das Blut des Opfers an dessen Kleidung und darüber hinaus
Zeugen, die den Japaner am Tag der Tat mit ebenjener Kleidung in der Nähe des
Tatorts gesehen hatten - und sie, Barbara, hatte nichts Dringlicheres zu tun,
als weiter in der Geschichte eines nur am Rande verdächtigen Kollegen herumzuwühlen? Und
das, obwohl man in einer Altkleidertonne am anderen Themse-Ufer in Putney ein
blutverschmiertes gelbes Hemd gefunden hatte? Dies waren entscheidende
Schritte - ganz zu schweigen davon, dass in derselben Altkleidertonne auch noch
die Handtasche aufgetaucht war.
    Nichtsdestotrotz beschloss
sie, sich Whiting vorzunehmen. Jemand hatte ausgesagt, er sei reichlich
übereifrig im Dienst, also musste es irgendwo Unterlagen geben, in denen näher
definiert war, worin dieser Übereifer bestanden hatte. Man musste lediglich
Whitings Werdegang zurückverfolgen, bis sich irgendjemand fand, der bereit
war, offen über den Mann zu sprechen. Wo, zum Beispiel, war er vor Lyndhurst
gewesen? Es war mehr als unwahrscheinlich, dass er die Stufen der
Karriereleiter an einem einzigen Ort erklommen hatte. So etwas kam einfach
nicht vor.
    Das Innenministerium wäre die
geeignetste Informationsquelle, aber dort Nachforschungen anzustellen, würde
weder leicht sein noch schnell gehen. Die Hierarchie dieser Behörde war ein
einziges Labyrinth; sie war bevölkert vom Staatssekretär, stellvertretenden
Staatssekretären, Abteilungsleitern und Ministerialräten. Die meisten dieser Leute
verfügten über einen eigenen Stab, und diese Stäbe bildeten wiederum die
unterschiedlichen Abteilungen, die verantwortlich waren für die Polizeiarbeit
im Lande. Von allen Abteilungen erschien Barbara diejenige, die sich mit
Kompetenzen und Befugnissen befasste, als beste Kontaktadresse. Die Frage war
nur: Wen konnte sie anrufen, aufsuchen, zu einem Kaffee einladen, unter Druck
setzen, bestechen oder anbetteln? Das war ein ganz reales Problem, weil Barbara
im Gegensatz zu anderen Polizisten, die ihre Beziehungen hegten und pflegten
wie Bauern ihre Feldfrüchte, nie über die sozialen Fähigkeiten verfügt hatte,
sich mit Leuten gut zu stellen, die ihr später noch einmal nützlich sein
könnten. Aber es musste jemanden geben, der über diese Fähigkeiten verfügte,
der sie benutzte, der einen Namen zutage fördern würde...
    Sie ging ihre Kollegen durch.
Lynley erschien ihr als die beste Wahl, aber der glänzte durch Abwesenheit.
Auch Philip Haie würde ihr unter die Arme greifen, aber der musste immer noch
auf Befehl von Ardery im Krankenhaus Wache schieben, so unsinnig das auch sein
mochte. John Stewart kam nicht infrage. Er war der Letzte, den Barbara um einen
Gefallen bitten würde. Winston Nkatas Beziehungen waren als Folge seiner Zeit,
die er als Straßenkampfstratege bei den Brixton Warriors verbracht hatte, eher
anders gelagert. Blieben also nur die Constables und die zivilen Mitarbeiter -
und unter Letzteren befand sich die ideale Kandidatin. Warum war sie nicht
gleich darauf gekommen, dass Dorothea Harriman ihr in dieser Angelegenheit am
ehesten weiterhelfen konnte?
    Barbara fand die Sekretärin im
Kopierraum, wo sie, anstatt etwas zu kopieren, aus irgendeinem Grund Nagellack
auf ihre Strumpfhose pinselte. Sie trug einen ihrer modisch engen Röcke -
Barbara fühlte sich allmählich wie eine Expertin auf dem Gebiet -, der gut zu
ihrer hoch aufgeschossenen Figur passte, und hatte diesen bis zum Oberschenkel
hochgeschoben, um den Nagellack auftragen zu können.
    »Dee«, sagte Barbara.
    Harriman zuckte zusammen. »Ach
du liebe Güte«, sagte sie. »Haben Sie mich erschreckt, Detective Sergeant Havers.«
    Im ersten Moment glaubte
Barbara, dass die Bemerkung sich auf ihre Aufmachung bezog. Dann wurde ihr
klar, was Harriman meinte, und sie sagte: »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht
überraschen. Was machen Sie da überhaupt?«
    »Hiermit?« Harriman hielt das
Nagellackfläschchen hoch. »Laufmasche«, antwortete sie. Und als Barbara sie
verständnislos ansah,

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