George, Elizabeth
Commissioner kann
manchmal ein bisschen anstrengend sein...«
Womit sie sich am liebsten
gestärkt hätte, war nicht unbedingt Kaffee, aber Isabelle war entschlossen,
eisern zu bleiben. Sie lehnte das Angebot ab, verstaute ihre Sachen in ihrem
Schreibtisch und machte sich auf den Weg zu Hilliers Büro im Tower Block, wo
Judi Macintosh sie begrüßte, sie direkt zum Assistant Commissioner durchwinkte
und ihr erklärte, der Chef der Pressestelle werde ebenfalls anwesend sein.
Das war gar keine gute
Nachricht. Es hieß, dass noch weitere Machenschaften im Gange waren. Und das
wiederum bedeutete, dass Isabelles Position noch angeschlagener war als am Tag
zuvor.
Hillier war gerade im Begriff,
ein Telefongespräch zu beenden. »Ich bitte Sie nur darum, sich noch ein paar
Stunden zurückzuhalten, bis ich einen besseren Überblick habe... Das hat
nichts mit einem faulen Handel zu tun... Es müssen noch ein paar Einzelheiten
abgeklärt werden, und ich habe vor, das jetzt gleich zu tun... Natürlich werden
Sie der Erste sein, der davon erfährt Wenn Sie glauben, dass es mir
Vergnügen bereitet, einen solchen Anruf... Ja, ja. In Ordnung.« Er legte auf
und zeigte auf einen der beiden Stühle vor seinem Schreibtisch. Isabelle nahm
Platz und er ebenfalls, was ihr zumindest ansatzweise ein beruhigendes Gefühl
gab.
»Es wird Zeit«, sagte er,
»dass Sie mir ganz genau erklären, was Sie gewusst haben, und ich kann Ihnen
nur raten, sich Ihre Antworten gut zu überlegen.«
Isabelle zog die Brauen
zusammen. Auf dem Schreibtisch des Assistant Commissioner lagen eine
Boulevardzeitung und eine Tageszeitung mit der Titelseite nach unten, woraus
sie schloss, dass die Presse irgendetwas aufgespürt hatte, das sie Hillier und
Deacon bisher verschwiegen oder möglicherweise selbst nicht gewusst hatte. Sie
hätte einen Blick in die Morgenzeitungen werfen sollen, bevor sie in den Yard
führ, allein schon um besser vorbereitet zu sein. Aber sie hatte weder Zeitung
gelesen noch sich die Frühnachrichten angesehen, in denen gewöhnlich die
Schlagzeilen des Tages kommentiert wurden.
»Ich verstehe nicht recht, was
Sie meinen, Sir«, sagte sie, obwohl ihr bewusst war, dass er genau das hatte
hören wollen, weil es ihn in eine stärkere Position brachte, die er bevorzugte.
Sie wartete ab, was als Nächstes kommen würde. Sie war sich ziemlich sicher,
dass es der dramatische Augenblick sein würde, in dem er die Zeitungen
umdrehte, und genau so war es. Sie begriff sehr schnell, dass Zaynab Bournes
nachmittägliche Pressemitteilung, der die Met durch ihre präventive
Pressekonferenz den Boden hatte entziehen wollen, stattdessen im Nachrichtenkreislauf
derart in den Vordergrund gerückt war, dass die Met sich die Konferenz auch
hätte sparen können. Zaynab Bourne war dies durch die Publikmachung eines
Details gelungen, das Isabelle bei ihrer Besprechung mit Hillier und Deacon
unerwähnt gelassen hatte: dass bei Yukio Matsumoto schon vor langer Zeit
paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden war. Das Zurückhalten dieser
Information durch die Met stellte in den Worten der Anwältin »den offensichtlichen
und skandalösen Versuch der Irreführung dar, für den die Metropolitan Police
sich wird verantworten müssen«.
Isabelle musste nicht erst den
Rest der Geschichte lesen, um zu wissen, dass Mrs. Bourne darauf hingewiesen
hatte, dass die ermittelnden Polizisten bei einem Treffen mit dem Bruder des
Geigers ausführlich über Yukio Matsumotos Gesundheitszustand in Kenntnis
gesetzt worden waren, und zwar vor dem Versuch, ihn dingfest zu machen. Somit
hatte die Polizei also nicht nur einen Mann in den Stoßverkehr auf der
Shaftesbury Avenue getrieben, was womöglich als unglücklicher, aber unvermeidbarer
Umstand hätte gelten können, den der Verdächtige selbst verschuldet haben mochte,
indem er sich einer zumutbaren Befragung durch unbewaffnete Polizisten entziehen
wollte. Vielmehr hatte sie einen verängstigten psychisch Kranken in ebenjenen
Verkehr getrieben, einen Mann, der zweifelsohne gerade einen psychotischen
Schub erlitten hatte, worauf die Polizei aufgrund der diesbezüglichen
Informationen durch den Bruder des Mannes hätte vorbereitet sein müssen. Und
es war auch nicht gerade von Vorteil, dass der Bruder des Mannes der weltberühmte
Cellovirtuose Hiro Matsumoto war.
Isabelle überlegte, wie sie
vorgehen sollte. Ihre Hände waren feucht, aber sie durfte sie auf keinen Fall
wie beiläufig an ihrem Rock abwischen.
Weitere Kostenlose Bücher