George, Elizabeth
sonst etwas aufschlitzte.
»Außerdem waren nur wir beide an dem Gespräch beteiligt«, sagte sie und hoffte
inständig, dass die beiden Männer von sich aus die entsprechenden Schlussfolgerungen
ziehen und sie nicht zwingen würden, sie mit der Nase darauf zu stoßen: dass es
keine Zeugen für dieses Gespräch gab. Es spielte keine Rolle, was Zaynab Bourne
gesagt hatte. Die Met konnte es schlichtweg abstreiten.
Hillier sah Deacon an. Deacon
hob eine Braue und sah Isabelle an. Sie fuhr fort.
»Darüber hinaus«, fügte sie
hinzu, »existiert das nach wie vor nicht unerhebliche Thema der öffentlichen
Sicherheit, dem wir uns stellen müssen.«
»Erklären Sie uns das«, sagte
Hillier. Er warf einen Blick auf die Zettel mit den Telefonnachrichten, die vor
ihm auf dem Tisch lagen. Isabelle nahm an, dass sie von Bourne, den Medien und
Hilliers Vorgesetztem stammten.
»Als Mr. Matsumoto
durchgedreht ist, befanden sich Hunderte Menschen in Covent Garden«, sagte Isabelle.
»Es ist wahr, dass wir ihn verfolgt haben, und Mrs. Bourne kann argumentieren,
dass wir es getan haben, obwohl wir wussten, dass der Mann paranoid schizophren
ist. Aber dieser Meinung können wir getrost entgegentreten mit dem
gewichtigeren Argument, dass wir ihn aus genau diesem Grund verfolgt haben. Wir
waren über seinen instabilen Zustand informiert. Gleichzeitig wussten wir, dass
er in einen Mordfall verwickelt war. Sein eigener Bruder hatte ihn anhand
eines Fahndungsporträts in der Zeitung identifiziert. Darüber hinaus hatten wir
Haare an der Leiche gefunden, die eindeutig asiatischer Herkunft waren, und
das in Verbindung mit der Beschreibung ebendieses Mannes, der in derangierter
Kleidung vom Ort eines Gewaltverbrechens geflohen war...« Sie ließ den Satz
unvollendet im Raum schweben. Für sie erklärte sich der Rest von selbst: Welche
andere Möglichkeit hätte die Polizei gehabt, als die Verfolgung des Verdächtigen
aufzunehmen? »Wir hatten keine Ahnung, ob er bewaffnet war«, schloss sie. »Er
hätte durchaus ein zweites Mal zuschlagen können.«
Hillier sah wieder Deacon an.
Ihre Kommunikation funktionierte nonverbal. In diesem Augenblick begriff
Isabelle, dass zwischen den beiden bereits etwas entschieden war. Sie war hier,
um diese Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen, und nicht, um zu verteidigen, was
sich auf der Straße abgespielt hatte.
Schließlich ergriff Hillier
das Wort. »Die Medien sind nicht dumm, Isabelle. Sie sind durchaus in der Lage,
Ihre zeitliche Darstellung der Geschehnisse zu zerpflücken und gegen Sie und
damit gegen die Met zu verwenden.«
»Sir?« Sie runzelte die Stirn.
Deacon beugte sich vor. »Wir
legen Wert darauf, nicht wie unsere amerikanischen Kollegen zu operieren, meine
Liebe«, sagte er betont geduldig. »Zuerst schießen und dann erst Fragen
stellen - das ist nicht unser Stil.«
Bei seinem herablassenden
Tonfall stellten sich ihr die Nackenhaare auf. »Ich verstehe nicht...«
»Dann lassen Sie es mich
erklären«, unterbrach Deacon sie. »Als Sie den Befehl zur Verfolgung erteilten,
wussten Sie noch nichts davon, dass die Haare an der Leiche von einem Asiaten,
geschweige denn von Mr. Matsumoto stammten. Und noch weniger wussten Sie, dass
er die Person war, die vom Tatort geflohen war.«
»Das hat sich
herausgestellt...«
»Ja, das hat es, was für eine
Erleichterung, nicht wahr? Aber das Problem ist die Verfolgung selbst und Ihr
Schuldeingeständnis.«
»Wie gesagt, gab es keine
Zeugen bei meinem Gespräch mit...«
»Und das soll ich der Presse
erklären? Unser Wort steht gegen ihres, und das war's? Ist das wirklich die
beste Antwort, die Sie zu bieten haben?«
»Sir.« Sie wandte sich an
Hillier. »Ich hatte in der Situation im Krankenhaus wenig Alternativen. Yukio
Matsumoto hatte das Bewusstsein wiedererlangt. Wir hatten das Einverständnis
seiner Schwester und seines Bruders, mit ihm zu reden. Und er hat geredet. Das
Ergebnis sind zwei Fahndungsporträts. Hätte ich nicht einen Deal mit seiner
Anwältin ausgehandelt, stünden wir heute noch genau dort, wo wir gestern
waren.«
»Ach ja, die Fahndungsporträts.«
Deacon öffnete die Aktenmappe, die er mitgebracht hatte. Isabelle begriff,
dass er gut gerüstet bei Hillier erschienen war: Er hatte sich bereits Kopien
der Phantombilder besorgt. Er warf einen Blick darauf, dann sah er Isabelle an.
Er reichte Hillier die Kopien. Hillier betrachtete sie. Er ließ sich Zeit
dafür. Er klopfte die Fingerspitzen gegeneinander, während er
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