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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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einzuschätzen
versuchte, was Isabelles Deal mit Zaynab Bourne ihnen eingebracht hatte - oder
auch nicht. Er war ebenso wenig ein Narr wie sie oder wie Deacon oder
irgendeiner der anderen ermittelnden Polizisten. Er zog seine Schlussfolgerung,
aber sprach sie nicht aus. Das war auch nicht nötig. Stattdessen richtete er
seine Augen auf sie. Blau, seelenlos. Lag ein Bedauern darin? Und wenn ja, was
bedauerte er?
    »Zwei Tage, um den Fall
abzuschließen«, sagte er. »Danach, denke ich, können wir davon ausgehen, dass
Ihre Zeit bei uns beendet ist.«
     
    Lynley fand das Haus ohne
große Schwierigkeiten, obwohl es südlich der Themse lag, wo ein einziges
falsches Abbiegen einen leicht auf die Straße nach Brighton anstatt vielleicht
in Richtung Kent oder auch Cambridgeshire bringen konnte. Aber er hatte im
Stadtplan nachgeschlagen und wusste, dass die gesuchte Straße genau zwischen
dem Gefängnis und dem Friedhof von Wandsworth lag. Seine Frau hätte die Lage
als ungesund bezeichnet. Liebling,
diesen Ort kann man nur Selbstmordgefährdeten oder unheilbar Depressiven
empfehlen. Und
Helen hätte nicht falsch gelegen, vor allem in Bezug auf das Gebäude, in dem
Isabelle Ardery sich eingerichtet hatte. Das Haus selbst war gar nicht so übel
- trotz des absterbenden Baums davor und der Betonplatte, die um den sterbenden
Baum angelegt worden und wahrscheinlich maßgeblich dafür verantwortlich war,
dass der Baum abstarb -, aber Isabelle hatte die Souterrainwohnung bezogen,
und da diese Wohnung nach Norden hin lag, wirkte sie wie ein düsterer Stollen.
Lynley musste unwillkürlich an walisische Bergleute denken, dabei hatte er das
Haus noch gar nicht betreten.
    Isabelles Auto stand an der
Straße, also war sie zu Hause. Aber als er anklopfte, machte sie nicht auf. Er
klopfte noch einmal. Dann schlug er mit der Faust gegen die Tür. Er rief ihren
Namen, und als auch das nichts fruchtete, probierte er die Klinke und stellte
fest, dass sie die Tür nicht abgeschlossen hatte. Ganz schön leichtsinnig. Er
trat ein.
    Es gab kaum Tageslicht, was
wenig verwunderlich war bei einer Souterrainwohnung. Dämmriges Licht fiel durch
ein verkrustetes Fenster in die Küche und den daran angrenzenden offenen Raum
- vermutlich das Wohnzimmer. Es war mit billigen Möbeln ausgestattet, offenbar
das Ergebnis eines hastigen Einkaufstrips zu Ikea. Sofa, Sessel, Couchtisch,
Stehlampe und Teppich sollten wohl dazu dienen, die Haushaltssünden der Bewohnerin
zu kaschieren.
    Nirgendwo konnte Lynley etwas
Persönliches entdecken, bis auf ein einziges Foto, das er aus einem Regal über
einem elektrischen Kamin nahm. Es war ein gerahmtes Foto, das Isabelle zeigte,
wie sie zwischen zwei Jungen kniete und die Arme um ihre Taillen schlang. Sie
war für die Arbeit gekleidet, während die Jungen ihre Schuluniformen trugen,
die Mützen keck in die Stirn gezogen, die Arme um die Schultern ihrer Mutter gelegt.
Alle drei lächelten in die Kamera. Erster Schultag vielleicht, dachte Lynley.
Das Alter der Zwillinge konnte hinkommen.
    Er stellte das Foto wieder
zurück ins Regal. Er sah sich um und wunderte sich über Isabelles Wohnungswahl.
Er konnte sich nicht vorstellen, wie die Jungen hier leben sollten. Mietraum
war teuer in London, aber es musste doch etwas Besseres zu finden sein, ein
Ort, an dem die Jungen wenigstens den Himmel sehen konnten, wenn sie aus dem
Fenster sahen. Wo sollten sie überhaupt schlafen? Er machte sich auf die Suche
nach den Schlafzimmern.
    Im hinteren Teil der Wohnung
entdeckte er eines. Die Tür stand offen. Ein Fenster gab den Blick auf einen
kleinen, ummauerten Hof frei, von dem aus man vielleicht Zugang zum Garten
hatte, falls es denn einen gab. Das Fenster war geschlossen und sah aus, als
wäre es seit der Fertigstellung des Hauses noch nicht ein einziges Mal geputzt
worden. Es fiel gerade so viel Licht herein, dass man einen Stuhl, eine
Kommode mit Schubladen und ein Bett erkennen konnte. Und auf dem Bett lag
Isabelle.
    Sie atmete schwer wie jemand,
der tagelang nicht gut geschlafen hatte. Es widerstrebte ihm, sie zu wecken,
und er überlegte, ihr eine Nachricht auf einen Zettel zu schreiben und sie in
Frieden zu lassen. Aber als er um das Bett herumging, um das Fenster zu öffnen,
damit die Ärmste wenigstens ein bisschen frische Luft bekam, sah er eine
Flasche auf dem Boden liegen und begriff, dass sie keineswegs im Tiefschlaf
war. Sie war im Vollrausch.
    »Mein Gott«, murmelte er.
»Verdammte Närrin.« Er setzte sich aufs

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