George, Elizabeth
Winnie... Überlegen Sie doch mal, Sir!«
»In Ordnung«, sagte Lynley. »Havers,
ist ja gut.«
»Danke, ich danke Ihnen«, sagte sie. »Das ist
alles ein komplettes Chaos, aber ich glaub, das kriegen wir schon noch entwirrt.«
Da war er sich nicht so
sicher. Denn jedes Mal, wenn er das angenommen hatte, waren neue Fakten
aufgetaucht und hatten alles nur noch komplizierter gemacht.
Indem er eine Strecke nahm,
die ihn über den Belgrave Square führte, schaffte er es in annehmbarer Zeit
zurück. Er parkte in der Tiefgarage von Scotland Yard und eilte in die Victoria
Street, wo er den Barclay's-Geldautomaten kurz vor der Ecke Broadway gegenüber
einem Schreibwarenladen entdeckte.
Havers' Maulwurf war ein
typischer Fall von An-der-Kleidung-sollt-ihr-sie-erkennen. Sein Hemd war nicht
rosafarben. Es war fuchsiafarben, und seine Krawatte war mit Entchen bestickt.
Er war eindeutig nicht für den Job als Spion geschaffen, denn er lief nervös
auf dem Gehweg auf und ab und blieb schließlich vor einem Schaufenster von
Ryman's stehen, als überlegte er, welche Art von Ablagekorb er sich zulegen
wollte.
Lynley kam sich ausgesprochen
dämlich vor, aber er trat auf den Mann zu und sagte: »Norman?« Als der Mann
zusammen zuckte, sagte er freundlich zu ihm: »Barbara Havers meinte,
ich könnte Sie zu einem Gin Tonic überreden.«
Norman sah
nach links und rechts. Er sagte: »Gott, einen Moment lang dachte ich, Sie seien
einer von ihnen.«
»Wie
bitte?«
»Hören Sie.
Wir können hier nicht reden.« Er schaute auf seine Armbanduhr, eines dieser
Chronometer mit mehreren Zifferblättern, die man fürs Tauchen und vermutlich
auch für Flüge zum Mond benutzen konnte. Dabei sagte er: »Tun Sie so, als
würden Sie mich nach der Uhrzeit fragen. Stellen Sie Ihre eigene Uhr oder so
etwas... Gott, eine Taschenuhr? So eine habe ich ja schon seit Ewigkeiten nicht
mehr...«
»Ein
Familienerbstück.« Lynley sah nach der Zeit, während Norman ihm seine Uhr
hinhielt. Lynley war sich nicht sicher, auf welches Zifferblatt er schauen
sollte, aber er nickte kooperativ.
»Wir können
hier nicht reden«, wiederholte Norman, als sie diesen Teil ihrer Scharade
beendet hatten. »Warum...«
»Überwachungskameras«,
murmelte Norman. »Wir müssen woanders hingehen. Man wird uns auf den Filmen
sehen, und dann bin ich ein toter Mann.«
Das kam
Lynley übertrieben dramatisch vor, bis er begriff, dass der Mann davon redete,
seinen Job zu verlieren, nicht sein Leben. Er sagte: »Ich fürchte, da haben wir
ein Problem. Kameras gibt es hier überall.«
»Also,
gehen Sie zum Geldautomaten und ziehen ein bisschen Geld. Ich gehe ins
Ryman's, um etwas einzukaufen. Sie tun dasselbe.«
»Norman,
bei Ryman's gibt's wahrscheinlich auch eine Kamera.«
»Tun Sie,
was ich Ihnen sage«, stieß Norman zwischen den Zähnen hervor.
Lynley
dämmerte, dass der Mann tatsächlich Angst hatte und nicht einfach nur Spion auf
gefährlicher Mission spielte.
Also nahm er seine Kreditkarte
aus der Brieftasche und ging, wie ihm geheißen, zu dem Geldautomaten. Er zog
ein bisschen Geld und betrat dann den Schreibwarenladen, wo Norman an einem
Regal mit Klebezetteln stand. Er gesellte sich nicht zu ihm, da er vermutete,
seine Nähe werde den Mann nur nervös machen, sondern ging zu den Grußkarten,
nahm eine nach der anderen in die Hand und betrachtete sie wie jemand, der etwas
Geeignetes suchte. Als er sah, dass Norman sich endlich der Kasse näherte,
wählte er willkürlich eine Karte aus und stellte sich ebenfalls an. Dort hatten
sie schließlich ein extrem kurzes Tete á-Tete, wobei Norman äußerst bemüht war,
so beiläufig wie möglich zu reden, wenn man überhaupt erkennen konnte, dass er
redete, da er aus dem Mundwinkel sprach.
»Zurzeit herrscht große
Aufregung bei uns.«
»Im Innenministerium?
Weswegen?«
»Es hat ganz klar mit
Hampshire zu tun«, sagte er. »Es ist eine ganz große Sache, absolut ernst, und
sie setzen alles daran, die Geschichte in den Griff zu kriegen, bevor
irgendetwas bekannt wird.«
Isabelle Ardery hatte
jahrelange Übung darin, die einzelnen Bereiche ihres Lebens fein säuberlich
voneinander zu trennen. Insofern hatte sie auch kein Problem damit, als Thomas
Lynley sie am nächsten Tag im Büro aufsuchte. Es gab den Kollegen Thomas
Lynley, der zu ihrem Team gehörte, und es gab den Thomas Lynley, mit dem sie
ins Bett gegangen war. Sie hatte nicht vor, die beiden miteinander zu
verwechseln. Außerdem war sie nicht so dumm
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