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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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was wir brauchen. Und um das
rauszufinden, müssen wir deinen Figurtyp ermitteln. So macht man das. Im
Fernsehen zeigen sie es die ganze Zeit.«
    Barbara Havers warf ihrer
kleinen Freundin einen skeptischen Blick zu. Sie fragte sich, ob es wirklich
klug war, sich von einer Neunjährigen in Kleidungsfragen beraten zu lassen.
Aber die einzige andere Möglichkeit wäre, sich an Dorothea Harriman zu wenden,
wenn sie sich Isabelle Arderys Ratschläge zu Herzen nehmen wollte, und Barbara
hatte nicht vor, sich der Gnade der größten Modeexpertin von Scotland Yard
auszuliefern. Mit Dorothea am Ruder würde die Einkaufstour garantiert auf direktem
Weg auf die King's Road oder - noch schlimmer - nach Knightsbridge führen, wo
sie in einer Boutique, wo man von gertenschlanken Verkäuferinnen mit perfekten
Frisuren und Fingernägeln bedient wurde, ein Monatsgehalt für einen Schlüpfer
würde hinblättern müssen. Wenn sie mit Hadiyyah loszog, bestand zumindest die
leise Hoffnung, dass sie ihre Einkäufe bei Marks & Spencer würde erledigen können.
    Aber davon wollte Hadiyyah
nichts wissen. »Topshop«, verkündete sie. »Wir müssen zu Topshop gehen, Barbara. Oder zu Jigsaw. Oder vielleicht zu H&M, aber nur vielleicht.«
    »Ich will aber nicht aussehen
wie eine Modepuppe«, erklärte Barbara. »Ich brauche Sachen, die professionell
wirken. Nichts mit Rüschen. Und auch nichts mit Nieten oder Ketten.«
    Hadiyyah verdrehte die Augen.
»Barbara«, sagte sie. »Also wirklich! Glaubst du vielleicht, ich würde was mit Nieten und
Ketten anziehen?«
    Da hätte ihr Vater ein
Wörtchen mitzureden, dachte Barbara. Taymullah Azhar hielt seine Tochter an
einer sehr kurzen Leine. Selbst jetzt, während der Sommerferien, ließ er sie
nicht mit Kindern ihres Alters herumziehen. Stattdessen büffelte sie Urdu und
lernte kochen, und wenn sie nicht Urdu büffelte oder kochen lernte, wurde sie
von Sheila Silver beaufsichtigt, einer Rentnerin, die - wie sie nicht müde
wurde zu erzählen - als Backgroundsängerin für einen Cliff-Richard-Imitator auf
der Isle of Wight eine kurze Zeit des Ruhms erlebt hatte.
    Mrs. Silver wohnte im Großen
Haus, wie sie es alle nannten, einem prunkvollen edwardianischen Gebäude in
Eton Villas. Barbara wohnte auf demselben Grundstück hinter dem Haus in einem
für Hobbits ausgelegten Gartenhäuschen. Hadiyyah und ihr Vater, Barbaras
Nachbarn, lebten im Vorderhaus in der Parterrewohnung, die nach vorne hin über
eine Terrasse verfügte. Dort saßen Barbara und Hadiyyah, jede ein Glas Johannisbeersaft
vor sich und über eine zerknitterte Seite der Daily Mail gebeugt, die Hadiyyah offenbar
für eine solche Gelegenheit aufbewahrt hatte. Sie hatte die Zeitung aus ihrem
Zimmer geholt, nachdem Barbara ihr von ihrem Kleidungsproblem berichtet hatte.
»Ich hab genau das Richtige für dich«, hatte sie strahlend ausgerufen, war mit
fliegenden Zöpfen verschwunden und gleich darauf mit der Seite zurückgekehrt,
die sie auf dem Korbtisch ausbreitete. Es handelte sich um einen Artikel über
Kleidung und Figurtypen. Auf zwei Seiten waren Models mit unterschiedlichem
Körperbau abgebildet, ausgenommen natürlich magersüchtige und übergewichtige
Frauen. Die Daily
Mail wollte
wohl keinen Extremen Vorschub leisten.
    Hadiyyah erklärte Barbara,
dass sie als Erstes ihren Figurtyp ermitteln müssten, und um dies zu
bewerkstelligen, müsse sie sich etwas anderes anziehen, vielleicht etwas, das...
na ja, das es ihnen erlaubte zu sehen, womit sie es zu tun hatten. Sie schickte
Barbara zum Umziehen in ihr Häuschen. »Es ist sowieso viel zu warm für Cordhose
und Wollpullover«, bemerkte sie als kleinen Tipp und beugte sich wieder über
die Zeitung, um die Models zu studieren. Barbara tat, wie ihr geheißen, und
erntete ein Stöhnen von Hadiyyah, als sie in einer weiten Leinenhose mit
Gummizug und T-Shirt zurückkehrte.
    »Was ist los?«, fragte
Barbara.
    »Ach, egal«, erwiderte
Hadiyyah unbekümmert. »Wir werden unser Bestes tun.«
    Ihr Bestes bestand darin, dass
Barbara auf einen Stuhl stieg - und sich vorkam wie eine Idiotin - und Hadiyyah
auf den Rasen trat, »weil ich von hier aus einen besseren Blick habe, um dich
mit den Frauen auf den Bildern zu vergleichen«. Das tat sie, indem sie die
Zeitung hochhielt, die Nase krauszog und abwechselnd Barbara und die
Abbildungen betrachtete. Schließlich verkündete sie: »Birne, würde ich sagen,
und kurze Taille. Kannst du die Hose ein bisschen hochziehen? Du hast ja richtig
hübsche

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