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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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Vorhaltungen machen oder Frank hinausscheuchen konnte. Als der
Hund ihm also hineinfolgte, ließ Robbie es geschehen und war dankbar für die
Gesellschaft. Er stellte dem Weimaraner frisches Wasser hin, und Frank trank
den Napf gierig aus, verschlabberte dabei jedoch die Hälfte auf den
Küchenfußboden.
    Robbie ging nach oben. Er war
total verschwitzt und stank nach Pferd, aber anstatt ins Bad zu gehen - um
diese Tageszeit machte er sich nicht die Mühe zu duschen, denn er wusste, dass
er kurze Zeit später ohnehin wieder schwitzen und stinken würde -, betrat er
Jemimas Zimmer.
    Er ermahnte sich, Ruhe zu
bewahren. Wenn er sich aufregte, konnte er nicht mehr klar denken, aber das
musste er jetzt. Seiner Erfahrung nach gab es für alles eine Erklärung, und es
würde auch eine Erklärung geben für das, was Meredith Powell ihm berichtet
hatte.
    »Ihre Kleider sind dort,
Robbie. Aber nicht im Schlafzimmer. Er hat sie in Kartons gepackt und auf dem
Dachboden verstaut. Gina hat mir erzählt, dass sie sie entdeckt hat, weil ihr
irgendwas komisch vorgekommen war - so hat sie sich ausgedrückt -, als er über
Jeminas Auto gesprochen hatte.«
    »Was hat sie gemacht? Hat sie
dir die Klamotten gezeigt? Ist sie mit dir auf den Dachboden gestiegen?«
    »Erst hat sie mir nur davon
erzählt«, hatte Meredith gesagt.
»Aber ich habe gefragt, ob ich die Sachen sehen könnte. Ich dachte, vielleicht
standen die Kartons ja schon eine Weile auf dem Dachboden - vielleicht stammten
sie noch aus der Zeit, bevor Jemima und Gordon dort eingezogen waren, und es
waren gar nicht ihre Sachen darin. Aber so war es nicht. Die Kartons waren
nicht alt, und ich habe etwas darin gefunden, das ich kannte. Etwas, das mir
gehörte. Jemima hatte es sich irgendwann von mir geliehen und nie
zurückgegeben. Du siehst also...«
     
    Er sah es, und er sah es auch
wieder nicht. Wenn er seit ihrem überstürzten Aufbruch nicht regelmäßig jede
Woche von seiner Schwester gehört hätte, wäre er auf der Stelle nach Sway gefahren
und hätte Gordon Jossie zur Rede gestellt. Aber er hatte Kontakt mit ihr, und
am Ende jedes Telefongesprächs hatte sie ihm versichert: »Mach dir keine
Sorgen, Robbie, es wird alles gut.«
    Anfangs hatte er dann gefragt:
»Was wird gut?«, aber sie war der Frage ausgewichen, wodurch er sich mehr als
einmal gezwungen gesehen hatte zu fragen: »Hat Gordon dir etwas angetan,
Kleines?«, worauf sie stets geantwortet hatte: »Natürlich nicht, Rob.«
    Wenn Jemima nicht mit ihm in
Kontakt geblieben wäre, würde er jetzt das Schlimmste annehmen: dass Gordon sie
umgebracht und irgendwo auf seinem Grundstück verscharrt hatte - oder irgendwo
tief im Wald, damit ihre Leiche, wenn überhaupt, erst in fünfzig Jahren
gefunden würde, wenn es keine Rolle mehr spielte. In gewisser Weise würde sich
eine unausgesprochene Weissagung - oder eine Überzeugung oder eine Befürchtung
- durch ihr Verschwinden bewahrheiten, denn die Wahrheit war, dass er Gordon
Jossie nie hatte leiden können. Oft genug hatte er zu ihr gesagt: »Mit ihm
stimmt was nicht, Jemima«, aber sie hatte immer nur gelacht und erwidert: »Du
meinst wohl, er ist nicht wie du.«
    Schließlich war ihm nichts
anderes mehr übrig geblieben, als ihr recht zu geben. Es war leicht, Menschen
zu akzeptieren und zu mögen, die einem ähnlich waren. Bei Menschen, die anders
waren als man selbst, war das etwas ganz anderes.
    Von ihrem Zimmer aus rief er
sie noch einmal an. Wieder erreichte er sie nicht. Nur ihre Stimme auf dem
Anrufbeantworter, die ihn bat, eine Nachricht zu hinterlassen, was er tat.
»Hallo, Geburtstagskind, ruf mich doch mal zurück! Ich bin es gar nicht
gewöhnt, dass du dich nicht meldest, und ich mache mir ein bisschen Sorgen.
Merry die Widerspenstige hat mich besucht. Sie hatte einen selbst gebackenen
Kuchen für dich mitgebracht, Kleines. In der Affenhitze ist er geschmolzen,
aber es ist die gute Absicht, die zählt, oder? Ruf mich an, ja? Ich will dir
von den Fohlen erzählen.«
    Am liebsten hätte er noch mehr
gesagt, aber er redete ins Nichts. Er wollte seiner Schwester keine Nachricht
hinterlassen, er wollte mit ihr persönlich sprechen.
    Er trat ans Fenster. Das Sims
bot eine weitere Abstellfläche für das, wovon die notorische Sammlerin Jemima
sich nicht hatte trennen können, was so ziemlich alles einschloss, was sie
jemals besessen hatte. Die Fensterbank war vollgestellt mit eingestaubten
Plastikponys. Draußen vor dem Fenster sah er die echten Vorbilder auf

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