George, Elizabeth
Knöchel, Barbara! Wieso zeigst du die nie? Frauen sollten immer ihre
Vorzüge hervorheben, weißt du.«
»Und wie könnte ich das tun?«
Hadiyyah überlegte. »Hohe
Absätze. Du musst hohe Absätze tragen. Hast du Schuhe mit hohen Absätzen,
Barbara?«
»Na klar«, sagte Barbara.
»Genau das Richtige für meinen Job. An so 'nem Tatort sieht es sonst viel zu
gruselig aus.«
»Du nimmst das alles überhaupt
nicht ernst! Aber du musst es ernst nehmen, wenn wir es richtig machen wollen.«
Hadiyyah kam über den Rasen auf sie zugehüpft. Den Zeitungsartikel hielt sie
an einer Ecke, sodass er wie eine Fahne wehte. Sie breitete ihn wieder auf dem
Tisch aus und betrachtete ihn eingehend. Nach einer Weile erklärte sie:
»Ausgestellter Rock. Die Grundlage jeder Garderobe. Das Jackett muss so lang
sein, dass es deine Hüften kaschiert, und da du ein rundes Gesicht hast...«
»Ich arbeite noch daran,
meinen Babyspeck loszuwerden«, fiel Barbara ihr ins Wort, doch Hadiyyah ließ
sich nicht beirren: »... solltest du eine Bluse mit rundem Ausschnitt tragen,
nicht mit eckigem. Der Blusenausschnitt sollte nämlich die Gesichtsform
widerspiegeln. Na ja, eigentlich das Kinn. Ich meine, die ganze Linie von einem
Ohr zum anderen, mit dem Kinn in der Mitte.«
»Aha. Verstehe.«
»Der Rock sollte knielang
sein, und die Schuhe sollten Riemchen haben - wegen deiner hübschen Knöchel.«
»Riemchen?«
»M-hm. Steht hier. Und dann
brauchen wir noch Accessoires. Viele Frauen machen den Fehler, die falschen
Accessoires auszusuchen oder - noch schlimmer - überhaupt keine zu tragen.«
»Verflixt, das darf uns
natürlich nicht passieren«, murmelte Barbara. »Äh, was genau meinst du
eigentlich?«
Hadiyyah faltete die
Zeitungsseite ordentlich zusammen und strich mit den Fingern sorgfältig jeden
Knick nach. »Na ja, Schals und Hüte und Gürtel und Broschen und Halsketten und
Armbänder und Ohrringe und Handtaschen. Außerdem Handschuhe, aber die braucht
man nur im Winter.«
»O Gott«, stöhnte Barbara.
»Würde ich mit all dem Zeug nicht ein bisschen überkandidelt aussehen?«
»Man trägt es doch nicht alles
auf einmal!« Hadiyyah klang wie die Geduld in Person. »Ehrlich, Barbara, es ist
eigentlich gar nicht so kompliziert. Na ja, vielleicht ist es ein bisschen kompliziert, aber ich helfe
dir. Es macht bestimmt viel Spaß.«
Das bezweifelte Barbara zwar,
aber nichtsdestotrotz machten sie sich auf den Weg. Vorher riefen sie noch
Hadiyyahs Vater an der Uni an. Sie erwischten ihn zwischen einer Vorlesung und
einer Besprechung mit einem Doktoranden. Gleich zu Beginn ihrer Freundschaft
mit Taymullah Azhar und seiner Tochter hatte Barbara gelernt, dass man sich
nicht mit Hadiyyah vom Haus entfernen durfte, ohne deren Vater darüber in
Kenntnis zu setzen. Da es ihr widerstrebte einzugestehen, warum sie Hadiyyah
mit zu ihrem Einkaufsbummel nehmen wollte, begnügte sie sich mit: »Ich muss ein
paar Sachen für die Arbeit besorgen und dachte, es würde Hadiyyah Spaß machen,
mich zu begleiten. Ein kleiner Ausflug kann ja nicht schaden. Ich dachte, wir
könnten noch irgendwo ein Eis essen, wenn wir fertig sind.«
»Hat sie ihre Aufgaben für
heute erledigt?«, fragte Azhar.
»Ihre Aufgaben?« Barbara warf
Hadiyyah einen strengen Blick zu. Das Mädchen nickte eifrig, allerdings hatte
Barbara ihre Zweifel, was den Kochkurs anging. Hadiyyah war nicht begeistert
gewesen von der Vorstellung, bei dieser Hitze in der Küche zu stehen.
»Aber sicher«, sagte sie zu
Azhar.
»Also gut«, sagte Azhar. »Aber
nicht Camden Market, Barbara.«
»Nie im Leben, darauf können
Sie Gift nehmen«, erwiderte Barbara.
Es stellte sich heraus, dass
die nächste Topshop- Filiale sich an der Oxford
Street befand - zu Hadiyyahs Entzücken und zu Barbaras Entsetzen. Auf Londons
beliebtester Einkaufsmeile, auf der sich außer an Heiligabend Menschenmassen
wälzten, war jetzt während der Sommerferien, wo es in der Hauptstadt zusätzlich
von Touristen aus aller Welt wimmelte, die Hölle los - Menschenmassen hoch
vier. Hoch zehn.
Sie brauchten vierzig Minuten,
um in einem Parkhaus einen Parkplatz für Barbaras Mini zu finden, und weitere
dreißig Minuten, um sich durch die Massen auf dem Gehweg zu kämpfen, die sich
wie Lachse zu ihrem Laichplatz drängelten. Endlich bei Topshop angekommen, hätte Barbara am
liebsten sofort die Flucht ergriffen. Der Laden war rappelvoll mit jungen
Mädchen in Begleitung ihrer Mütter, Tanten, Großmütter, Nachbarn... Sie
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