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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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Gordon. »Okay? Sie könnte es nicht ertragen.«
    »Was genau könnte sie nicht
ertragen?« Dann grinste er. Aber es lag kein Humor in seinen Augen. Wie auch.
»Was konnte sie nicht ertragen, mein Süßer?«, wiederholte er.
    »Das wissen Sie ganz genau«,
stieß Gordon zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Ah... Nicht frech werden,
mein Junge. Das bekommt dir gar nicht gut.«
     
    9
     
    Die Haustürbefragung in Stoke
Newington erbrachte letztlich nichts, ebenso wenig wie die Durchsuchung der
unmittelbaren Umgebung der Kapelle, und auch die systematische Suche auf dem
gesamten verflixten in Raster eingeteilten Friedhof förderte nichts Brauchbares
zutage. Ihnen standen genug Leute zur Verfügung - Polizisten des örtlichen
Reviers und Kollegen aus anderen Stadtteilen -, aber am Ende hatten sie keinen
Zeugen, keine Tatwaffe, keine Handtasche, keine Umhängetasche, kein
Portemonnaie, nichts, um die Leiche zu identifizieren. Nur einen von einem
bemerkenswerten Haufen Müll befreiten Friedhof.
    Andererseits hatten jede Menge
Leute angerufen, und eine Personenbeschreibung, die man an das S05
weitergeleitet hatte, hatte sich tatsächlich als brauchbare Spur entpuppt. Als
hilfreich erwies sich dabei die Tatsache, dass die Leiche ungewöhnliche Augen
hatte: ein grünes und ein braunes. Nach Eingabe dieses Details in den Computer
hatte sich die Anzahl der als vermisst gemeldeten Personen, die infrage kamen,
auf eine einzige reduziert.
    Laut Vermisstenanzeige war die
Frau aus ihrer Pension in Putney verschwunden, und zwei Tage nach dem Auffinden
der Leiche wurde Barbara Havers nach Putney geschickt, genauer gesagt in die
Oxford Road, die zwischen der Putney High Street und dem Wandsworth Park
verlief. Dort parkte sie regelwidrig in einer Anwohnerparkzone, legte den
Polizeiausweis gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe und klingelte an der
Tür eines Reihenhauses, in dessen Vorgarten so viele Mülltonnen und
Plastikcontainer standen, dass man ihn für das Recyclingzentrum der ganzen Straße
hätte halten können.
    Sie wurde von einer älteren
Frau mit militärisch kurzem Haarschnitt und dem Hauch eines militärischen
Schnurrbarts eingelassen. Die Frau trug einen Trainingsanzug und schneeweiße
Sportschuhe mit pink- und lilafarbenen Schnürsenkeln. Bella McHaggis, stellte
sie sich vor. Es sei allerhöchste Zeit, dass die Polizei bei ihr aufkreuzte.
Für so viel Inkompetenz zahle sie auch noch Steuern, und die vermaledeite
Regierung sei so was von unfähig, oder etwa nicht? Man brauche sich ja nur mal
den Zustand der Straßen anzusehen, ganz zu schweigen von der U-Bahn, außerdem
habe sie die Polizei schon vor zwei Tagen angerufen, und...
    Bla, bla, bla, dachte
Barbara. Während
Bella McHaggis ihrem Ärger Luft machte, sah sie sich um: Holzboden ohne Teppich,
eine Garderobe, an der Mäntel und Schirme hingen, und an der Wand ein gerahmtes
Dokument mit der Überschrift »Hausordnung« und darunter ein Schild mit der
Aufschrift »Vermieterin wohnhaft im Hause«.
    »Man kann seinen Mietern die
Hausordnung gar nicht oft genug einbläuen«, verkündete Bella McHaggis. »Ich
habe sie überall aufgehängt. Die Hausordnung, meine ich. Es hilft, wenn die
Leute wissen, wo's langgeht.«
    Sie führte Barbara in ein
Esszimmer und durch eine geräumige Küche ins Wohnzimmer im hinteren Teil des
Hauses. Dort teilte sie Barbara mit, dass ihre Mieterin - eine Frau namens Jemima
Hastings - verschwunden sei, und wenn die Leiche, die man im Abney Park
gefunden hatte, ein braunes und ein grünes Auge habe... Bella brach ab und
versuchte, Barbaras Gesichtsausdruck zu lesen.
    »Haben Sie ein Foto von der
Frau?«
    »Ja, ja, selbstverständlich«,
sagte Bella. »Kommen Sie.« Sie ging voraus durch eine Tür am hinteren Ende des
Wohnzimmers und in einen schmalen Flur, an dessen Ende die Hintertür zu sehen
war. Vom Flur führte eine Treppe nach oben. Unter der Treppe befand sich eine
weitere Tür, die bislang vor ihren Blicken verborgen gewesen war. An dieser Tür
hing ein Poster. Trotz der schwachen Beleuchtung konnte Barbara erkennen,
dass es sich um das Schwarz-Weiß-Foto einer jungen Frau handelte, der der Wind
das helle Haar ins Gesicht wehte. Hinter ihr war unscharf ein Teil eines
Löwenkopfs zu sehen. Der Löwe war aus Marmor, mit schwarzen Streifen vom Regen,
und er schlief. Bei dem Poster handelte es sich um ein Werbeplakat für das
Cadbury-Fotoporträt des Jahres. Offenbar ging es um eine Art Fotowettbewerb.
Die Siegerfotos waren

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