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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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hatte.
    Das würde sie sich auf keinen
Fall antun, dachte Meredith. Sie würde auf dem Revier anrufen, mehr nicht. Und
dann würde sie die Sache selbst in die Hand nehmen. Sie wusste einfach, dass da
irgendetwas vor sich ging, und sie wusste auch schon, wo sie anfangen würde,
Nachforschungen anzustellen.
    Also rief sie im
Grafikdesign-Büro an, wo sie arbeitete, erzählte etwas von einer fürchterlichen
Sommergrippe, die sie erwischt habe und mit der sie die Kollegen nicht
anstecken wolle, und nachdem sie ein paar Mal theatralisch geniest hatte, damit
Cammie von der Vorstellung ihrer Mutter keinen Schaden davontrug, machte sie
sich auf den Weg zu Lexie Streener.
    Sie brauchte nicht lange auf
Lexie einzureden, bis auch sie sich im Friseursalon krankmeldete, wo ihre
Zukunft als Nicky Clarke von Ringwood noch immer auf sich warten ließ. Lexies
Vater stand mit seinem Anhänger auf einem Parkplatz an der A336 und verkaufte
Kaffee, Tee, Kekse und dergleichen, und ihre Mutter klemmte Zitate aus der
vierten Seligpreisung unter die Scheibenwischer von Autos, die am Lymington
Pier in der Warteschlange für die Fähre zur Isle of Wight standen und deren
Insassen unbedingt darüber aufgeklärt werden mussten, was Rechtschaffenheit in
der heutigen Welt bedeutete. Keiner von beiden würde je erfahren, dass Lexie
einen Tag schwänzte - es würde sie ohnehin nicht interessieren, maulte sie -,
und für Lexie war es kein großer Akt, bei Jean Michel's anzurufen und stöhnend zu
erklären, sie habe am Vorabend einen offenbar vergammelten Hamburger gegessen
und die ganze Nacht gekotzt. Dann legte sie auf und sagte zu Meredith: »Ich
muss mich nur noch schnell fertig machen.«
    Kurz darauf erschien sie in
Plateauschuhen, Netzstrumpfhose, einem extrem kurzen Rock - sie durfte sich auf
keinen Fall bücken, dachte Meredith - und einer Bluse mit hoch angesetzter
Taille, die an Jane-Austen-Filme erinnerte oder an Umstandsmode. Dieses letzte
Detail war gar nicht schlecht. Es war beinahe, als hätte Lexie Merediths
Absichten durchschaut.
    Die waren zwar nicht ganz
koscher, aber auch nicht illegal. Lexie sollte die Rolle einer Jugendlichen
spielen, die dringend Betreuung brauchte und deren ältere Schwester - die Rolle
würde Meredith übernehmen - von einem Programm gehört hatte, das von einer
netten jungen Frau geleitet wurde, die kürzlich aus Winchester hergezogen war.
Nach dem Motto: Ich krieg sie einfach nicht unter Kontrolle, und ich fürchte, dass
sie mir noch völlig aus der Bahn gerät, wenn wir nicht schleunigst etwas
unternehmen, würde Meredith sich an die betreffenden Stellen wenden. Als Erstes
wollte sie das Brockenhurst College aufsuchen, wo Mädchen in Lexies Alter nach
dem Abschluss der Gesamtschule hingingen in der Hoffnung, dort etwas zu lernen,
das sie später dazu befähigen würde, einen Beruf auszuüben, statt von der
Stütze zu leben.
    Das College lag in der
Lyndhurst Road, gleich hinter dem Pub The Snake Catcher. Zu Lexies Rolle gehörte es,
dass sie rauchte, schmollte und sich in jeder Hinsicht widerspenstig gab - ein
Mädchen, dem alle erdenklichen Gefahren drohten: von einer ungewollten
Schwangerschaft über Geschlechtskrankheiten bis hin zur Heroinsucht. Meredith
würde sich hüten, eine Bemerkung dazu zu machen, aber mehrere Narben von
Schnittwunden an den Armen, die die kurzärmelige Bluse preisgab, trugen das
ihre dazu bei, der Geschichte Glaubwürdigkeit zu verleihen.
    Meredith fand ein schattiges
Fleckchen, wo sie ihren Wagen abstellen konnte. Dann marschierten sie über den
glühend heißen Asphalt zum Verwaltungsgebäude. Dort sprachen sie mit einer
gestressten Sekretärin, die gerade versuchte, den Wünschen mehrerer
ausländischer Studenten gerecht zu werden, die kaum Englisch sprachen.
    Sie sagte zu Meredith: » Was wollen Sie?«, und dann:
»Wenden Sie sich an Monica Patterson-Hughes im Sanitätsraum«, woraus Meredith
schloss, dass die Frau nicht verstanden hatte, was sie mit »die Situation
meiner kleinen Schwester« gemeint hatte. Aber Monica Patterson-Hughes war
immerhin besser als niemand, und so machten Meredith und Lexie sich auf die
Suche nach ihr.
    Sie fanden sie in einem Raum,
wo sie einen Babywickelkurs abhielt, umringt von Teenagern, die so fürsorglich
dreinblickten wie zukünftige Kindermädchen. Im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit
stand eine ziemlich abgegriffene Cabbage-Patch-Puppe, die zu
Demonstrationszwecken benutzt wurde. Offenbar reichten die Mittel der
Organisation nicht aus für

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