Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
Vom Netzwerk:
nie in einer
derartigen Verlegenheit?!» sagte er. «Ich verstehe nicht, Venetia, wie du hier
stehen kannst und so reden!»
    «Ich habe nicht vor, überhaupt hier
zu stehen und so zu reden», unterbrach sie ihn, stieg vom Gehsteig und folgte
dem Knirps, der eifrig den Übergang über die Straße für sie freimachte. «Hör
auf, wie ein schmollender Bär dreinzuschauen, und gib dem Jungen lieber einen
Penny!»
    Er holte sie ein, als sie die
gegenüberliegende Seite der Oxford Street erreicht hatte. «Wie kommt es, daß du
in der Gesellschaft dieses alten Pikbuben warst?» fragte er rüde.
    «Erinnere dich, bitte, daran, daß du
von meinem Stiefvater sprichst!» antwortete sie kalt. «Ich habe meine Mutter
besucht, und er war so liebenswürdig, mich heimzugeleiten.»
    «Deine Mutter besucht?!» wiederholte
er, als könne er seinen Ohren nicht trauen.
    «Gewiß. Hast du vielleicht etwas
dagegen, bitte?»
    Er antwortete mit entschlossen
beherrschter Stimme: «Ich habe alles dagegen einzuwenden, und du wirst sofort
erfahren, was alles. Ich ziehe es vor, mit dir keinen Wortwechsel in der
Öffentlichkeit zu führen. Wir werden schweigen, bitte ich!»
    Sie gab ihm keine Antwort, sondern
ging mit unbekümmertem Gesicht weiter. Er blieb mit gerunzelter Stirn und
grimmig verbissenen Lippen im Schritt mit ihr. Sie machte keinen Versuch, mit
ihm zu sprechen, bis sie auf den Stufen zum Haus ihres Onkels standen und sie,
ihn nachdenklich betrachtend, sagte: «Du darfst mit hereinkommen, falls du es
wünschst, aber zeige dem Türhüter nicht dieses Gesicht, wenn ich bitten darf.
Du hast schon genug Leuten dein Mißfallen zu sehen gegeben.»
    Während sie noch sprach, ging die
Tür auf, und sie trat ein. Es war der zweite Butler, der sie eingelassen hatte,
und sie blieb stehen, um ihn zu fragen, ob seine Herrin daheim sei. Als sie erfuhr,
daß Mrs. Hendred, die eine gestörte Nacht hinter sich hatte, ihr Schlafzimmer
noch nicht verlassen habe, nahm sie Edward in den Salon mit und sagte, während
sie die Handschuhe abstreifte: «Jetzt sage mir, was du sagen willst, aber
versuche, dich zu erinnern, Edward, daß ich meine eigene Herrin bin! Du
scheinst zu glauben, daß du eine Autorität über mich besitzt. Die aber hast du
nicht, und das habe ich dir auch immer wieder gesagt.»
    Er stand da, schaute sie düster an
und sagte schließlich: «Ich habe mich in deinem Charakter geirrt. Ich habe es
zugelassen, mich in dem Glauben zu wiegen, daß die Leichtfertigkeit, über die
zu Magen ich häufig Ursache hatte, einer angeborenen Lebhaftigkeit entsprang
und nicht einer mangelhaften Veranlagung. Mir sind die Augen weiß Gott geöffnet
worden!»
    «Ich freue mich außerordentlich, das
zu hören, denn es war wirklich an der Zeit. Beschuldige mich jedoch nicht, daß
ich dich getäuscht hätte. Du hast dich selber getäuscht, denn du hast mir nie
glauben wollen, daß ich die Dinge, die ich sage, auch wirklich meine. Die
Wahrheit ist, Edward, daß wir himmelweit voneinander verschieden sind. Ich
achte dich sehr ...»
    «Ich wollte, ich könnte dasselbe von
dir sagen!»
    «Das war aber jetzt sehr ungezogen!
Komm, schütteln wir einander die Hände und sagen wir nichts weiter, außer, daß
wir einander alles Gute wünschen!»
    Er rührte sich nicht, um die Hand,
die ihm hingestreckt wurde, zu ergreifen, sondern sagte düster: «Meine Mutter
hat recht gehabt!»
    Ihr stets bereiter Sinn für das
Lächerliche gewann die Oberhand über ihren Ärger. Ihre Augen begannen zu
tanzen. Sie sagte herzlich: «Und ob!»
    «Sie bat mich, nicht zuzulassen, daß
ich mein Urteil von meiner Verblendung hinreißen lasse. Wenn ich doch nur auf
sie gehört hätte! Es wäre mir dann die Demütigung erspart geblieben, zu entdecken,
daß die Frau, die ich zu meiner Gattin machen wollte, weder Herz noch Takt
besitzt.»
    «Nun, dasselbe hätte ich auch
gewünscht, aber, weißt du, Ende gut, alles gut! In Zukunft wirst du tun, was
dir deine Mutter sagt, und ich bin überzeugt, sie wird genau die richtige Frau
für dich finden, die dir das Leben behaglich macht. Ich hoffe aufrichtig, daß
sie das tut.»
    «Ich hätte wissen müssen, was ich zu
erwarten hatte, als du trotz meiner Vorhaltungen schon keine Gewissensbisse
hattest, die Priory täglich zu besuchen. Du scheinst eine Vorliebe für Wüstlinge
zu haben!»
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht
und verwandelte es. «Das ist sehr wahr, Edward – die habe ich wirklich! Jetzt
aber, glaube ich, ist es besser, du gehst. Du

Weitere Kostenlose Bücher