Georgette Heyer
natürlich nicht hierzubleiben.
Eure Lordschaft sind sehr gütig, aber ich habe mich noch um sehr viel zu
kümmern und habe ohnehin schon zuviel von meiner Zeit verschwendet.»
Er verabschiedete sich hierauf sehr
formell, lehnte alle Angebote einer Erfrischung ab, drückte aber peinlich
sorgfältig formuliert sein Gefühl der Dankbarkeit für alle Güte aus, die Aubrey
erwiesen wurde, und seine Hoffnung, daß es bald möglich sein würde, Seine
Lordschaft von einer so unwillkommenen Last zu befreien.
Damerel hörte dem allem höflich zu,
aber mit einem beunruhigenden Glitzern in den Augen. Er sagte in der
nachlässigen Art, die Edward schon früher beleidigt hatte: «Oh, Aubrey wird
mich nicht stören!» und nachdem er zum Abschied lässig gewunken hatte, bevor
noch Edward den Fuß in den Steigbügel setzte, wandte er sich ins Haus zurück
und ging wieder in das Zimmer Aubreys hinauf.
6
Als er eintrat, schäumte Aubrey immer noch vor
Ärger, die Augen glänzten zu stark, seine schmalen Wangen waren hochrot.
Damerel sagte amüsiert: «Na, du verpaßt deinen Besuchern türkische Bäder,
was?»
«Wo ist
er?» fragte Aubrey.
«Abiit,
excessit ...»
«Was
schon? Vae victis! Haben
Sie ihn hinausgeschmissen?»
«Im Gegenteil! Ich habe ihn eingeladen, dieses Haus
als sein eigenes anzusehen.»
«O mein
Gott, nein!»
«Das ist so ziemlich genau das, was
er auch gedacht hat – obwohl er es nicht so ausgedrückt hat. Ich bilde mir
ein, er mag mich nicht im geringsten – aber seine Höflichkeit war nicht zu
überbieten.» Er wandte seine lachenden Augen Venetia zu. «Würdig war genau das
richtige schmückende Beiwort!»
Sie lachte
zurück. «Oh, haben Sie erraten?»
«Natürlich!
Der Arme, er hat mir herzlich leid getan!»
«Leid getan – dieser – dieser
Blasebalg?» explodierte Aubrey. «Warten Sie nur, was Sie erleben, wenn Sie ihm
erlaubten, Ihr Haus als sein eigenes zu betrachten. Das tut er bei uns, seit
mein Vater starb! Sich einmischen und Moralpredigten halten! Ich sage dir auf
den Kopf zu, Venetia, wenn du den heiratest, will ich nichts mehr mit dir zu
tun haben!»
«Na, ich will ihn ja gar nicht
heiraten, also hör auf, dich in eine Aufregung hineinzureden.»
Er bewegte
sich unruhig und zuckte ein bißchen zusammen.
«Lieber
lebe ich noch mit Conway zusammen! Nein, beim Zeus, Conway ziehe ich sogar
diesem aufgeblasenen, predigenden Wichtigtuer vor, der noch nie im Leben über
mehr als eine Schnecke gesprungen ist! Und der redet davon, mir Lehren zu
geben ...! Der hat den schlechtesten Sitz und die härtesten Hände als Reiter in
der ganzen Grafschaft, und macht eine Meile Umweg, um in einer Hecke, die sein
Pferd hätte nehmen können, eine Lücke zu finden! Man würde ihn für einen
Postkutschenreiter halten! Und was seine verfluchte Anmaßung betrifft, hier
hereinzukommen und Moralpredigten zu halten, kannst du ihm sagen, Venetia, daß
ich mir das vielleicht von Conway gefallen lasse, aber von niemandem sonst!»
«Guter Gott, demnächst wird er noch
von mir Genugtuung verlangen!» rief Damerel aus. «Mr. Lanyon, erlauben Sie
mir, mich demütigst bei Ihnen entschuldigen zu dürfen!»
Aubrey wandte den Kopf in den Kissen und schaute ihn
einigermaßen ungeduldig und höchst
mißtrauisch an: «Ziehen Sie mich auf?»
«Das würde ich nie wagen! Ich bitte
um Verzeihung, weil ich die verfluchte Anmaßung gehabt habe, Sie auszuschelten.
Wie ich mich nur so schlecht benehmen konnte ...!»
«Unsinn!» biß Aubrey böse zurück,
aber doch mit dem Schimmer eines Grinsen wider Willen. «Alles, was Sie gesagt
haben, war, daß ich ein verdammter junger Narr bin, der mehr Hintern als Hirn
hat, und das macht mir nichts!»
«Nein, wirklich nicht! Das ist ganz
einfach!» nickte Venetia beifällig. «Ich habe doch gewußt, daß Seine
Lordschaft alles gesagt haben muß, was nett und höflich ist, daß er sich derart
beliebt bei dir gemacht hat!»
«Na, jedenfalls hält er mir keine
Moralpredigten!» gab Aubrey zurück und versuchte, nicht zu lachen. «Aber was
das Beliebtsein betrifft, daß er diesen Weichschädel heraufkommen hat lassen ...»
«Was, du undankbarer Schlingel?! Und
wer hat dich vor ihm gerettet? Wenn ich nicht mit einer Schwindelgeschichte
über Nurse und eine Rolle Scharpie hereingekommen wäre, dann wäre er immer
noch da! Paß nur auf, daß ich das nicht wahrmache. Ich tu's, wenn du noch
weiter verschnupft bist.»
«Ja», sagte Aubrey mit einem tiefen
Seufzer. «Ich bitte um Entschuldigung.
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