Georgette Heyer
geht!»
«Ich muß jeden Unfall als
bedauerlich ansehen – um es nicht stärker auszudrücken! –, der dich in eine
peinliche Situation bringt», sagte er.
«Nun, ich bitte dich, quäle dich
nicht damit ab!» sagte sie beruhigend. «Sicherlich hätte ich Aubrey lieber
daheim, weißt du, aber ich bin überzeugt, er selbst hat nicht den leisesten
Wunsch, daheim zu sein. Ich muß dir sagen, es könnte keine größere
Freundlichkeit geben als die Damerels Aubrey gegenüber, noch seine
Gutmütigkeit, mit der er Nurse erlaubt, alles hier genauso anzuordnen, wie sie
will. Und du kennst sie ja!»
«Du bist Seiner Lordschaft sehr zu
Dank verpflichtet», antwortete er ernst. «Das leugne ich nicht. Aber du wirst
wohl kaum von mir erwarten, daß ich deine Schuld für etwas anderes als ein Übel
halte, dessen Folgen, fürchte ich, sehr weitreichend sein können.»
«Ja, was für Folgen denn? Ich hoffe,
du willst mir genauer sagen, was du damit meinst, denn ich versichere dir, ich
habe keine Ahnung! Die einzige Folge, die ich darin sehen kann, ist die, daß
wir einen angenehmen neuen Bekannten haben – und ich finde, daß der Verruchte
Baron viel weniger schwarz ist, als ihn die Gerüchte gemalt haben!»
«Ich räume dir alle Unkenntnis der
Welt ein, Venetia, aber du kannst dir doch unmöglich nicht des Übels bewußt
sein, das mit der Bekanntschaft eines Mannes von Lord Damerels Ruf verknüpft
ist! Ich selbst möchte ihn nicht zum Freund haben, und erst recht in deinem
Fall – der besonders heikel ist – sträubt sich jedes Gefühl gegen eine solche
Bekanntschaft!»
«Quousque tandem abutere,
Catilina, patientia nostra?» murmelte
Aubrey wütend.
Edward schaute ihn an. «Falls du
wünscht, daß ich dich verstehe, Aubrey, fürchte ich, bist du gezwungen,
englisch zu sprechen. Ich behaupte nicht, ein Gelehrter zu sein.»
«Dann geb ich dir ein Zitat, das zu
übersetzen recht gut innerhalb deiner Fähigkeiten ist! Non amo te, Sabidi!»
«Nein, Aubrey, ich bitte dich,
nicht!» bat Venetia. «Es ist nichts als Unsinn, und darüber in Wut zu geraten
ist das Allerunsinnig ste! Edward hat nur einen seiner Anfälle von
Schicklichkeit – und genauso, laß mich dir sagen, hat das Damerel! Denn als du
die arme Nurse derart aufgeregt hast, daß sie drohte, dich zu verlassen, mein
Liebling, was tat er da anderes als ihr sagen, sie müsse hierbleiben, um
meinen Ruf zu schützen! Jeder Mensch könnte glauben, daß ich ein Kind bin, das
gerade der Schule entwachsen ist!»
Edwards Gesicht entspannte sich ein
bißchen; er sagte mit einem kleinen Lächeln: «Statt einer gesetzten Frau
mittleren Alters? Seine Lordschaft hatte sehr recht, und ich zögere nicht zu
sagen, daß es mir eine bessere Meinung von ihm gibt. Aber ich wünsche, daß du
mit deinen Besuchen bei Aubrey aufhörst. Er ist nicht so schlimm verletzt, daß
ihm deine Pflege nötig wäre, und wenn du herkommst, nur um ihn zu unterhalten –
nun, ich muß sagen, wie immer du es mir übelnehmen magst, Aubrey, ich denke, du
verdienst, daß du dich allein unterhalten sollst! Hättest du nur auf einen
älteren und klügeren Berater gehört, dann wäre diese Peinlichkeit nicht passiert.
Niemand hat mehr Mitgefühl für das Gebrechen, angesichts dessen es für dich
eine Unvorsichtigkeit – ja, ich muß sogar Tollkühnheit sagen! – bedeutet, wenn
du ein derart störrisches Geschöpf reiten willst wie diesen Braunen. Ich habe
es dir gleich von Anfang an gesagt, aber ...»
«Bildest du dir vielleicht ein, daß
Rufus mit mir durchgegangen ist?» unterbrach ihn Aubrey, und seine Augen
glitzerten vor kaltem Haß. «Dann irrst du dich sehr! Die volle Wahrheit ist,
daß ich ihn angetrieben habe! Es war der Fehler eines schlechten Reiters, der
nichts mit meinem Gebrechen zu tun hatte. Dessen bin ich mir sehr gut selbst
bewußt – nicht nötig, es mir immer wieder einzuhämmern!»
«Das ist immerhin ein Zugeständnis!»
sagte Edward mit einem duldsamen kleinen Lachen. «Alles oder nichts, was? Nun,
ich will dich ja nicht schelten. Wir müssen hoffen, daß dir dein Sturz die
Lehre erteilt hat, die du nicht von mir annehmen wolltest.»
«Sehr viel wahrscheinlicher», sagte
Aubrey schnell. «Ich habe nie gewagt, von dir zu lernen, Edward – genau wie
deine Vorsicht hätte ich auch deine Hände erwerben können – quod advertat
Deus!»
In diesem Augenblick betrat Damerel
das Zimmer und sagte heiter: «Darf ich hereinkommen? Ach, Ihr Diener, Miss
Lanyon!» Sie sahen einander kurz
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