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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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klassischen Zitaten langweilte! Ich versuchte
sogar, ihr ein bißchen Latein beizubringen, aber das einzige, was sie von mir
lernte, war die Kunst des Durchbrennens. Sie setzte sie in die Praxis um,
bevor wir knapp das Stadium erreichten, einander zu ermorden – für welche
Vorsicht ich ihr mein ganzes Leben lang danke. Sie erhielt ebenfalls ihren
Lohn, denn Vobster war so nett, sich das Genick zu brechen, bevor die
Gewohnheit die Abwechslung schal gemacht hatte, und sie brachte ihren
Venezianer dazu, sie zu heiraten. Vermutlich hat sie gedroht, ihn zu verlassen,
und er kann durchaus daran verzweifelt sein, eine andere zu finden, die so gut
zu seinem Geschmack für Schwarz und Weiß paßte. Sie hatte einen milchweißen
Teint und schwarze Haare – kohlrabenschwarz – und Augen, so dunkel, daß sie
zumindest schwarz aussahen. Eine kleine mollige Schönheit! Man hat mir erzählt,
daß man sie später nie anders als in weißen Kleidern und schwarzen
Mänteln sah, und ich könnte schwören, daß die Wirkung erstaunlich war!»

    ... das ist die häufig gestellte (oder nur gedachte) Frage; denn Frauen mögen Männer mit Vermögen, weil – wie sie glauben – vermögliche Männer vermöge ihres Vermögens mehr vermöchten als unvermögliche.
    Doch: Wie gelangt ein Mann zu Vermögen? Es gibt zwei Möglichkeiten: Man erbt es, oder man spart es.
    Ersteres ist ohne Zweifel bequemer. Aber es bietet sich selten und zufällig. Es setzt einen Vorfahren voraus, der gespart hat. Wo er fehlt, bleibt nur die zweite Möglichkeit: selbst zu sparen.
    Der spöttische Ton war betont, aber
sie ließ sich nicht von ihm täuschen. Da sie unmöglich ihrer Stimme trauen konnte,
sagte sie nichts, und weil sie Angst hatte, daß ihr Gesicht die Empörung
verraten konnte, die in ihr aufstieg, hielt sie die Augen gesenkt. Sie machte
die ziemlich erschreckende Entdeckung, daß sich die schlanken Finger einer Dame
zu Klauen krümmen konnten, und streckte sie schnell. Aber vielleicht hatte sie
das nicht schnell genug getan, oder vielleicht verriet ihr Schweigen sie; denn
nach einer Weile sagte Damerel noch spöttischer: «Haben Sie sich eingebildet,
eine Tragödie liege hinter mir? Ich fürchte, nichts dergleichen Romantisches –
es war eine Farce –, bei der nicht eine der Zutaten fehlte, bis hinunter zu dem
heroischen Treffen in der Morgendämmerung, aus dem beide Duellanten ohne
Schramme hervorgingen – wofür ich meinem Rivalen herzlich dankbar bin! Zu
seinen sonstigen Vollkommenheiten war er außerdem noch ein superber Schütze
und hätte mir auch auf die doppelte Entfernung eine Kugel hineinjagen können.
Aber er wich aus – er feuerte in die Luft!»
    Er hatte ihr nun so viel erzählt,
wie sie nur wünschen konnte. Er mochte vielleicht über die Erinnerung an sein
jüngeres Ich höhnen, aber sie fühlte die Wunde, die eine leichtfertige Frau
und ein routinierter Weltmann seinem Stolz versetzt hatten, so heftig, als
hätte sie sie selbst erlitten. Sie besaß Brüder und wußte, daß ein Junge am
leichtesten in seinem Stolz zu verwunden ist. Sie konnte ihn ganz klar vor sich
sehen, wie er gewesen sein mußte – sicherlich ein schöner junger Mann, groß,
hoch aufgerichtet und breitschultrig, wie er jetzt war, aber mit einem glatten
Gesicht und Augen voll Eifer, nicht Langeweile. Er mußte waghalsig und feurig
gewesen sein, und vielleicht war es ihm mit der Liebe verzweifelt ernst
gewesen. Erst die Erfahrung hatte ihn zu einem Zyniker gemacht, aber in seiner
glühenden Jugend war er nicht zynisch gewesen. Sie wußte, er war damals nicht
einmal imstande gewesen, über seine eigene Torheit zu lächeln.
    Alles, was er getan hatte, seit er
sich lächerlich vorgekommen war – und sie wußte weder, noch wollte sie es
wissen, in welche Tiefen er gesunken war –, gehörte, so erkannte sie, zu einem
Schema, das durch den Betrug einer Buhlerin unvermeidlich geworden war. Hatten
seine selbstgerechten Eltern angenommen, er würde zurückkehren, um die Rolle
des Verlorenen Sohnes zu spielen? Das hätten sie besser wissen müssen! Er
hätte vielleicht mit seiner Buhlerin verheiratet zurückkehren und sich den
Kritikern stellen können, nicht aber, obwohl er sich damit unheilbar
ruinierte, als betrogener Liebhaber. Seine Familie
hatte ihn zum Ismael erklärt, und Ismael blieb er aus eigener Wahl, wobei er
ein perverses Vergnügen daran gefunden hatte, wie sie ahnte, die daran
Interessierten mit reichen Zeugnissen für seine Verworfenheit zu versorgen.

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