Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
Vom Netzwerk:
Versuch, den Vogel abzuschießen!
Ich bin auf der Flucht vor meinen Tanten.»
    «Warum – was wollen die Ihnen antun?
Ziehen Sie mich auf?»
    «Durchaus nicht. Sie haben es sich in den Kopf gesetzt,
mich zu rehabilitieren. Es sind drei, und sie sind alle das reinste Schreckmittel. Zwei sind unverheiratet und
leben zusammen – die eine hat ein rundes, dickes Gesicht und die andere ist
eine Bohnenstange; und die älteste ist Witwe und das einschüchterndste
Frauenzimmer, das man je erlebt hat. Sie lebt in einem Mausoleum am Grosvenor
Square, rührt sich selten heraus, hält aber Empfänge ab, so ziemlich in der Art
der Salongesellschaften der Königin. Sie hat Krallen, ist lächerlich gekleidet,
besitzt weder Geist noch ist sie liebenswürdig und hat doch durch Mittel, die
mir unbekannt sind – falls es nicht Charakterstärke ist, und ich gebe zu, die
hat sie! –, die Creme der Gesellschaft überzeugt, daß sie eine zweite Lady Cork
ist, in deren Salons eingeladen zu werden eine Ehre ist.»
    «Das klingt aber unangenehm!»
    «Sie ist sehr unangenehm. Ein wahrer
Drachen!»
    «Aber warum will sie Sie
rehabilitieren?»
    «Oh, aus zwei Gründen! Der erste
ist, daß ich, wie schwarz auch immer meine Sünden sein mögen, der Chef der
Familie bin, ein Umstand, auf den sie großen Wert legt; und der zweite ist, daß
sie einen königlichen Befehl an meinen Vetter Alfred ergehen ließ – der auch
mein Erbe ist –, sich zur Inspektion am Grosvenor Square einzufinden. Und dabei
hat sie die schockierende Entdekkung gemacht, daß er ein Mitglied der
Stutzersekte ist – ja, ein Geck erster Ordnung! Da er nicht die leiseste Ahnung
hatte, daß die alte Dame jeden Bond-Street-Beau zutiefst verabscheut, putzte
sich der Einfaltspinsel aufs allerfeinste heraus, trottete zum Grosvenor
Square und sah tipptopp aus: Unaussprechliche – im zartesten
Schlüsselblumengelb – Jacke von Stultz, Hessenstiefel von Hoby, Hut – Sorte
Zylinder, von Baxter, Halstuch, von ihm selbst – orientalisch, von
bemerkenswerter Höhe. Fügen Sie all dem noch ein Barcelona-Taschentuch hinzu,
eine Knopflochblume groß wie ein Kohlkopf, einen starken Duft nach
zirkassischem Haaröl, das Betragen eines Tanzmeisters und ein Lispeln, das er
jahrelang üben mußte, um es darin zur Vollkommenheit zu bringen, und Sie werden
erkennen, daß Alfred nicht gerade gewöhnlichen Stil hat!»
    «Ich wünschte, ich hätte ihn sehen
können!» sagte sie lachend. «Haben Sie ihn gesehen, oder ist das alles nur
geschwindelt?»
    «Bestimmt nicht! Ich habe ihn zwar
nicht selbst gesehen, aber was nicht er mir beschrieben hat, haben mir die
Tanten erzählt. Der arme Kerl! Er war nur darauf aus, sich Liebkind zu machen,
aber alle seine Hoffnungen wurden zunichte! Der Bruch sollte geleimt werden –
oh, nicht wahr, ich habe nicht erwähnt, daß meine Tanten mit meiner Mutter
zerstritten waren? Ich glaube, sie beleidigte sie bei den Trauerfeierlichkeiten
für meinen Onkel, aber da ich nicht anwesend war, weiß ich nicht, was für ein
Verbrechen sie beging, obwohl ich nicht wetten möchte, daß sie es diesen
bedeutenden Persönlichkeiten gegenüber am gebührenden Respekt fehlen ließ. Jedenfalls
gehorchte Alfred der Aufforderung meiner Tante Aurelia, im Vertrauen darauf,
daß er mit ein bißchen eleganter Gewandtheit – natürlich gepaart mit seiner
exquisiten Erscheinung – nicht nur sie, sondern ebenso auch meine Tanten Jane
und Eliza bestimmen würde, ihn zu ihrem Erben einzusetzen – was für ihn viel
interessanter ist, als mein Erbe zu werden – und mit gutem Grund! Aber ach, als
sie sich vor der Wahl zwischen einem Stutzer und einem Taugenichts sahen, zogen
sie den Taugenichts vor – oder würden das, wenn ich mich anpassen wollte.»
    «Sich anständig benehmen?»
    «Schlimmer! Wenn ich ein
Frauenzimmer mit vorstehenden Zähnen, einer Stupsnase und einer erbärmlichen
Figur heiraten würde!»
    Sie lachte. «Nun, ich bin überzeugt,
die Tanten wünschen, daß Sie heiraten, weil das das Ehrbarste wäre, was Sie
wirklich tun könnten, und auch natürlich wegen Kindern, so daß Ihr Vetter ausgestochen
wäre – aber ich sehe keinen Grund, warum es eine stupsnäsige noch
zähnefletschende Person sein muß!»
    «Ich auch nicht, aber sie ist
beides, versichere ich Ihnen. Und noch dazu ist sie seit mindestens zehn Jahren
mehr als überreif. Wundern Sie sich, warum ich floh?»
    «Nein, aber ich wundere mich, daß
Ihre Tanten solche Gänse sind, eine derartige Verbindung gerade

Weitere Kostenlose Bücher