Georgette Heyer
nach
seiner Gesundheit erkundigen oder Edward ihm aus seinem Sessel hochzukommen
hilft, wird er geradezu starr vor Wut!»
«Das kann ich mir vorstellen! Tut
das dieser Einfaltspinsel?»
«Ja, und was immer ich ihm sage, er bleibt dabei!
Es ist nichts als Gutmütigkeit, ich weiß, aber ...»
«Was diesem unserem ungnädigen
Racker schon an Gutmütigkeit liegt!»
«Genau das habe ich Edward gesagt,
aber er hielt das für Unsinn. Aber Ihre Sorte Gutmütigkeit, gerade an der
liegt ihm. – Ich meine, daß Sie nicht nur auf seine einzigen Interessen
eingehen, sondern ihn auch aufziehen und ihn beschimpfen und ihm drohen, brutal
zu werden, wenn er diesen gräßlichen Baldrian nicht schluckt!»
«Ist das Ihre Vorstellung von
Gutmütigkeit?» fragte er einigermaßen amüsiert.
«Ja, und auch die Ihre, sonst würden
Sie sie nicht an den Tag legen. Ich vermute, es gibt Aubrey das Gefühl, daß er
genau wie jeder andere Junge ist – oder zumindest, daß Sie sich keinen Pfifferling
um sein lahmes Bein kümmern. Es hat ihm sehr gut getan, bei Ihnen zu sein –
viel besser als je bei mir, weil ich nur ein Frauenzimmer bin. Noch dazu eine
Schwester, was es noch schwerer macht.»
«Sie sind ihm eine gute Schwester.
Ich hoffe, Sie werden Ihren Lohn dafür erhalten – bezweifle es aber stark.
Lassen Sie nicht zu, daß er Sie verletzt! Er hat Sie sehr gern, aber er ist ein
Egoist, meine Liebe.»
«Oh, das weiß ich!» sagte sie
heiter. «Aber er ist es nicht so schlimm, wie Papa es war, versichere ich
Ihnen, oder gar Conway! Aubrey würde sehr wahrscheinlich alles tun, um mir
einen Gefallen zu erweisen, wenn er je daran dächte, aber Papa nicht, und was
Conway betrifft, so glaube ich nicht, daß er überhaupt imstande ist, an jemand
anderen als an sich zu denken!»
Es waren solche Bemerkungen wie
diese, völlig ernst ausgesprochen, die ihm eine vergnügte Freude bereiteten,
und warum er sie sein «liebes Entzücken» nannte. Sie nahm den Titel gleichmütig
hin, sagte ihm aber, er solle sich hüten, es in Hörweite von Nurse zu sagen.
«Denn es wäre sehr kränkend für Sie, wenn Sie sehen müßten, daß alle Ihre
Schmeichelei umsonst ist, abgesehen davon, daß es unsere ganze Behaglichkeit
stören würde.»
«Ich wette mit Ihnen, daß sie nicht
häßlich zu uns sein würde. Sie glaubt, ich befände mich in einem Zustand der
Gnade.»
«Nein, nur, daß Sie sich ihm nähern
– und das war bloß, weil Sie sie gegen Imber unterstützten! Sie wissen es
vielleicht nicht, aber gestern haben Sie einen
Rückfall erlitten, als Sie ihr nicht erlauben wollten, daß der Teppich in der
Bibliothek zum Klopfen hinausgeräumt wird. Sie fing wieder an, Sachen über die
Gottlosen zu sagen. Und Aubrey schwört, sie habe ihm gesagt, daß ein einziger
Sünder viel Gutes zerstört.»
«Seither aber habe ich ihr meine
Bewunderung über ihre Schiffchenarbeit ausgesprochen, und jetzt stehe ich
wieder hoch im Kurs bei ihr!» gab er zurück.
«Ich wünschte, er wäre hoch genug
für Sie, daß Sie Ihnen diese Schiffchenarbeit schenkt. Sie muß geradezu Meilen
davon haben, weil sie daran arbeitet, seit ich
denken kann, und sie sehr selten verschenkt. Das Gräßliche daran ist, daß sie
es für denjenigen von uns bestimmt hat, der als erster heiratet. Ein höchst
deprimierender Gedanke.»
«Vielleicht», sagte er nachdenklich,
«sollte ich meinen Kurs doch nicht zu hoch steigen lassen! Was raten Sie mir?
Soll ich eine Orgie abhalten, Aubrey mißhandeln oder – Sie einfach nur < mein
liebes Entzücken > in ihrer Hörweite nennen?»
«Das würde Ihren Kredit wieder zu
tief sinken lassen. Sagen Sie ihr, als Sie ihr zu verstehen gaben, daß Sie ins
Yorkshire kamen, um die
Kümmernisse Ihrer Pächter in Ordnung zu bringen – was Sie bestimmt getan haben, denn wer
sonst hätte ihr solch eine unsinnige Idee in den Kopf setzen können? –, sei
das nichts als Flunkerei gewesen! Hingegen sollten Sie
ihr nicht sagen, daß es nur wegen der Sache bei Tattersall war, denn sie hält
Rennwetten für sehr gottlos!»
«Was denn für eine Sache bei
Tattersall?» fragte er. «Ich bin denn doch noch nicht unter den Hammer
gekommen, falls Sie das meinen sollten!»
«Nein, nein! Zumindest weiß ich
nicht, was das bedeutet, aber das war es nicht! Conway hat einmal davon
gesprochen – oh, der Schwarze Montag!»
«Abrechnungstag! Nein, das werde ich
ihr nicht erzählen. Ich bin immer mehr oder weniger in den Klauen der
Gläubiger, aber dieser Besuch jetzt ist kein
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