Georgette Heyer
liebes Entzücken, zu all dem
mondänen Gedränge gehen, eine Menge Herzen brechen und jeden Tag viel zu kurz
für all das Vergnügen finden, das Sie in ihn hineinstopfen möchten.»
«Oh, bis dieser Tag heraufdämmert,
werde ich sehr wahrscheinlich schon an Altersschwäche leiden!» gab sie zurück.
8
Edward Yardley, seines eigenen Wertes wohl
bewußt, mochte Damerel vielleicht für schäbig halten, aber der junge Mr.
Denny, keineswegs so selbstsicher, wie er es zu erscheinen versuchte, erkannte
in ihm zugleich Vorbild und Bedrohung. Wie Edward ritt auch er zur Priory
hinüber, um sich zu erkundigen, wie es Aubrey ginge. Aber im Gegensatz zu
Edward hatte er kaum ein Auge auf Damerel geworfen, als er auch schon von einem
tiefen und neiderfüllten Haß besessen wurde.
Imber führte ihn in die Bibliothek,
wo Damerel und Aubrey Schach spielten und Venetia auf einem Hocker neben dem
Sofa saß und dem Spiel zuschaute. Diese gemütliche Szene erfreute ihn durchaus
nicht; und als sich Damerel erhob, und er sah, wie groß er war, mit welch
nachlässiger Eleganz er sich bewegte und wieviel träger Spott in seinen Augen
lauerte, wußte Oswald, daß ihn seine Schwestern schwer irregeführt hatten –
sie hielten Seine Lordschaft für langweilig und ältlich. Oswald erkannte auf
den ersten Blick, daß er ein gefährlicher Bursche war.
Sein Besuch dauerte nicht lange,
immerhin aber lange genug, daß er sehen konnte, wie leger und vertraut die
Lanyons mit ihrem Gastgeber verkehrten. Sie waren in seinem Haus nicht nur ganz daheim, sondern benahmen sich, als
hätten sie ihn schon ihr ganzes Leben lang gekannt. Aubrey nannte ihn sogar
Jasper. Venetia ging zwar nicht so empörend weit, war aber gar nicht förmlich,
wenn sie mit ihm sprach. Was Damerel betraf, so mochte vielleicht die Nurse seine
Haltung für onkelhaft halten, aber Oswald, dessen Beobachtungsgabe durch
Eifersucht geschärft war, ließ sich nicht täuschen. Wenn Damerels Augen auf
Venetia ruhten, lag ein Ausdruck in ihnen, der weit von allem Onkelhaften
entfernt war, und wenn er sie ansprach, lag eine Liebkosung in seiner Stimme.
Oswald starrte ihn düster an und versuchte vergeblich, sich etwas auszudenken,
was ihn und Venetia geschickt aus dem Zimmer bringen konnte. Es fiel ihm
nichts ein, daher war er gezwungen, taktisch direkt vorzugehen. Also sagte er,
ziemlich heiser und errötend, als er ihr zum Abschied die Hand drückte: «Darf
ich dich einen Augenblick sprechen?»
«Ja, natürlich darfst du das!»
antwortete Venetia freundlich. «Was gibt's denn?»
«Sei keine Gans, Liebes», empfahl
ihr Aubrey und weckte in Oswald das dringende Verlangen, ihm den Hals
umzudrehen.
«Sie haben bestimmt eine Post von
Lady Denny für Miss Venetia, die Sie ihr gerne unter vier Augen bestellen
möchten, nicht wahr?» schlug ihm Damerel hilfreich, aber mit einem unheiligen
Zwinkern vor.
In einem edleren Zeitalter hätte man
eine solche Frechheit damit beantworten können, Seine Lordschaft anzurempeln,
als er dastand und die Tür aufhielt, so daß er gezwungen gewesen wäre, Genugtuung
zu verlangen. Oder hatte man sich selbst in jenem Zeitalter davor
zurückgehalten, Leute bei Türen anzurempeln, wenn eine Dame anwesend war?
Bevor er noch diesen Punkt
entschieden hatte, war er Venetia schon in die Halle gefolgt, und Damerel hatte
die Tür hinter ihnen geschlossen. Er würgte hervor: «Wenn ich mich richtig
kenne, wird es zwischen uns eines Tages eine Abrechnung geben!»
Venetia war an seine dramatischen
Ausbrüche gewöhnt, aber diesen fand sie denn doch überraschend. «Zwischen
uns?» fragte sie. «Was hab ich denn nur in aller Welt verbrochen, daß ich dich
in schlechte Laune versetzt habe, Oswald?»
«Du? Nie!» erklärte er. «Es ist
nicht richtig – ich hätte nichts sagen sollen –, aber es gibt Zeiten, da kann
ein Mann seine Gefühle einfach nicht unterdrücken.» Er schaute sie hungrig an.
«Gib mir nur das Recht, dich die Meine zu nennen!» lud er sie ein.
«Was – ist es das, warum du mit mir
allein sprechen wolltest?» rief sie aus. «Welch lächerlicher Einfall! Wenn du
doch endlich glau ben wolltest, daß ich, wenn ich nein sage, auch genau nein
meine! Wie kannst du nur so albern sein? Ich bin um sechs Jahre älter als du!
Außerdem wünscht du dir in Wirklichkeit nicht im geringsten, mich zu
heiraten!»
«Nicht w-wünschen, dich zu
heiraten?» stammelte er, wie vom Donner gerührt.
Ihre Augen tanzten. «Natürlich
nicht! Denk doch nur, wie langweilig
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