Georgette Heyer
Ihnen
vorzuschlagen! Sie müssen ziemlich verrückt sein, anzunehmen, daß Sie auch nur
zweimal hinschauen, wenn es nicht die hinreißendsten Frauen sind, denn Sie
sind seit Jahren und Jahren daran gewöhnt, in Schönheiten verliebt zu sein! Es
ist höchst unvernünftig, von den Menschen zu erwarten, daß sie ihre
Gewohnheiten im Handumdrehen ändern.»
«Sehr wahr!» stimmte er ihr zu und
bewahrte seine Fassung bewunderungswürdig. «Und Miss Amelia Ubleys Auge
enthält etwa soviel Funkeln wie das eines Fischs.»
«Dann dürfen Sie auf gar keinen Fall
um sie anhalten!» sagte sie ernst. «Sie tut mir außerordentlich leid, das arme
Ding, aber als alte Jungfer würde sie viel glücklicher werden denn als Ihre
Frau! Ich würde mich nicht wundern, wenn Sie sich mit irgendeiner anderen
davonmachen würden, bevor noch die Brautvisiten alle vorbei sind, und denken
Sie nur, wie schrecklich demütigend für Miss Ubley! Wie sind denn Ihre Tanten
auf ein derart unpassendes Frauenzimmer für Sie verfallen? Sie müssen wirklich
nicht ganz bei Verstand sein!»
Seine Lippen zuckten, aber er
erwiderte ernst: «Ich stelle mir vor, sie meinen, daß ich über das Alter
romantischer Tändeleien hinaus bin. Meine Tante Eliza jedenfalls sagte mir, daß
es jetzt an der Zeit wäre, mich zu verheiraten. Sie malte mir ein sehr rührendes
Bild von den Vorteilen aus, mich richtiggehend niederzulassen.»
«Wie ich sehe, mußte sie das
wirklich getan haben: es hat Sie den ganzen langen Weg bis ins Yorkshire
getrieben! Bitte sehr, was sind denn die Tugenden der Miss Ubley?»
«Nun eben – Tugend!»
«Das ist überhaupt nichts für Sie.
Nicht, wenn Sie meinen, daß sie prüde ist, und es klingt mir ganz danach, daß
sie das ist.»
«Danach sah sie mir aus und benahm
sich auch entsprechend. Aber meine Tanten informierten mich, daß sie, abgesehen
davon, aus besten Kreisen zu sein, auch einen überlegenen Verstand, anständigen
Geschmack hat und man sich verlassen könne, daß sie sich immer so benimmt, wie
sie soll. Ihr Vermögen ist derart, wie ich es nur zu erwarten berechtigt bin;
und ich muß mir bewußt sein, daß, wäre sie nicht über dreißig und ein
Schreckmittel, weder sie noch ihre Eltern meinen Antrag auch nur eine Minute
lang in Erwägung ziehen würden.»
«Welch ein Blödsinn!» rief Venetia
empört aus.
In dem halben Lächeln, das er ihr
zuwarf, steckte ziemlich viel Hohn. «Nein, das stimmt schon. Ich stelle mir
vor, ich muß auf der Liste untauglicher Junggesellen ganz hoch obenan stehen –
was den einen Vorteil hat, daß ich mich überhaupt nicht in acht nehmen muß,
einer ehestiftenden Mama zum Opfer zu fallen. Sie warnt ihre Tochter sofort,
sich in angemessener Entfernung zu halten, falls sie sich zufällig in meiner
Gesellschaft befindet.»
«Dann besuchen Sie also
Gesellschaften?» fragte sie. «Ich weiß nichts über die Gesellschaft, und was
Sie die Creme nennen, und als Sie sagten, Sie seien gesellschaftlich ein
Outcast, meinte ich, das bedeute vielleicht, daß Sie überhaupt nicht in
anständigen Kreisen verkehren.»
«Oh, so schlimm ist das nicht!»
versicherte er ihr. «Ich werde zwar bestimmt nicht eingeladen, in Häusern ein-
und auszugehen, wo die Töchter in heiratsfähigem Alter stehen, und ich kann mir
nichts Unwahrscheinlicheres denken, als die geheiligte Schwelle von Almack
überschreiten zu dürfen – falls ich natürlich meine Lebensweise nicht reformiere,
Miss Ubley geheiratet habe und im Schutz Tante Aurelias in jene Kreise der
heiligsten der Heiligen eingeführt werde –, aber nur die allereifrigsten
Verfechter der Ehrbarkeit gehen so weit, meine Bekanntschaft zu schneiden! Wenn
noch etwas fehlen würde, das mich aus Miss Ubleys Nähe fliehen ließe, dann wäre
es die gräßliche Angst, genau in die Kreise gezogen zu werden, von denen ich
glücklicherweise ausgeschlossen bin!»
«Ich muß sagen, nach allem, was mir
Lady Denny erzählt hat, nehme ich an, daß die Gesellschaften bei Almack
erstaunlich langweilig sind», bemerkte sie. «Als ich ein junges Mädchen war,
war es mein höchster Ehrgeiz, sie mitzumachen, aber jetzt, glaube ich, würde
ich sie fade finden.»
Aber das wollte er nicht zulassen.
Er schalt sie, weil sie von ihrer Mädchenzeit wie von etwas längst Vergangenem
sprach, und sagte: «Wenn Ihr Bruder heimkommt, werden Sie auf einen Besuch zu
dieser Tante da von Ihnen fahren, und Sie werden sich sehr gut unterhalten. Sie
werden geradezu auschweifend fröhlich sein, mein
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