Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
Vom Netzwerk:
hinter seiner
marmornen Stirn und seinem bitteren Hohnlächeln verborgen war. Dieser Plan,
obwohl nicht ohne Reiz, begegnete jedoch gewissen Schwierigkeiten, deren wichtigste der entwürdigend
konventionelle Maßstab des Benehmens war, und eine betonte Tendenz Lady
Dennys, jedem eine blaue Pille aufzudrängen, der an
Seelenqualen litt. Auch lieferte der North Riding nicht den richtigen Hintergrund
für einen geheimnisvollen und düsteren Fremdling. Erstens war das Gebiet, in
dem Ebbersley lag, spärlich bevölkert,
und zweitens war Oswald den Edelleuten hier und selbst in York zu gut bekannt,
als daß er die geringste Hoffnung haben konnte, als
Fremdling zu figurieren, und noch viel weniger als ein
mysteriöser und düsterer Fremdling. Er würde gezwungen sein, den Unterhaltungen
mit seiner Mama und seinen älteren Schwestern
beizuwohnen, denn wenn er sich weigerte, mitzugehen, würden sie einen
solchen Staub aufwirbeln, daß die Sache Papa zu Ohren käme, und nichts war
sicherer, als daß Papa ihm befehlen würde, zu tun, wie
ihm geheißen. Und so bestand auch keine Hoffnung, daß er
romantisch erhaben über diesen Funktionen stehen und alle Angebote des
Zeremonienmeisters ablehnen konnte, ihm wünschenswerte
Partnerinnen zu präsentieren. Der Ballsaal würde voll Mädchen sein, die er
schon sein ganzes Leben lang kannte, und wenn er sie nicht zum Tanzen aufforderte,
würde Mama ihn nicht nur wegen seiner Unhöflichkeit schelten, sondern war
durchaus imstande, ihren Freundinnen sein Benehmen damit zu erklären, daß er
mürrisch war oder Zahnweh hatte. In einer besser eingerichteten Welt wäre der
Vater jedes jungen Herrn, der nicht mehr zur Schule ging, gezwungen, seinen
Sohn mit einer netten Apanage zu versorgen, damit er sich in London
niederlassen und in der mondänen Welt Aufsehen erregen konnte. Aber die Welt
war schlecht eingerichtet, und Sir John ein so wenig fortschrittlicher Vater,
daß er meinte – und es auch sagte –, er habe, nachdem er Oswald auf einen
Besuch zu seinem Onkel nach Jamaika geschickt hatte, ein Recht, von seinem
Erben zu erwarten, daß sich dieser daheim niederlasse und es erlerne, den beträchtlichen
Besitz zu leiten, der zur entsprechenden Zeit sein Eigentum werden würde.
    Zum Glück erinnerte sich Oswald
noch, bevor er lange bei seinen tristen Aussichten verweilt hatte, daß in
einem der edleren Zeitalter, die dem gegenwärtigen eintönigen Jahrhundert
vorausgegangen waren, die Ritter und Troubadours anscheinend gerade von
spöttischen Herrinnen zu heroischen Taten inspiriert worden waren. Je
verächtlicher, um nicht zu sagen beleidigender die Damen waren, um so größer
war die Treue der Ritter gewesen, und um so größer ihr schließlicher Triumph,
wenn ihre Taten die begünstigten Schönen von ihren wahren Qualitäten überzeugt
hatten.
    Die Vision, die er auf diese Weise
heraufbeschwor, um Venetias Bewunderung zu erringen, war so angenehm, daß er
jegliche unmittelbare Absicht fallen ließ, ein Weiberfeind zu werden, und
brachte ihn in einer sonnigen Stimmung nach Ebbersley zurück. Diese hielt so
lange an, bis die Erinnerung, daß die Gegenwart, welche Glorie auch immer die
Zukunft für ihn bereithalten mochte, von Lord Damerel überschattet wurde,
unglücklicherweise mit einem Ersuchen Sir Johns zusammentraf, er solle sein
Belcher-Tuch gegen ein dezenteres Halstuch umtauschen, bevor er sich mit
seiner Mutter und seinen Schwestern zu Tisch setze. Diese zwei Umstände warfen
ihn natürlich in die düstere Stimmung zurück, und hätte es nicht ein
glücklicher Zufall gefügt, daß Lady Denny getrüffelten Truthahn zum Abendessen
bereithielt, hätte es ihm seine gedrückte Stimmung unmöglich gemacht, irgend
etwas zu genehmigen, das ihm vorgesetzt wurde. Bein Anblick des Truthahns
jedoch belebte sich sein Appetit, und er genoß ein vorzügliches Mahl. Eine
Neigung, in brütende Melancholie zu verfallen, wurde durch Sir John vereitelt,
der ihn zu einer Runde Billard aufforderte. Sein Sinn stand zwar nicht nach
solch müßigem Vergnügen, aber in der Aufregung darüber, daß er seinen Vater mit
der längsten Tour besiegte, die ihm je gelungen war, vergaß er seine
Kümmernisse und wurde lebhaft und gesprächig, besonders als er später am Abend
seiner Mama und den Schwestern seinen glorreichen Sieg beschrieb. Seine
Stimmung war derart gehoben, daß er, als er zu Bett ging, sehr zu der Ansicht
neigte, er hätte sich durch Lord Damerels bedrohliche Anwesenheit im Bezirk
unnötig

Weitere Kostenlose Bücher