Georgette Heyer
diese vergrößerte und ihre gelegentlichen Zurechtweisungen verkleinerte und
beides mit ihrer gegenwärtigen Haltung verglich, war er bald überzeugt, daß ihn
Damerel absichtlich bei ihr ausgestochen hatte, und brachte den Großteil der
Zeit, in der er nicht schlief, damit zu, nachzudenken, wie er sie am besten
zurückgewinnen könnte.
Er war zu keiner befriedigenden
Lösung dieses Problems gekommen, als er unvermutet Zeuge einer Episode wurde,
die seinen ganzen schwelenden Groll auf die Spitze trieb. Als er unter einem
fadenscheinigen Vorwand nach Undershaw geritten kam, sah er als erstes, als er im Stallhof vom
Pferd stieg, Damerels großen Grauschimmel, den Aubreys Reitknecht gerade in den
Stall führte. Fingle sagte mit der Andeutung eines strengen Lächelns, daß
Seine Lordschaft vor kaum fünf Minuten hereingeritten war und ein Buch für Mr.
Aubrey mitgebracht habe. Oswald ließ sich zu keiner Antwort herab, schaute aber
derart gewittrig drein, daß das angedeutete Lächeln in ein breites Grinsen
überging, als Fingle ihm nachschaute, wie er auf das Haus zustelzte.
Ribble, der Oswald die Tür öffnete,
meinte, Miss Venetia sei wahrscheinlich im Garten, aber als Oswald
unheilschwanger nach Lord Damerel fragte, schüttelte Ribble den Kopf. Er hatte
Seine Lordschaft heute noch nicht gesehen.
«So, wirklich nicht?» sagte Oswald.
«Und doch ist sein Pferd in den Ställen!»
Ribble schien das nicht zu
überraschen, aber er schaute etwas bekümmert drein und antwortete nach einer
Weile, Seine Lordschaft gehe sehr
oft durch den Garten zum Haus und betrete es durch die Tür, die Sir Francis in das
Vorzimmer vor seiner Bibliothek hatte machen lassen. Ribble fügte hinzu, als
Oswald empört schnaufte: «Seine Lordschaft bringt Mr.
Aubrey häufig Bücher, Sir, und bleibt ziemlich lange bei ihm und spricht mit
ihm – über seine Studien, höre ich.»
In seiner Stimme schwang ein
bekümmerter Ton mit, aber Oswald hörte ihn nicht und erkannte auch nicht, daß
Ribble versuchte,
sich selbst zu beruhigen. Oswald hielt ihn für einen leichtgläubigen alten Narren, drehte sich
auf dem Absatz um und sagte, wenn Miss Lanyon im Garten sei, würde er sie eben
dort suchen, da er nicht Mr. Aubrey,
sondern sie besuchen komme. Er ging schäumend vor Ärger fort.
Selbst Edward Yardley, dem es seit Jahren erlaubt war, Undershaw zu betreten,
tat es nie anders als durch die Haupttür, aber diesem
fremden Freibeuter stand es anscheinend frei, es zu betreten, wo immer es ihm
beliebte, und ohne die geringste Förmlichkeit.
Weder im Garten noch im
Staudengarten war etwas von Venetia zu sehen, aber gerade als Oswald daran
war, Damerels Beispiel zu folgen
und durch die Vorzimmertür ins Haus zu gehen, dachte er an den Obstgarten. Dort war sie
auch nicht, aber Oswald hörte ihre Stimme, in lachendem Protest und aus einer
alten Scheune kommend, die einst Vieh beherbergt
hatte und in den letzten Jahren als Lagerhaus für das Werkzeug
des Gärtners und von Aubrey als Werkstätte benützt wurde, der sich gelegentlich
mit Tischlerei abgab. Die Stimme, die ihr
antwortete, war unverkennbar, und als er sie hörte, verfiel Oswald in eine
derartig fieberhafte mißtrauische Wut, daß er, ohne sich auch nur der
Unschicklichkeit seines Benehmens bewußt zu werden, verstohlen zu der Scheune
ging und hinter dem großen Doppeltor stehenblieb, außer Sichtweite, aber so,
daß er gut hören konnte, was immer sich in der Scheune abspielte. Ein
vorsichtiges Spähen enthüllte keine Spur von Venetia, wohl aber Damerels
Rückseite, wie er in der Mitte des Bodens stand, den Kopf zurückgebogen, als
wäre Venetia irgendwo über ihm.
Das verwirrte Oswald, der die
Scheune nicht kannte. Venetia war nämlich über eine kurze Leiter auf den
Speicher geklettert, der die halbe Scheune bedeckte, um einen Wurf hungriger
Kätzchen zu retten, deren Mutter einen Tag und eine Nacht ihren Pflichten ferngeblieben
war und von der man annahm, daß sie irgendein vorzeitiges Ende gefunden hatte.
Damerel hatte Venetia gefunden, indem er einfach ihren Namen gerufen hatte,
und war unverzüglich von ihr zu Hilfe gerufen worden. «Denn diese Leiter ist durchaus
nicht stabil, und ich möchte lieber nicht samt den Kätzchen hinunterklettern»,
erklärte sie.
«Ist es das, was Sie in dem Korb
haben?» fragte er. «Wie, zum Kuckuck, sind denn die da hinaufgekommen?»
«Oh, die wurden da geboren! Es ist
die Küchenkatze – sie kommt immer hierher, um ihre Kätzchen zu werfen, aber
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