Georgette Heyer
erzählt», gestand Hero. «Aber, Sherry, in Wirklichkeit warst
doch du es, der den Leim aufgestrichen hat.»
«Das ist
wieder echt weiblich», rief Sherry aus. «Nächstens wirst du noch behaupten, daß
du überhaupt nichts damit zu tun hattest.»
Miss Wantage
schob ihre kleine Hand vertrauensvoll unter seinen Arm. «Aber nicht wahr,
Anthony, ich habe dir dabei doch geholfen?»
«Ja, und
hast mir den Leim über meine neuen Hosen gegossen, weil du glaubtest, jemanden
kommen zu hören, du dummes Ding!» sagte der Viscount, der sich dieses
Zwischenfalls mit verdüstertem Blick erinnerte.
Miss
Wantage lachte leise. «Oh, und wie du mich dafür geohrfeigt hast. Meine Wange
war stundenlang feuerrot und ich mußte eine Mordsgeschichte erfinden, um den
Grund dafür zu erklären.»
«Nein,
wirklich?» sagte der Viscount, etwas schuldbewußt, und strich ihr freundlich
über die Wange. «Was für ein höllisch junger Grobian muß ich gewesen sein! Aber
weißt du, Fratz, du hättest selbst die Geduld eines Heiligen oft auf die Probe
gestellt.»
«Ja, das
sagt auch meine Cousine Jane, und ich glaube, Sherry, daß ich die Geduld des
Hilfsgeistlichen noch weit mehr auf die Probe stellen würde, weil ich mich
immer wieder in irgendeiner Klemme befinde, obwohl ich das wirklich nicht
will. Wenigstens nicht jedesmal.»
«Komm nicht
immer wieder auf den Hilfsgeistlichen zurück», be fahl der Viscount. «Die
ganze Idee, ihn heiraten zu wollen, ist der größte Blödsinn, den ich je gehört
habe. Nur gut, daß ich zufällig hier vorbeikam, denn der Himmel weiß, welchen
Unsinn du angestellt hättest, wenn ich dich nicht rechtzeitig davon abgebracht
hätte.»
«Ach, ich
bin so froh, dich wiederzusehen, Sherry», erwiderte sie. «Ich dachte mir schon,
daß du vielleicht vorbeikommen würdest.»
«Du lieber
Gott, wieso denn?»
«Um
Isabella einen Heiratsantrag zu machen», erwiderte sie unschuldig.
«Ha!» stieß
Seine Lordschaft mit rauhem bitterem Lachen hervor. Miss Wantage blickte
verwundert zu ihm auf. «Das klang nicht sehr vergnügt. Sherry, hat sie dich
nicht empfangen?»
«Vergnügt!»
rief Seine Lordschaft aus. «Viel Grund hab ich, um vergnügt zu sein!»
«Ich wußte,
daß sie von den andern Herren niemanden empfangen würde, obwohl alle nur aus
diesem Grund den weiten Weg aus London kamen, aber dich, dachte ich, würde sie
bestimmt empfangen.»
«Das hat
sie auch getan», sagte der Viscount kurz. «Aber bei dem Erfolg, den ich dabei
hatte, hätte ich ebensogut bleiben können, wo – halt einmal, wer hat dir denn
erzählt, daß ich Bella heiraten will?»
«Du»,
antwortete Miss Wantage schlicht. «Im vorigen Jahr, als du hier warst.
Erinnerst du dich nicht?»
«Nein, ich
könnte nicht behaupten, daß ich mich erinnere, aber das ist auch belanglos. Sie
will mich nicht!»
«Sherry!»
rief Miss Wantage, aufs tiefste erschüttert. «Du willst damit doch nicht
sagen, daß du ihr einen Antrag gemacht hast und daß sie dir einen Korb gegeben
hat?»
«Ja, genau
das will ich sagen. Aber das ist noch nicht alles», sagte der Viscount, dem die
Demütigung wieder mit aller Eindringlichkeit zu Bewußtsein kam. «Sie sagte
mir, daß mein Charakter unbeständig sei und daß ich einen Mangel an Prinzipien
an den Tag lege. Und das sagt mir ein Mädchen, das ich mein ganzes Leben lang
gekannt habe.»
«Es ist
nicht wahr, Sherry!» rief Hero aus und drückte ihm herzlich die Hand.
«Ich wäre
überdies ein Spieler und ein Wüstling, und die Gesellschaft, in der ich mich
bewege, wäre ihr unerträglich. Ich wäre ...»
«Sherry»,
unterbrach ihn Hero ängstlich, «glaubst du, daß sie etwas über deine
Ballettänzerin gehört haben könnte?»
«Auf mein
Wort!» rief der Viscount völlig perplex. «Zum Teufel, was weißt denn du von
meiner Ballettänzerin? Aber sage ja nicht, daß ich es dir erzählt habe, weil
das nicht wahr ist.»
«Nein,
nein, Edwin hat es mir erzählt. Das heißt, er erzählte es eigentlich Cassy,
weil sie sich gestritten hatten, und in Wirklichkeit war sie es, die mir's
erzählt hat.»
«über
solche Dinge hast du nicht zu sprechen», sagte Seine Lordschaft streng. Dann
dachte er mit gefurchter Stirn über das Gehörte nach. «Außerdem hat das doch
gar keinen Sinn. Edwin soll es Cassy erzählt haben, weil sie sich gestritten
haben? Das ist doch sinnlos.»
«Aber,
Sherry, es war doch deshalb, weil er ihr sagte, bevor sie den Versuch macht,
dich zu angeln, könne sie ebensogut erfahren ...» Miss
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