Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
dessen zahllose Rüschen über einem weiten
Reifrock bis zu den Knöcheln niederrieselten, und sah zu, wie Milady die Falten
des weichen weißen Brokats zurechtschüttelte. Geschickt warf Fanny das Kleid
über ihr Haupt, so daß kein Härchen zerrauft wurde, streifte es über den
Reifrock, rückte es zurecht und wies das Mädchen an, es zuzuschnüren. Unter dem
Spitzenunterrock lugten Léonies Füße in weißen Seidenschuhen, deren Absätze mit
winzigen Diamanten besetzt waren, hervor. Ihre Schnallen – ein neuerliches Geschenk
Avons – glitzerten. Léonie wiegte sich auf den Zehenspitzen und studierte
ernsthaft deren Effekt.
    Fanny trat
näher, um das Spitzenfichu um Léonies zarte und schneeweiße Schultern zu
arrangieren. Sie legte die Falbeln zurecht, band eine Schleife
und befestigte zwei weitere Rosen mit einer perlenbesetzten Nadel über dem
Knoten.
    «Oh,
Madame, was ist das?» fragte Léonie schnell. «Die gehört mir nicht!»
    Fanny
hauchte einen Kuß auf ihre Wange.
    «Ach, nur
eine Kleinigkeit, meine Liebe, die ich dir geben will. Mach dir keine Gedanken
darüber, bitte!»
    Léonie
errötete.
    «Madame,
Sie sind schrecklich lieb zu mir! Tausend Dank!»
    Jemand
pochte an die Tür; die Kammerjungfer ging öffnen und kam mit einem kleinen
silbernen Tablett zurück, auf dem sich zwei Päckchen und weiße Rosen in einem
silbernen Behältnis befanden.
    «Für
Mademoiselle», lächelte das Mädchen.
    Léonie lief
ihr entgegen.
    «Für mich?
Wer sendete dies?» Sie beugte sich über das Tablett und las die Karten. «Von
Rupert, M. Marling und M. Davenant! Wie freundlich von ihnen! Warum machen mir
alle Leute Geschenke, Madame?»
    «Es ist
dein erstes Erscheinen in der Öffentlichkeit, mein Täubchen. Ich vermute, Hugh
hat Justin gefragt, welche Blumen er dir senden soll.» Sie griff nach dem
Strauß. «Sieh einmal, Kind, wie kunstvoll der Behälter gearbeitet ist! Was
steht auf der Karte?»
    Léonie hielt
sie zwischen den Fingern.
    «'Für Léon,
von Hugh Davenant.' Voyons, heute bin ich nicht Léon, sondern
Mademoiselle de Bonnard! Was mag dies wohl sein? Von M. Marling? Oh, ein
kleiner Ring! Madame, sehen Sie doch!» Sie streifte das Seidenpapier vom letzten
Päckchen herunter und förderte einen in zarten Farben bemalten Fächer aus
Schwanenhaut mit Elfenbeinstäbchen zutage. «Oh, wie klug von Rupert! Madame,
woher wußte er, daß ich mir einen Fächer wünschte?»
    Fanny
schüttelte geheimnisvoll den Kopf.
    «Mich darfst
du nicht fragen, Kind! Höre auf, durch das Zimmer zu hüpfen, Wildfang! Wo sind
Justins Perlen?»
    «Oh, die
Perlen!» Léonie lief zum Toilettetisch und zog die lange milchweiße Kette aus
einer der Kassetten hervor.
    Fanny wand
sie ihr zweimal um den Hals, warf abermals einen schmerzlichen Blick auf die
Uhr, sprühte Parfum auf ein Taschentuch und über Léonie, glättete zum
letztenmal das Brokatkleid und eilte zur Tür.
    «Sie werden
sich verspäten!» rief Léonie ihr nach. «Und nur, weil Sie mich ankleiden
halfen. Ich werde auf Sie warten, Madame, ja?»
    «Ja, Kind,
natürlich! Ich möchte dabei sein, wenn Jus – wenn die Herren dich sehen. Komm,
setz dich zu mir, während ich mich fertig ankleide.»
    Doch Léonie
war keineswegs in der Verfassung, stillzusitzen. Sie stolzierte vor
dem Spiegel hin und her, machte vor sich selbst Knickse, fächelte sich und
roch an ihren Rosen.
    Rachel
leistete an diesem Abend schnelle Arbeit, und bald stand Milady in einem Kleid
aus rosa Seide mit einem Unterrock aus Silberspitze und dem riesigsten
Reifrock, den Léonie je gesehen, da. Milady ließ nochmals die Hasenpfote über
ihr Gesicht wischen, legte etliche Armreifen an und befestigte nickende
Straußenfedern in ihrer prächtigen Coiffure.
    «Oh,
Madame, ich finde Sie wundervoll!» sagte Léonie, in ihren Rundgängen
innehaltend.
    Milady
schnitt ihrem Spiegelbild eine Fratze.
    «Wie ich
heute abend aussehe, ist belanglos», sagte sie. «Gefällt dir die Silberspitze,
Kind? Und die Schuhe?» Sie schürzte die Röcke und ließ einen zierlichen Knöchel
sehen.
    «Ja,
Madame. Sie gefallen mir sehr! Nun lassen Sie uns hinuntergehen und uns
Monseigneur zeigen!»
    «Einen
Augenblick noch, mein Täubchen, Rachel, meinen Fächer und die Handschuhe!
Léonie, halte deinen Strauß in der anderen Hand und wickle das Band deines Fächers
über das Handgelenk. Ja, so ist's ausgezeichnet. Nun bin ich bereit.»
    «Ich bin so
aufgeregt, daß ich das Gefühl habe, ich müsse zerplatzen!» sagte

Weitere Kostenlose Bücher