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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Ich besitze großen Einfluß.»
    Bonnards
Knie wankten.
    «Wirklich,
Monseigneur, ich versteh nicht! Ich kann Euch nicht was sagen, was ich nicht
weiß! Ist – ist irgendwas mit Léon nicht in Ordnung?»
    «Es ist ihm
nie eingefallen, daß er vielleicht nicht Seiner Eltern Kind sei?»
    Bonnard riß
den Mund auf.
    Avon nahm
eine sehr aufrechte Haltung ein.
    «Sagt Ihm
der Name Saint-Vire gar nichts?»
    «Saint-Vire
... Saint-Vire ... nein. Halt,
ja, der Name klingt mir irgendwie vertraut. Aber – Saint-Vire – nein, ich weiß
nichts.» Hoffnungslos schüttelte er den Kopf. «Vielleicht hab ich meinen Vater
den Namen aussprechen hören, aber ich kann mich nicht erinnern.»
    «Ein
Jammer. Und als Seine Eltern starben, wurde da kein Dokument bezüglich Léon
aufgefunden?»
    «Wenn's
eins gab, Milor', so hab ich's nie gesehen. Alte Rechnungen und Briefe waren da
– ich kann nicht lesen, Monseigneur, aber ich hab sie noch alle.» Er blickte
auf den Louis und leckte sich die Lippen. «Wenn Monseigneur vielleicht selber
nachsehen wollen? Sie sind hier in dieser Truhe.»
    Avon nickte.
    «Ja. Alle.»
    Bonnard
ging zur Truhe und öffnete sie. Nach einigem Kramen fand er ein
Bündel Papiere, das er dem Herzog reichte. Avon überflog rasch den Inhalt. Es
handelte sich, wie Bonnard gesagt hatte, zum größten Teil um Wirtschaftsrechnungen;
ein oder zwei Briefe lagen darunter. Doch ganz unten befand sich ein
zusammengefaltetes Stückchen Papier, an Jean Bonnard adressiert, auf dem
Landsitz von M. le Comte de SaintVire, Champagne. Es war jedoch nur der Brief
eines Freundes oder Verwandten und enthielt – außer der Adresse – nichts von
Bedeutung. Der Herzog griff ihn heraus.
    «Den will
ich behalten.» Er schob Bonnard den Louis hin. «Wenn Er ;mich belogen oder
betrogen hat, wird es Ihm leid tun. Für den Augenblick will ich Ihm Glauben
schenken, daß Er nichts weiß.»
    «Ich hab
nichts als die Wahrheit gesagt, Monseigneur, ich schwör's!»
    «Wollen
wir's hoffen. Ein Ding jedoch ...» Er förderte einen zweiten Louis zutage – «kann
Er mir noch sagen. Wo finde ich den Pfarrer von Bassincourt, und wie heißt er?»
    «M. de
Beaupré, Monseigneur, aber es ist möglich, daß er inzwischen verstorben ist. Als wir Bassincourt verließen, war er
schon ein recht alter Herr. Er wohnte in einem Häuschen neben der Kirche. Ihr
könnt es nicht verfehlen.»
    Avon warf
den Louis in seine gierig geöffnete Hand.
    «Gut.» Er
schritt auf die Tür zu. «Laß Er sich gut von mir raten, Freund: vergeß er
gründlich, daß Er je eine Schwester hatte. Denn Er hat keine gehabt, und es
könnte sehr wohl sein, daß Er, erinnerte Er sich je einer Léonie, teuer für die
Behandlung, die Er ihr hat angedeihen lassen, zu zahlen haben wird. Vergessen
werde ich Ihn nicht, das versichere ich Ihm.» Mit raschen Schritten durchmaß er
den Schankraum und bestieg seine Kutsche.
    Als Avon am selben Nachmittag in seiner
Bibliothek saß, in das Schreiben eines Briefes an seine Schwester vertieft,
meldete ihm ein Lakai, daß ein gewisser M. de Faugenac ihn zu sprechen wünsche.
    Der Herzog
hob den Kopf.
    «Monsieur
de Faugenac? Lassen Sie ihn ein.»
    Nach
einigen Minuten trat ein korpulenter kleiner Herr ein, den Seine Gnaden
flüchtig vom Sehen kannte. Avon stand auf und verbeugte sich.
    «Monsieur!»
    «Monsieur!»
De Faugenac erwiderte die Verbeugung. «Wollen Sie bitte entschuldigen, daß ich
zu so unpassender Stunde bei Ihnen eindringe.»
    «Aber
bitte», erwiderte der Herzog. «Bringe Wein, Jules. Nehmen Sie bitte Platz,
M'sieur.»
    «Keinen
Wein für mich, bitte! Die Gicht, verstehen Sie. Ein bitteres Leiden!»
    «Bitter»,
bestätigte Seine Gnaden. «Kann ich irgend etwas für Sie tun?»
    De Faugenac
streckte seine Hände gegen das Kaminfeuer.
    «Ja, ich
bin in geschäftlichen Dingen gekommen, M'sieur. Ach, welch ein häßliches Wort!
M'sieur wird mir sicherlich die Störung verzeihen. Ein prächtiges Feuerehen,
Herzog!»
    Avon
verneigte sich. Er hatte sich auf der Armstütze eines Lehnstuhles
niedergelassen und blickte seinen Besucher mit gelindem Erstaunen an. Dann zog
er seine Schnupftabakdose hervor und bot sie de Faugenac an, der sich freizügig
daraus bediente und heftig zu niesen begann.
    «Exquisit!»
lobte er enthusiastisch. «Ach ja, das Geschäftliche! M'sieur, Sie werden gewiß
finden, daß ich mit einem seltsamen Anliegen zu Ihnen komme, aber ich habe ein
Weib!» Er strahlte Avon verständnisinnig an und nickte mehrmals mit dem

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