Georgette Heyer
Wägelchen drei
Schweine zum Verkauf nach Bassincourt gebracht und war vor dem Gasthaus
vorgefahren, um mit dem Wirt die Tagesneuigkeiten zu besprechen und sich eine
Maß dünnen französischen Biers zu genehmigen, während die Schweine hinter ihm
lebhaft grunzten und schnüffelten. Knapp daneben, beim Gemüsestand der Mère Gognard,
war eine Gruppe Frauen in ein angeregtes Gespräch vertieft, das gelegentlich
auch in Gekeife ausartete. Einige Mädchen in steifgestärkten und
hochgeschürzten Kleidern, plumpe Holzpantinen an den Füßen, standen schnatternd
neben dem überdachten Eingang, der zum Kirchhof führte; in der Mitte des
Platzes, neben dem Brunnen, hatte man Schafe eingepfercht, und ein paar Leute,
wohl Kauflustige, strichen durch sie hindurch und stießen sie mit Stöcken hin
und her, um sie mit Muße prüfen zu können. Aus der Hufschmiede erklang der
Schall des Hammers auf dem Amboß herüber, von den abgerissenen Tönen eines
Liedes begleitet.
In dieses
geschäftige und beschauliche Treiben brach Seine Gnaden, der Herzog von Avon,
auf einem gemieteten Gaul ein. Er kam von der östlichen Straße, die nach Saumur
führte, auf den Marktplatz geritten; sein Anzug war tiefschwarz mit reichem
goldenem Tressenschmuck. Sobald die Hufe seines Pferdes die gebuckelten
Pflastersteine betreten hatten, brachte er es zum Stehen und hielt, anmutvoll-lässig
im Sattel sitzend, die eine behandschuhte Hand leicht in die Hüfte gestemmt,
gemächlich Umschau.
Er rief
kein geringes Aufsehen hervor. Die Dorfbewohner glotzten ihn von der Spitze
seines Hutes bis zu den Sporen an seinen Stiefeln an, wieder und wieder. Ein
kicherndes Mädel, dem die kalten Augen und die schmalen, spöttisch verzogenen
Lippen auffielen, flüsterte, der Teufel höchstpersönlich sei zu Besuch
gekommen. Obgleich ihre Gefährtin sie eine Närrin schalt, bekreuzigte sie sich
verstohlen und zog sich tiefer in den Schutz des Kirchhoftors zurück.
Der Herzog
ließ seinen Blick über den ganzen Platz schweifen und heftete ihn schließlich
auf einen kleinen Jungen, der ihn mit fast aus den Höhlen kugelnden Augen, den
Daumen im Mund, anstarrte. Die eine Hand im bestickten Stulpenhandschuh winkte
gebieterisch, und der Junge trat zögernd einen Schritt vorwärts, um des
Herzogs Wünsche entgegenzunehmen.
Seine
Gnaden blickte leise lächelnd auf ihn herab. Er deutete auf das Haus neben der
Kirche.
«Wenn ich
mich nicht täusche, ist dies dort der Wohnsitz eures Pfarrers?»
Der Knabe
nickte.
«Ja,
Milor'.»
«Glaubst
du, daß ich ihn zu Hause antreffe?»
«Ja,
Milor'. Er ist vor einer Stunde von einem Besuch bei Madame Tournand
zurückgekehrt, Milor' zu dienen.»
Avon
schwang sich leicht aus dem Sattel und zerrte die Zügel über den Kopf des
Pferdes.
«Schön,
Kind. Sei so gut und halte dieses Tier bis zu meiner Rücckehr. Du wirst dafür
einen Louis bekommen.»
Bereitwillig
griff der Knabe nach den Zügeln.
«Einen
ganzen Louis, Milor'? Nur fürs Halten des Pferdes?» fragte er atemlos.
«Ist das
ein Pferd?» Der Herzog beäugte das Tier durch sein Lorgnon. «Vielleicht hast
du recht. Ich hielt's für ein Kamel. Führe es weg und tränke es.» Er wandte
sich auf den Fersen um und strebte dem Pfarrhof zu. Die staunenden Dörfler
sahen, wie M. de Beauprés Haushälterin ihn einließ, und begannen miteinander
ihre Eindrücke ob dieses seltsamen Besuches auszutauschen.
Seine
Gnaden der Herzog von Avon wurde durch einen winzigen Vorraum von makelloser
Sauberkeit zum Allerheiligsten des Pfarrers, einem sonnigen Zimmer an der
Hinterseite des Hauses, geführt. Die rotbäckige Haushälterin geleitete ihn mit
gleichmütiger Freundlichkeit zu ihrem Herrn.
«Hier ist
ein Herr, mon père, der Sie zu sprechen wünscht», sagte sie und zog sich
dann zurück, ohne einen weiteren Blick auf den Herzog zu werfen.
Der Pfarrer
saß bei einem Tisch am Fenster und schrieb. Er blickte auf, um seinen Besucher
ins Auge zu fassen, und als er einen Fremden bemerkte, legte er seinen
Federkiel nieder und erhob sich. Er war sehr schlank, hatte schöne schmale
Hände, ruhige blaue Augen und aristokratische Züge. Er trug eine lange
Soutane, jedoch keine Kopfbedeckung. Einen Augenblick lang hielt Avon das
milchweiße Haar für, eine Perücke, so geordnet lagen die glatten Wellen, doch
dann bemerkte er, daß es natürliches, von einer breiten und niedrigen Stirne
zurückgebürstetes Haar war.
«Monsieur
de Beaupré, vermutlich?» Seine Gnaden verbeugte sich
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