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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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steht. 's ist nichts. Ein bißchen
Blutverlust, eine große Schwäche – das ist das Ganze. Du bist's, die vor
Müdigkeit halbtot ist. Komm mit mir.»
    Und so
wurde Léonie, die von den Schrecken und Mühsalen der letzten zwei Tage völlig
entkräftet war, zwischen kühles Linnen gesteckt, gefüttert, in Schlaf gesungen
und heilendem Schlummer überlassen.
    Als sie am
Morgen erwachte, flutete Sonnenlicht zum Fenster herein, und von der Straße
unten drangen die Geräusche eines geschäftigen Treibens herauf. Madame lächelte
ihr von der Türschwelle entgegen.
    Léonie
setzte sich auf und rieb sich die Augen.
    «Wie – es ist schon Morgen!» rief sie. «Hab ich so lange
geschlafen?»
    «Neun Uhr, kleiner Faulpelz. Geht's schon besser?»
    «Oh, heut
geht's mir sehr gut!» sagte Léonie, indem sie die Decke zurückwarf. «Aber
Rupert – der Arzt ...?»
    «Doucement,
doucement, sagte
ich nicht, daß es nichts sei? Der Arzt kam, während du schliefst, kleines
Gemüse, und im Nu war die Kugel draußen; und Gott Lob und Dank hat er keinen
weiteren Schaden davongetragen. Milor' liegt auf seinen Kissen und begehrt
nach Essen und nach dir.» Madame kicherte. «Und wenn ich ihm eine gute Brühe
bringe, dann reißt er sich die Perücke vom Kopf lind verlangt ein rotes
Beefsteak, wie sie's in England haben. Dépêches toi, mon enfant.»
    Zwanzig
Minuten später tänzelte Léonie in Ruperts Zimmer. Sie traf den verwundeten
Helden noch recht blaß in seinen Kissen an, doch sonst war er ganz der alte.
Mit sichtlichem Widerwillen löffelte er Madames Brühe, aber bei Léonies Anblick
hellte sich sein Gesicht auf.
    «Hei,
Wildfang! Wo sind wir eigentlich, zum Donnerwetter?» Léonie schüttelte den
Kopf.
    «Das weiß
ich nicht», gestand sie. Aber diese Leute sind freundlich, n'est-ce pas?»
    «Verdammt
freundlich», bestätigte Rupert, dann rümpfte er die Nase. «Dieses dicke
Frauenzimmer will mir nichts zum Essen bringen, und ich bin verteufelt hungrig.
Könnt einen Ochsen verzehren, und das ist alles, was sie mir gibt!»
    «Iß nur!»
befahl Léonie. «Das ist sehr gut, und ein Ochse ist keineswegs                                                      gut für
dich. Oh, Rupert, ich fürchtete schon, du seist tot!»
    «Nicht ein
bißchen!» sagte Rupert munter. «Aber ich bin schwach wie eine Fliege, hol's der
Teufel. Ich laß mich hängen, wenn ich weiß, was wir beide jetzt anfangen
sollen! Was ist dir eigentlich geschehen? Und warum in aller Welt ist
Saint-Vire mit dir davongelaufen?»
    «Ich weiß
es nicht. Er betäubte mich mit einer üblen Droge, und ich schlief stundenlang.
Er ist ein Schweinekerl. Ich hasse ihn. Bin froh, daß', ich ihn gebissen und
mit Kaffee angeschüttet hab.»
    «Das hast
du, meiner Seel? Hol mich der Teufel, wenn ich je einem solchen Mädel begegnet
bin! Dafür soll Saint-Vire sein Blut lassen, warte nur!» Feierlich wackelte er
mit dem Kopf und nahm einen Schluck Brühe. «Da jag ich dir Gott weiß wohin
nach, ohne einen Sou in der Tasche, ohne einen Degen an meiner Seite, und den
Hut des Wirts auf meinem Kopf! Und was sie zu Hause von uns denken werden, weiß
der liebe Himmel!»
    Léonie kauerte
sich aufs Bett, wurde jedoch aufgefordert, sich nicht auf Seiner Lordschaft
Füße zu setzen. Sie änderte ihre Lage ein wenig und begann ihre Abenteuer zu
erzählen. Danach verlangte sie zu erfahren, was Rupert zugestoßen war.
    «Weiß ich's
denn?» sagte Rupert. «Ich setzte dir bis zum Dorf nach und erfuhr dort, in
welche Richtung ihr gefahren wart. So verschaffte ich mir ein Pferd und brach
nach Portsmouth auf. Aber das Glück war gegen mich, leider Gottes! Vor einer
Stunde wart ihr abgesegelt, und das einzige Schiff, das ausfuhr, war ein
schmieriger alter Kübel – na gut! Was tat ich dann? Hätt's fast vergessen,
meiner Seel! Weiß schon. Ich ging das Pferd verkaufen. Zwanzig magere Guineen
war alles, was es einbrachte, aber ein ärgeres ...»
    «Du hast
eins von Monseigneurs Pferden verkauft?» rief Léonie aus.
    «Nein,
nein, 's war ein Gaul, den ich beim Schmied kriegte, und er gehörte – verdammt
noch mal, wie hieß doch der Kerl? – einem gewissen Manvers!»
    «Aha!»
sagte Léonie erleichtert. «Erzähl weiter. Das hast du glänzend gemacht,
Rupert!»
    «Nicht so
schlecht, wie?» meinte Rupert bescheiden. «Nun gut, ich kaufte mir eine
Überfahrt auf dem alten Kübel, und gegen eins, oder so herum, erreichten wir

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