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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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ist
das?» rief Rupert scharf. «Schnell! Ans Fenster!»
    Léonie
tauchte unter Schwierigkeiten empor und lief zum Fenster. «Rupert, er ist's! Mon
Dieu, mon Dieu, was tun wir nur?»
    «Kannst du
ihn sehen?» fragte Rupert.
    «Nein, aber
es steht eine Kutsche da, und die Pferde dampfen! Oh, hör doch, Rupert!»
    Von drunten
vernahm man einen erregten Wortwechsel. Offenbar verteidigte Madame das
Treppenhaus.
    «Saint-Vire
ist's, möchte ich wetten!» rief Rupert. «Wo ist die Pistole? Hol der Teufel
diese Brühe!» Er schleuderte die Schale und deren restlichen Inhalt zu Boden,
kniff seine Perücke zurecht und streckte die Hand nach der Pistole aus; ein
überaus grimmiger Ausdruck trat in seine leidenden Züge.
    Léonie
stürzte vorwärts und ergriff die Waffe. «Du bist nicht stark genug!» sprach sie
auf ihn ein. «Du siehst doch selbst, wie erschöpft du bereits bist! Laß sie
mir! Ich werde ihn totschießen!»
    «Nicht
hier, sage ich!» rief Rupert aufgebracht. «Du wirst Hackfleisch aus ihm
machen! Gib sie mir! Hol dich der Teufel, tu, was ich dir sage!»
    Die
Erregung drunten hatte sich etwas gelegt, und man konnte Schritte über die Treppe
heraufkommen hören.
    «Gib mir
die Pistole und schau, daß du an die andere Seite des Betts kommst», befahl
Rupert. «Bei Gott, jetzt werden die Federn fliegen! Her mit dir!»
    Léonie
hatte sich zum Fenster zurückgezogen, die Pistole gegen die Tür erhoben, den
Finger um den Hahn gekrümmt. Ihr Mund war zusammengekniffen, ihre Augen
schossen Blitze. Rupert bemühte sich ungeduldig darum, auf die Beine zu
kommen.
    «Um Himmels
willen, gib sie mir! Wir wollen den Kerl ja nicht umbringen!»
    «Doch»,
sagte Léonie. «Er hat mich mit diesem scheußlichen Zeug betäubt.»
    Die Tür
öffnete sich.
    «Wenn Sie
nur einen einzigen Schritt näher treten, schieße ich Sie tot!» rief Léonie mit
klarer Stimme.
    «Und ich
dachte, du würdest dich freuen, mich zu sehen, ma petite», sagte eine sanfte
schleppende Stimme. «Ich bitte dich sehr, mich nicht totzuschießen.»
Gestiefelt und gespornt, in seinen Mantel gehüllt, jedes Härchen der eleganten
Perücke am Platz, stand Seine Gnaden der Herzog von Avon auf der Schwelle, mit
erhobenem Lorgnon, ein leichtes Lächeln auf den schmalen Lippen.
    Rupert
brach in Gelächter aus und ließ sich in die Kissen sinken. «Donner und Doria,
nie hätt ich gedacht, daß ich mich über deinen Anblick so freuen könnte,
Justin!» keuchte er. «Auf Ehre!»

20
    SEINE
GNADEN ÜBERNIMMT DAS KOMMANDO
    Farbe flutete in Léonies Wangen zurück.
«Monseigneur!» keuchte sie und flog ihm durch das ganze Zimmer entgegen,
lachend und weinend zugleich. «Oh, Monseigneur, Sie sind gekommen, Sie sind
gekommen!» Atemlos landete sie in seinen Armen und umklammerte ihn.
    «Aber,
aber, ma fille!» sagte Seine Gnaden sanft. «Was soll das heißen?
Zweifeltest du denn an meinem Kommen?»
    «Nimm ihr
diese Pistole weg», empfahl Rupert schwach, aber lächelnd.
    Die Pistole
war an Seiner Gnaden Herz gepreßt. Er löste sie aus Léonies Griff und steckte
sie ein. Mit einem sonderbaren Lächeln blickte er auf das lockige Haupt nieder
und streichelte es plötzlich.
    «Mein
liebes Kind, du darfst nicht weinen. Sieh doch, ich bin's wirklich,
Monseigneur! Da gibt's nichts zum Fürchten.»
    «Oh, ich
fürchte m-mich ja gar nicht!» sagte Léonie. «Ich bin ja so froh!»
    «Dann bitte
ich dich, deiner Freude in etwas passenderer Weise Ausdruck zu verleihen. Darf
ich fragen, was diese Kleider an dir zu bedeuten haben?»
    Léonie
küßte seine Hand und trocknete sich die Augen.
    «Ich trage
sie gern, Monseigneur», erwiderte sie augenzwinkernd.
    «Das
bezweifle ich nicht.» Avon trat an ihr vorbei zum Bett, beugte sich darüber und
legte seine kühle weiße Hand auf Ruperts jagenden Puls. «Verletzt, Junge?»
    Rupert
brachte ein Lächeln zustande.
    «Nicht der
Rede wert. Ein Loch in der Schulter, hol's der Teufel!»
    Seine
Gnaden zog eine Feldflasche hervor und führte sie an Ruperts Lippen. Rupert
trank, der blaue Schatten um seinen Mund verflüchtigte sich.
    «Ich habe
dir zu danken», sagte der Herzog und rückte ein Kissen zurecht. «Du hast dich
gut gehalten, mein Kind. Du hast mich sogar überrascht. Ich stehe in deiner
Schuld.»
    Rupert
errötete.
    «Puh, war
doch nichts daran! Hab verflixt wenig getan. Léonie war's, die uns
durchgebracht hat. Bei Gott, ich freu mich verdammt, dich zu sehen, Justin!»
    «Ja, das
hörte ich bereits.» Seine Gnaden hob das Lorgnon und

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