Georgette Heyer
faßte die Münzen ins Auge,
die über dem Bett verstreut lagen. «Was soll diese
Üppigkeit, wenn ich fragen darf?»
«Oh, das
ist unser Geld, Monseigneur!» sagte Léonie. «Wir zählten es gerade,
als Sie kamen.»
«Unser Geld!» platzte Rupert heraus. «Das
ist der Gipfel, meiner Seel! Auf
dem Boden liegt auch noch was.»
«Und was»,
fragte Seine Gnaden, auf die zerbrochene Schale weisend, «soll
dies?»
«Das hat
Rupert getan», entgegnete Léonie. «Es ist seine Brühe, doch als wir Sie
kommen hörten, schleuderte er sie zu Boden.»
«Mein
Erscheinen hat sichtlich eine außergewöhnliche Wirkung auf euch
ausgeübt», bemerkte Seine Gnaden. «Kann mir einer von euch sagen, wo
sich mein vielgeliebter Freund Saint-Vire befindet?»
Rupert
richtete sich mühsam auf seinen Ellbogen auf.
«Tod und
Teufel, wieso wußtest du, daß er es war?»
Seine
Gnaden drückte ihn in die Kissen zurück.
«Es ist
mein Beruf, Rupert, stets Bescheid zu wissen.»
«Na, ich
hab von Anfang an geschworen, daß du dahintergekommen bist! Aber
wie, zum Teufel, hast du herausgefunden, daß er Léonie geschnappt
hat? Wo warst du? Wie errietest du, daß ich hinter ihnen her war?»
«Ja, und woher
wußten Sie, wo Sie uns zu suchen hätten?» fragte Léonie.
«Warum entführte er mich?»
Der Herzog
nahm seinen Mantel ab und glättete ein Fältchen an dem Samtärmel
seines Rockes.
«Ihr bringt
mich in Verwirrung, Kinder. Nur immer eine Frage auf einmal, bitte
ich euch.»
«Woher
wußtest du, wer mit Léonie durchgegangen war?»
Der Herzog
setzte sich ans Bett und gab Léonie einen Wink, worauf sie sich
sogleich zu seinen Füßen niederließ.
«Das war
wirklich ganz einfach», sagte er.
«Einfach
war's, nein, so was! Dann erzähl uns also um Himmels willen,
Justin, was mit uns geschehen ist, denn ich laß mich hängen, wenn ich's
weiß!»
Avon drehte
an seinen Ringen.
«Oh, das
weißt du ganz gut!» sagte er. «Léonie wurde von einem ausgemachten
Schurken entführt, und du hast sie befreit.»
«Sie hat
sich selbst befreit», grinste Rupert.
«Ja, das
tat ich», bestätigte Léonie. «Als das Rad brach, schlüpfte ich aus der
Kutsche und lief die Straße hinunter. Dann erst kam Rupert.»
«Ja, aber
es ist noch mehr dran als das», unterbrach sie Rupert. «Was hatte
Saint-Vire mit Léonie vor? Weißt du das?»
«Ja, mein
lieber Junge.»
«Na, ich
halte es für ein besonders unverschämtes Stück», sagte Léonie. «Warum
wollte er mich durchaus?»
«Kinder,
ihr könnt nicht erwarten, daß ich euch alle meine Geheimnisse preisgebe.»
«Aber,
Monseigneur, das halte ich nicht für fair! Wir haben ein ganz großes Abenteuer
bestanden, aus eigenen Kräften, und wir wissen nicht im mindesten, worum es
ging, und jetzt wollen Sie's uns nicht sagen!»
«Du
solltest es uns mitteilen, Justin», sagte Rupert. «Weißt du, wir können
verschwiegen sein.»
«Nein,
Kinder. Meine Meinung von eurer Verschwiegenheit ist lange nicht so groß wie
meine Meinung von eurem Mut und eurer Geistesgegenwart. Was hast du übrigens
mit Mr. Manvers' Rotschimmel getan?»
Rupert
starrte ihn an.
«Herrgott,
gibt's irgend etwas, das du nicht weißt? Wer hat dir das wieder gesagt?»
«Mr.
Manvers persönlich», erwiderte der Herzog. «Ich traf in Avon am Abend jenes
Tages ein, da ihr – äh – schiedet. Mr. Manvers kam, um sein Besitztum
zurückzuerlangen.»
«So eine
Unverschämtheit!» rief Rupert. «Ich hinterließ ihm doch eine Nachricht! Glaubt
der Kerl am Ende, man könne mir kein Pferd anvertrauen?»
«Diesen
Eindruck erhielt ich allerdings von ihm», sagte Seine Gnaden. «Was hast du mit
dem Tier getan?»
«Na ja, ich
hab's verkauft, um die Wahrheit zu sagen», antwortete Rupert grinsend.
Der Herzog
ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen.
«Dann
fürchte ich sehr, daß sich Mr. Manvers mit nichts Geringerem als eurem Leben
zufriedenstellen lassen wird», seufzte er. «Bilde dir bitte nicht ein, daß ich
dein Verhalten mißbillige, aber ich möchte doch gerne wissen, was dich
veranlaßte, so hastig über seinen Rotschimmel zu verfügen?»
«Ich hatte
kein Geld, weißt du», erklärte Rupert. «Vergaß ganz, daß ich noch meine Nadel
zu verkaufen hatte. Aber was hätte ich sonst mit dem Gaul anfangen sollen?
Wollte ihn nicht nach Frankreich mitnehmen.»
Der Herzog
blickte ihn mit einiger Belustigung an.
«Hast du
dich denn ohne einen roten Heller auf diese Abenteuerfahrt gemacht?» erkundigte
er sich.
«Nein, ein
paar Kronen hatte
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