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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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ich in der Tasche», antwortete Rupert. «Ich komme mir
unglaublich alt vor», klagte Seine Gnaden. Er lächelte zu Léonie herab. «Was
war mit dir, Kind?»
    «Oh, ich
wollte Rupert nur necken!» erwiderte Léonie leichtfertig. «Deshalb stecke ich
in diesen Kleidern. Ich legte sie an, um ihn in Zorn' zu bringen. Und ich lief
ihm in den Wald davon, und dort war dieser Schweinekerl ...»
    «Einen
Moment, mein Kind. Verzeih meine Unwissenheit, aber ich weiß nicht, wer dieser
– äh – Schweinekerl sein soll.»
    «Nun, doch
der böse Graf!» rief Léonie. «Er ist ein Schweinekerl, Monseigneur.»
    «Aha.
Dennoch vermag ich nicht unbedingt die Wahl deiner Ausdrücke zu bewundern.»
    «Na, ich
halte das für eine sehr treffende Bezeichnung», sagte Léonie keineswegs
verlegen. «Er packte mich und warf mich in seine Kutsche, und ich biß ihn bis
aufs Blut.»
    «Du
bekümmerst mich, Kind. Aber fahre fort.»
    «Ich rief
Rupert, so laut ich konnte, und trat den Schweinekerl ...»
    «Den Grafen
Saint-Vire.»
    «Ja, den
Schweinekerl, heftig und oft in die Schienbeine. Das behagte ihm gar nicht.»
    «Was mich»,
sagte Seine Gnaden, «keineswegs überrascht.»
    «Nein. Hätt
ich einen Dolch bei mir gehabt, würde ich ihn umgebracht haben, denn ich war sehr
zornig – oh, sehr zornig! Aber ich hatte keinen Dolch, so blieb mir
nichts anderes übrig, als nach Rupert zu rufen.»
    «Der Graf
Saint-Vire hat bei allem noch Grund, dankbar zu sein», murmelte Seine Gnaden.
«Er kennt noch kaum das Temperament meines Mündels.»
    «Nun ja,
Monseigneur, wären Sie denn nicht auch zornig gewesen?»
    «Sehr zornig, Kind,
aber fahre fort.»
    «Oh, das
übrige wissen Sie, Monseigneur! Er gab mir etwas Übles zu trinken – einen
Sautrank! Er nannte es Kaffee.»
    «Dann laß
es uns auch Kaffee nennen, ersuche ich dich. 'Schweinekerl' kann ich gerade
noch hinnehmen, aber 'Sautrank' ist mir zuviel.»
    «Aber es
war einer, Monseigneur! Ich schüttete ihn ihm ins Gesicht, und er fluchte.»
    Seine
Gnaden warf ihr einen unergründlichen Blick zu.
    «Du scheinst
ja eine reizende Reisegefährtin gewesen zu sein», bemerkte er. «Was geschah
weiter?»
    «Dann
brachte er mir noch mehr Sau – Kaffee und zwang mich, ihn zu trinken. Er war
mit Betäubungsmitteln versetzt, Monseigneur, und ich fiel in Schlaf.»
    «Armes
Kind!» Seine Gnaden kniff in eine Locke. «Aber trotzdem ein sehr ungezogenes
Kind.»
    «Mehr ist
nicht zu erzählen, Monseigneur. Am nächsten Morgen erwachte ich im Wirtshaus in
Le Havre und tat so, als ob ich schliefe. Dann brach die Kutsche zusammen, und
ich entfloh.»
    «Und was
war mit Rupert?» Der Herzog lächelte seinem Bruder zu. «Meiner Treu, ich
glaube, ich hörte nicht zu rennen auf, bis ich hierherkam!» sagte Rupert. «Bin
noch immer irgendwie außer Atem.»
    «Oh, Rupert
war sehr gescheit!» warf Léonie ein. «Monseigneur, er hat sogar
seine Diamantennadel verkauft, um mir folgen zu können, und er kam in einem
schmutzigen alten Boot und ohne Hut und Degen nach Frankreich!»
    «Unsinn,
Dummchen, Fletcher gab mir seinen Sonntagshut. Du redest zuviel, Léonie. Halte
den Mund!»
    «Ich rede
doch nicht zuviel, nicht wahr, Monseigneur? Und es ist so, wie ich sage. Ich
weiß nicht, was mit mir geschehen wäre, hätte nicht Rupert eingegriffen.»
    «Auch ich
nicht, ma fiIIe. Wir schulden ihm tiefsten Dank. Es geschieht nicht
oft, daß ich auf jemand anderen baue, aber in den zwei vergangenen Tagen tat
ich's.»
    Rupert
errötete und stammelte: «Léonie hat
uns gerettet. Sie brachte mich hierher – wo immer wir sind. Wo sind wir,
Justin?»
    «In Le
Dennier, etwa zehn Meilen von Le Havre, Kinder.»
    «Nun, ein
Rätsel ist jedenfalls gelöst!» sagte Rupert. «Léonie brauste querfeldein, bis
sie mir den Kopf verrückte. Oh, sie hat Saint-Vire fein an der Nase
herumgeführt, auf Ehre!»
    «Aber wenn
du nicht gekommen wärst, wäre ich ihm nie entwischt», gab Léonie zu bedenken.
    «Was das
anbelangt», sagte Rupert, «weiß der liebe Himmel, was alles geschehen wäre,
wenn du uns nicht gefunden hättest, Justin.»
    «Ich
entnehme, daß mein so blutdürstiges Mündel den heißgeliebten Grafen – äh –
totgeschossen hätte.»
    «Ja, das
hätt ich getan», behauptete Léonie. «Das wäre die richtige Lektion für
ihn gewesen!»
    «In der
Tat», bestätigte Seine Gnaden.
    «Werden Sie
ihn bitte an meiner Statt erschießen, Monseigneur?»
    «Das bestimmt nicht, mein
Kind. Ich werde entzückt sein, den lieben Grafen zu

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