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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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Sie fand sie grob, aggressiv, streitsüchtig und launisch. Und laut, manchmal direkt peinlich laut. Aber aus der Entfernung gab es auch viel an ihr zu bewundern, wie Claudia fand: Selbstbewusstsein, Stärke, Erfahrung, Chuzpe. Aber ausgerechnet jetzt mit ihr zusammenarbeiten zu müssen, empfand Claudia fast als Bestrafung.
    Daher war es Mary, die als Erste wieder sprach. »Was will Nick? Was sollen wir machen?«
    Â»Im Stadtarchiv nachsehen, ob wir Unterlagen über Bunker finden.«

    Â»Haben Sie Hunger? Ist fast Mittag. Würde es Ihnen was ausmachen, wenn wir irgendwo vorbeifahren und was mitnehmen?«
    Claudia warf ihrer Begleiterin einen verstohlenen Blick zu. Komisch, dachte sie, nach allem, was sie durchgemacht hat, ausgerechnet jetzt ans Essen zu denken.
    Â»Wie Sie wollen. Wohin also?«
    Â»Zu Cha Chicken?«
    Â»Ist das nicht draußen in Marchester?«, erkundigte sich Claudia erstaunt. Marchester lag in der entgegengesetzten Richtung zum Stadtarchiv.
    Â»Schon. Das macht Ihnen doch nichts aus, oder? Mein Auto ist leider noch bei der Spurensicherung, und ich darf wegen meiner Verletzungen im Moment noch keinen Dienstwagen fahren – Befehl von oben.«
    Claudia merkte, wie ihr die Kontrolle entglitt. So gesprächig, ja fast geschwätzig hatte sie Mary noch nie erlebt. Sie hatte das deutliche Gefühl, manipuliert zu werden. Aber zu welchem Zweck?
    Â»Kentucky Fried ist gleich um die Ecke. Wie wär’s damit?«
    Mary sagte nichts. Claudia verspürte den verzweifelten Drang, den anderen einen Blick zuzuwerfen. Hatte sie sie irgendwie verletzt? Die Ampel sprang auf Grün. Claudia fuhr auf die nächste Kreuzung zu und wechselte auf die rechte Spur, um zum KFC abzubiegen.
    Â»Das ist doch auch okay, oder?«, wiederholte sie.
    Keine Antwort. Sie riskierte einen Blick. Mary saß kerzengerade da, die Lippen zusammengekniffen. In ihrer Wange zuckte ein Muskel. Claudia erschrak und verpasste prompt die Abzweigung.
    Â»Shit, shit, shit«, murmelte sie vor sich hin. Wie von selbst
begann ihr Alter Ego, ihr Vorwürfe zu machen. Was denkst du dir eigentlich? Was wird Nick denken? Warum hast du Schiss vor ihr?
    Mit diesen Gedanken war sie ein paar Minuten lang beschäftigt.
    Â»Warum Marchester?«, fragte sie schließlich.
    Â»Warum Cha Chicken? Hab einfach Lust drauf.«
    Â»Nein. Warum Marchester? Sollten wir nicht Nick Bescheid sagen?«
    Â»Constable Becker, ich habe einen höheren Rang als Sie und deshalb im Moment das Sagen. Wenn ich Cha Chicken will, dann will ich das eben. Und Sergeant Kennedy hat meiner Erfahrung nach was Besseres zu tun, als Sie bezüglich der Essgewohnheiten von Polizeibeamten zu beraten, die im Rang über Ihnen stehen. Haben wir uns verstanden?«
    Â»Jawohl, Ma’am.« Claudia schürzte unwillkürlich die Lippen. Ihre Glieder übernahmen die Kontrolle, als wären sie ans GPS-Netz angeschlossen und lenkten den Wagen nach Marchester. Biest, dachte sie und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Mary hatte so ungefähr das Schlimmste erlebt, was einer Polizistin zustoßen konnte. Sie hatte was anderes verdient als eine Kollegin, die die beleidigte Leberwurst spielte. Claudia erforschte ihr Gewissen und beschloss, nett zu sein und zu tun, was von ihr verlangt wurde. Vielleicht konnte sie die Gelegenheit nutzen und etwas aus der Situation lernen.
    Als sie sich dem Restaurant näherten, kramte Mary in ihrer Hosentasche nach Geld. Claudia war erleichtert. Sie wollte also tatsächlich etwas essen.
    Besänftigt lenkte Claudia den Wagen auf die Take-Away-Spur.
    Â»Mist. Hab vergessen, einen Scheck einzulösen. Das Arschloch
hat meine Brieftasche. Könnten Sie mir einen Zwanziger leihen?«
    Â»Klar«, antwortete Claudia, obwohl ihr diese ungewöhnliche Frage nicht behagte.
    Â»Ich möchte eine Cola, Pommes und einen Bacon Burger. Suchen Sie sich auch was aus. Sie sind eingeladen«, sagte Mary.
    Â»Ach, danke, das geht schon«, murmelte Claudia und fühlte sich noch unbehaglicher.
    Â»Jetzt seien Sie mal nicht so zimperlich. Ich geb’s Ihnen ja zurück, das sagte ich doch. Los, bestellen Sie sich was.«
    Kurz darauf gab Claudia Marys Bestellung auf und orderte für sich dasselbe.
    Mary nahm die Tüte sogleich an sich und begann geschäftig das Bestellte zu verteilen.
    Â»Fahren Sie nach Norden«, murmelte sie, während sie ihre Pommes frites aß, »Clarke

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