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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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leise Worte in kantonesischem Singsang.
    Der Bichon schien verängstigt wegen der Anwesenheit Fremder, doch er bellte nicht. Seine kleinen braunen Augen richteten sich auf mich.
    »Sie kennen Maya, Doktor David?«
    »Ja. Ich kenne Maya.«
    »Andy sie für mich gekauft. Vor sechs Wochen. Mein Baby, bis Gott Andy und mich segnet mit …«
    Sie verstummte, und mir dämmerte, dass mein dreiundsechzig Jahre alter Freund tatsächlich versucht hatte, mit seiner vierzig Jahre alten Frau ein Kind zu zeugen.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich überflüssigerweise. »Es tut mir sehr Leid.«
    Rachel sah aus, als wollte sie etwas sagen, doch es gab Zeiten, da selbst eine begnadete Therapeutin um die richtigen Worte verlegen war. Während Lu Li ins Leere starrte, wuchs meine Beunruhigung. Wenn Fielding vermutet hatte, dass er ermordet werden sollte, und er hatte diese Befürchtung seiner Frau gegenüber zum Ausdruck gebracht, wusste die NSA möglicherweise auch, dass er darüber gesprochen hatte. Und sie wusste mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass ich im Augenblick hier war. Falls sie draußen warteten, hatten sie Rachel wahrscheinlich fotografiert und würden nun herauszufinden versuchen, was meine Therapeutin hier zu suchen hatte.
    »Maya sieht aus, als könnte sie einen Spaziergang vertragen«, sagte ich leichthin.
    Lu Li schrak aus ihrer Trance auf.
    »Ich würde sie gerne für Sie ausführen«, fügte ich hinzu.
    »Nein. Maya muss nicht …«
    Ich schnitt ihr das Wort mit erhobener Hand ab. »Ich denke, ein wenig frische Luft würde uns allen gut tun.«
    Lu Li starrte mich sekundenlang schweigend an. »Ja«, sagtesie schließlich. »Ich glaube, ist gute Idee. Ich den ganzen Tag im Haus.«
    Ich sah mich nach etwas zum Schreiben um und bemerkte einen kleinen Notizblock neben dem Telefon. Ich ging hin und schrieb: Haben Sie einen tragbaren Kassettenrekorder? Dann riss ich das Blatt heraus und notierte auf dem nächsten die Nummer meines Mobiltelefons.
    Nachdem Lu Li meine Frage gelesen hatte, ging sie in Fieldings Büro und kehrte mit einem Sony Mikrokassettenrekorder zurück, wie man sie zum Diktieren benutzt. Ich steckte ihn in die Tasche und führte die beiden Frauen zu den Glastüren, die nach hinten auf den Patio führten.
    Maya folgte uns, doch sie hielt sich dicht bei Lu Li, die der kleinen Hündin eine Leine am Halsband befestigte. Etwa hundert Meter quer durch den Wald lag das Freiluft-Amphitheater der University of North Carolina. Fielding hatte mich bei früheren Gelegenheiten zweimal dorthin geführt, um unter vier Augen und ohne Lauscher mit mir zu reden.
    »Ich weiß, dass Andrew das Haus nach Wanzen abgesucht hat«, flüsterte ich Lu Li zu. »Trotzdem fühle ich mich nicht sicher, solange wir dort drin sind. Ich muss ein paar Minuten mit Rachel alleine sprechen. Ich möchte, dass Sie ins Haus zurückgehen, Lu Li, und hinter sich die Türen versperren. Wir machen einen Spaziergang durch den Wald zum Freilichttheater und sind bald wieder zurück. Ich habe mein Handy dabei, die Nummer steht auf dem Block neben dem Telefon. Falls irgendetwas Ungewöhnliches geschieht, rufen Sie mich sofort an.«
    Verwirrung und Sorge standen in Lu Lis Gesicht. »Sie brauchen Maya?«
    »Als Tarnung. Verstehen Sie? Ein Vorwand, um das Haus zu verlassen.«
    Sie nickte zögernd, dann kniete sie sich hin, flüsterte der Hündin etwas zu und zog sich schließlich ins Haus zurück. Ich nahm den leise winselnden Bichon Frisé auf den Arm und durchquerte rasch den Garten hinter dem Haus, bis wir einen schmalenPfad erreichten, der sich zwischen den Bäumen hindurchwand. Rachel hatte Mühe, mit mir Schritt zu halten, als die Zweige an unserer Kleidung zerrten.
    »Was tun wir hier?«, fragte sie drängend.
    »Seien Sie still«, ermahnte ich sie. »Ich muss unbedingt mit Ihnen reden, und ich glaube nicht, dass uns viel Zeit bleibt.«
    Ich war nicht sicher, was die Ursache für meine Ängste betraf, doch sie waren tief in mir verwurzelt. Ohne dass ich es bewusst wahrgenommen hätte, hatte ich den Hund auf den linken Arm genommen und mit der rechten Hand den Revolver gezogen.

7
    B ock ist da«, sagte Corelli, und seine Stimme klang nervös in Geli Bauers Kopfhörer. »Er hat den Laser bereits auf das vordere Fenster gerichtet.«
    »Was ist zu hören?«
    »Eindeutig Geräusche, aber keine Unterhaltung. Als würde eine Person im Haus umhergehen. Vielleicht sind sie in einem der hinteren Räume.«
    »Wechseln Sie die Position und

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