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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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gleichen Zeit auf dem LAX . Die 747 auf dem direkten Weg war mit Lichtgeschwindigkeit geflogen, und doch hatte die Maschine, die den Umweg über Miami genommen hatte, Los Angeles in genau dem gleichen Augenblick erreicht. Was nur bedeuten konnte, dass die zweite Maschine schneller als das Licht geflogen war. Was wiederum bedeutete, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie fehlerhaft war. Möglicherweise. Fielding verbrachte eine Menge Zeit mit dem Nachdenken über dieses Problem.
    Er zündete sich eine weitere Zigarette an und dachte an den Brief, den er per FedEx an David Tennant geschickt hatte. Er sagte nicht genug. Nicht annähernd. Es musste reichen, bis sie sich beim Nags Head trafen. Tennant arbeitete in diesem Augenblick ein paar Schritte den Flur hinunter, den ganzen Nachmittag lang, doch er hätte ebenso gut auf den Fidschi-Inseln sein können. Nicht ein Quadratzentimeter des Trinity Complex war frei von Überwachungs- und Aufzeichnungsgeräten. Tennant würde den Brief an diesem Nachmittag erhalten, falls niemand ihn abfing. Um dies zu verhindern, hatte Fielding seine Frau angewiesen, ihm im Postamt von Durham in einen FedEx-Kasten zu werfen, außer Sichtweite eventueller Beschatter, die ihr in der Ferne folgten. Das war alles, was den Ehepartnern der Mitarbeiter üblicherweise widerfuhr – willkürliche Beschattung aus einem Wagen heraus –, doch man konnte nie wissen.
    Tennant war Fieldings einzige Hoffnung. Tennant kannte den Präsidenten. Jedenfalls war er bei Cocktailempfängen im Weißen Haus gewesen. Fielding hatte 1998 den Nobelpreis gewonnen und war trotzdem nie nach Number 10 Downing Street eingeladen worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde es auchnie der Fall sein. Er hatte dem Premierminister anlässlich eines Empfangs einmal die Hand geschüttelt, mehr nicht. Es war nicht das Gleiche. Ganz und gar nicht.
    Fielding nahm einen Zug von seiner Zigarette und blickte auf seinen Schreibtisch hinunter. Dort lag eine Gleichung – eine kollabierende Wellenfunktion, unlösbar im Rahmen der gegenwärtigen Mathematik. Nicht einmal die stärksten Supercomputer der Welt konnten eine kollabierende Wellenfunktion lösen. Es gab nur ein Gerät auf dem Planeten, das das Problem vielleicht ein Stück weit vorantreiben konnte – zumindest glaubte Fielding, dass es dieses Gerät bald geben würde –, und falls er Recht hatte, würde der Ausdruck Supercomputer schon sehr bald so archaisch und drollig klingen wie Abakus. Die Geräte, die imstande sein würden, eine kollabierende Wellenfunktion zu lösen, konnten viel mehr als Berechnungen anstellen. Sie würden genau das sein, was Peter Godin den Mandarins in Washington versprochen hatte – und noch mehr.
    Dieses »mehr« war es, das Fielding verängstigte. Das ihm eine Heidenangst einjagte. Denn niemand konnte vorhersagen, welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen sich daraus ergeben würden, ein solches Gerät zu erschaffen. Trinity. Dreifaltigkeit, ausgerechnet!
    Fielding überlegte gerade, ob er früher nach Hause gehen sollte, als es in seinem linken Auge zuckte. Es gab keinen Schmerz. Dann verschwamm das Sehfeld dieses Auges zu einem undeutlichen Fleck, und in seinem linken Stirnlappen ereignete sich etwas, das sich anfühlte wie eine Explosion. Ein Schlaganfall, dachte er mit klinischer Nüchternheit. Ich habe einen Schlaganfall. Merkwürdig gelassen griff er nach dem Telefonhörer, um den Notruf zu wählen, bevor er sich erinnerte, dass der bedeutendste Neurologe der Welt nur vier Türen von seinem Büro entfernt arbeitete.
    Das Telefon wäre schneller, als wenn er zu Fuß ginge. Er griff erneut nach dem Hörer, doch das Ereignis, das sich in seinem Schädel abspielte, entwickelte unvermittelt seine ganzezerstörerische Kraft. Das Blutgerinnsel saß fest, oder das Blutgefäß platzte, und Fieldings linkes Auge war blind. Dann durchbohrte ein messerartiger Schmerz sein Kleinhirn, das Zentrum der Lebenserhaltungsfunktionen. Während Fielding dem Boden entgegenstürzte, dachte er erneut an jenen flüchtigen Partikel, der schneller gereist war als das Licht und der Einsteins Theorie widerlegt hatte, indem er den Raum durchquerte, als existierte er überhaupt nicht. Er stellte ein Gedankenexperiment an. Falls Andrew Fielding sich genauso schnell bewegen konnte wie dieser Partikel, konnte er Ravi Nara dann noch rechtzeitig erreichen, um gerettet zu werden?
    Antwort: Nein. Nichts konnte Andrew Fielding jetzt noch retten.
    Sein letzter

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