Geraubte Herzen
irgendetwas, das ich für Sie tun kann, Mr. Givens?«
»In der Tat, da gibt es etwas.«
18
Leonard stand allein auf der hinteren Veranda, rauchte wie üblich seine Zigarette und fröstelte in der Kälte. Er hasste es, nach draußen zu müssen, besonders im Winter, aber Mr. Givens war unerbittlich, was das Rauchen im Haus anging, und im Moment war Leonard sogar froh darüber, weil sich so seine wahren Absichten verbergen ließen.
Er zog das Handy aus der Tasche, wählte eine Nummer und wartete auf den Anrufbeantworter.
Aber Colin Baxter ging selbst an den Apparat. »Was ist los?«
Der Mann war ein wenig unfreundlich. Leonard mutmaßte, dass er jedes Recht dazu hatte. Baxter war gerade dabei, sein Unternehmen an Mr. Givens zu verlieren, und er konnte nichts dagegen tun. Außerdem hatten die Lokalnachrichten Wind davon bekommen. Es kursierten Gerüchte, die Börsenaufsicht wolle Baxters Geschäftspraktiken durchleuchten.
Baxter wollte Rache nehmen, und Leonard war willens gewesen, ihm zu helfen. Mittlerweile war er nicht mehr ganz so willens. Er war nicht sicher, ob er die enorme Summe, die Baxter ihm geboten hatte, noch bekommen würde. Aber er hatte den Scheck mit der Anzahlung bereits eingelöst, und er wusste verdammt genau, dass Baxter für sein Geld etwas haben wollte - Baxter war der Typ Mann, der es auch bekommen würde, so oder so. Leonard sagte leise: »Diese junge Frau ist heute Abend wieder gekommen, die, über die schon sämtliche Dienstboten tuscheln. Sie hat nach Griswald gefragt, und als ich Mr. Givens davon erzählt habe, ist er aus seinem Sessel geschossen und rausgelaufen, um sie zu sehen.«
»Sie hat nach Griswald gefragt? Warum?«
»Ich glaube, sie hält Mr. Givens für Griswald.«
»Das ist allerdings interessant. Warum sollte Givens sie das glauben lassen?« Bevor Leonard eine Vermutung äußern konnte, schnaubte Baxter schon wissend. »Weil der arme reiche Junge um seiner selbst willen geliebt werden will.«
»Er kriegt jede Menge Liebe für sein Geld.« Leonard beneidete Givens um die kostspieligen Miezen, die sich um ihn rissen.
»Er hält viel von Loyalität und all solchem Quatsch«, schnaubte Baxter.
Leonard lachte unschlüssig. Mr. Givens hielt sehr auf Loyalität, und falls er Leonard je erwischte, wie er mit Baxter telefonierte, dann war Leonards Karriere als Unterbutler zu Ende. Aber Leonard war es leid, darauf zu warten, dass Griswald in Pension ging, damit er endlich den Lohn und den Respekt bekam, den er verdiente. Baxter hatte ihm einen Haufen Geld in Aussicht gestellt. Außerdem würde es eh keiner herausfinden. Wie auch? Er hatte sämtliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Mit Blick auf die erleuchteten Küchenfenster senkte Leonard wieder die Stimme. »Mr. Givens muss verrückt nach ihr sein. Sie war sehr weinerlich, aber Mr. Givens hat sie hochgehoben und die Treppe hinaufgetragen. Ich musste ein Tablett und einen Blumenstrauß nach oben bringen. Als ich ins Zimmer kam, waren sie gerade zusammen im Badezimmer. Ich habe an der Tür gelauscht - ich glaube, er hat sie gebadet.« Was Leonard schier wahnsinnig erschien.
Baxter höhnte: »Gebadet? Er hat sie gebadet? Ich rufe sofort den National Enquirer an!«
»Das können Sie nicht tun!« Leonard fing sich wieder.
»Das wäre … das wäre keine gute Idee, Mr. Baxter. Wenn Sie das tun, wüsste Mr. Givens sofort, dass ich -«
»Das war ein Scherz.« Baxters Stimme knisterte vor Missmut. »Ist sie hübsch?«
»Verdammt nochmal, nein! Sie sah ziemlich fertig aus heute Abend.«
»Das wird ja immer besser. Wie heißt sie?«
»Er hat sie ›Hope‹ genannt. Sie arbeitet bei Madam Naincis Auftragsdienst.«
»Gut.« Leonard hörte förmlich, wie Baxter sich die Hände rieb. »Das ist schon mal ein Anfang.«
»Was die zweite Zahlung angeht -«
»Ja, ja. Ich schicke Ihnen den Scheck, sobald ich Givens gekriegt habe.« Baxter legte auf.
Leonard drückte bedächtig den roten Knopf und schob das Handy in die Tasche. Er zündete eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug, um seine zittrigen Hände zu beruhigen, und hoffte, dass es kein Fehler gewesen war, sich an Colin Baxter zu verkaufen.
Hope erwachte zwischen sauberen weißen Laken. Das Bett schien riesig zu sein. Die Nachttischlampen waren an. Durch die schweren Vorhänge drang nicht der kleinste Lichtstrahl. Die Stille hörte sich nach tiefer Mitternacht an. Ein barschultriger Griswald stützte sich neben ihr auf den Ellenbogen und sah ihr ins Gesicht. Seine Hand lag
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