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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARLA KELLY
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Schreibtisch saß, hatte er die Gloriosa aus dem Gedächtnis gemalt, so gut er es vermochte.
    Während er nun die Seiten durchblätterte, dachte er an seine täglichen Beobachtungen auf der Insel. Einigen Krabben hatte er sogar Namen gegeben: Boney war kleiner als die anderen, aber umso kämpferischer; Lord Nelson fehlte ein Augenfühler; Marie Antoinettes Farben leuchteten bei der Paarung besonders prächtig. Alle waren bis heute seine Gefährten geblieben.
    Jäh hob er den Kopf und dachte an seinen anderen Gefährten. „Nun gut, Tim. Wo steckst du?“, murmelte er. Mit angehaltenem Atem schaute er sich im Hof um, ohne das vertraute Gesicht zu sehen. Er wagte nicht zu hoffen, Tim habe sich endlich entschlossen, ihn in Frieden zu lassen. Vielleicht aber bereitete es ihm auch Vergnügen in der absonderlichen Art und Weise, die Gespenster an sich hatten, zur Abwechslung Sir Percival Pettibone heimzusuchen.
    Auf dem Weg ins Haus suchte er den Nachthimmel in alter Gewohnheit nach dem Kreuz des Südens ab. Auch das muss ich mir endlich abgewöhnen, schalt er sich.
    Die Schankstube hatte sich bereits geleert. Auf der Bank lagen ein Kissen und eine Decke bereit, auf einem Schemel daneben stand ein Krug Bier.
    Hinter dem Schanktisch spülte der Wirt die letzten Gläser und blickte mürrisch auf.
    „Seien Sie unbesorgt wegen Sir Percival“, sagte James. „Mir macht es wirklich nichts aus.“
    „Sollte es aber“, entgegnete der Mann mit einem finsteren Blick zur Stiege. „Meiner Meinung nach hatte dieser Robespierre vollkommen recht.“ Er vollführte mit der flachen Hand eine Hackbewegung. „Kopf ab!“
    James verzog das Gesicht, und der Wirt machte sich grinsend wieder an seine Arbeit. James legte die Gloriosa auf die Bank, ging durch die Seitentür ins Freie und überquerte den Hinterhof, wo sich das Örtchen befand.
    Nachdem er sich die Hose zugeknöpft und den Holzverschlag zugemacht hatte, stieg ihm Rauchgeruch in die Nase. Alarmiert schaute er die Hauswand hinauf. Aus einem Fenster der Kammer, in der er Sir Percival Pettibone vermutete, quoll Rauch. Er eilte zum Haus, während der Dandy im Nachthemd aufgeregt zwischen zwei geöffneten Fenstern hin- und herrannte, und rief mit dröhnender Stimme nach dem Wirt.
    Sir Percival streckte unterdessen ein spindeldürres Bein aus dem Fenster und versuchte Halt an einem Mauervorsprung zu finden.
    „Nein! Tun Sie das nicht!“, warnte James.
    „Hilfe! Retten Sie mich!“
    Der Wirt rannte herbei, warf einen Blick nach oben, rief nach seiner Frau und befahl ihr, die Gäste zu wecken und aus dem Haus zu scheuchen. Sir Percival klammerte sich an das Fenstersims, sein Bein hing immer noch in der Luft.
    James rüttelte an der Regenrinne, um zu prüfen, ob sie fest im Mauerwerk verankert war. Denk einfach, es ist eine Palme, sagte er sich, zog Stiefel und Strümpfe aus und kletterte behände die Regenrinne hinauf, während der Hof sich mit Menschen in Nachtgewändern füllte.
    „Lassen Sie den Unsinn! Zurück ins Zimmer!“, rief er der halb aus dem Fenster hängenden Gestalt zu. „Auf der Stelle!“
    Bei all seinem Entsetzen zog Sir Percival einen beleidigten Schmollmund. „Erlauben Sie mal, wie reden Sie mit mir?“
    „Ich rede, wie es mir passt!“, rief James wütend. „Und Sie tun, was ich Ihnen sage! Und zwar sofort!“
    Das dünne Bein verschwand, ein spitzer Schrei folgte. James zog sich am Fensterrahmen hoch, sprang in die Kammer und hielt sich die Hand gegen den Qualm vor die Nase. Das Publikum im Hof klatschte Beifall.
    Er blieb in Kauerstellung, hielt den Kopf gesenkt, während Sir Percival sich an ihn klammerte. „Nehmen Sie sich doch zusammen!“, knurrte James und schüttelte ihn ungeduldig ab. „Ich sehe nicht einmal Feuer.“
    Es gab auch kein Feuer. Mit halb zugekniffenen Augen schaute James sich um und entdeckte, dass der Rauch vom Fußende des Bettes aufstieg. Jemand – vermutlich der Schwächling auf dem Fußboden, der nun in sein Taschentuch schluchzte – hatte einen Morgenmantel über die Wärmepfanne geworfen, die mit glühenden Kohlen gefüllt war und deren langer Holzgriff aus dem Bett ragte. Vorsichtig hob James den schwelenden Morgenmantel hoch, warf ihn aus dem Fenster und ließ die angesengte Decke folgen. „Die Gefahr ist vorüber“, rief er.
    Der Jubel der Zuschauer unten im Hof amüsierte ihn. In einer scherzhaften Siegerpose verschränkte er die Hände über dem Kopf und verneigte sich dankend vor den Herbergsgästen. Er wollte sich

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