Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
Vom Netzwerk:
Smallians mehr als einmal gelesen. Auch er schrieb voller Selbstvertrauen. Allerdings – und das gestand sie sich in diesem Moment zum ersten Mal ein – gab es Passagen, und nicht wenige, durch die sie sich hatte zwingen müssen, eine Art Bergauf-Lesen. Bei Harrow gab es kein bergauf. Eine kurze Arbeit, sicher, nicht einmal beendet, jedoch: Sie flog.

    »Plasma?«, sagte Bruce Verlaine.
    »Dritte Generation«, erwiderte der Fernsehverkäufer, nicht ahnend, dass Bruce Plasma nur im Zusammenhang mit Blut kannte, Fernsehen im Allgemeinen verabscheute und die Vorstellung eines Fernsehers im Verlaine’s ganz besonders. Der Fernsehmann schlug eine glänzende Broschüre mit vielen Faltblättern auf und legte sie auf die Bar. »Dieses Vierundsechzig-Zoll-Baby würde sich da oben ganz toll machen.«
    »Wo mein Dalí hängt?«, fragte Bruce.
    »Dolly?«, wiederholte der Fernsehmann. Er spähte zu dem Bild über der Bar, ein echter Salvador Dalí, den Bruce vor einigen Jahren für eine legendäre Rechnung in Zahlung genommen hatte. Auf dem Gemälde war eine Menge zu sehen: eine Schale voller Obst, auf dem eine Schlange lag, metallische Sonnenblumen, sogar eine dieser geschmolzenen Uhren – aber keine wie auch immer gearteten Frauen. Bruces linkes Lid zuckte, ein unmissverständliches Warnsignal. Ivy verdrückte sich ans andere Ende der Bar.
    Ein träger Nachmittag. Das gab ihr Gelegenheit, ihren Laptop aufzuklappen und etwas zu tun, das am Ende nur wehtun würde. Und warum das Ganze? »Höhlenmann« die Zweite, die Version, die damit begann, dass Vladek seinen Körper einölte und mit der Bemerkung des Chirurgen endete – welche Ironie! – es würde kein bisschen wehtun, lag schon beim New Yorker ; zweifellos ungelesen, doch nicht mehr zurückzurufen. Aber vielleicht würde es wirklich nicht wehtun, vielleicht würde die Geschichte mit dem ersten Satz abheben und endlich doch fliegen.
    Hinter der Bar des Verlaine’s, im silbernen Licht der niedrigstehenden Herbstsonne, das den Raum erfüllte, las Ivy erneut »Höhlenmann«. Abheben? Weder beim ersten Satz noch bei einem anderen. Ohne Leben, Bilder, die man sich nur mit Mühe vorstellen konnte, Einzelheiten, die sich aus dem Gedächtnis schlängelten, sich nicht festnageln ließen. Und was Einfälle betraf: ein paar vielleicht, aber von Sprudeln konnte keine Rede sein. Dafür war das Ganze viel zu konstruiert.
    War Harrow – dieser … Häftling – der bessere Schriftsteller, trotz ihrer Schreiberei, ihres akademischen Grads, der Arbeitsstipendien? Konnte das möglich sein?
    Was wusste sie über ihn? Vielleicht hatte er seine kleine Geschichte – eigentlich nur ein Fragment – geklaut, wie Perkins eine Passage wiederholt, die er irgendwo gelesen hatte. Würden die Insassen von Dannemora vor Plagiaten zurückschrecken?
    Ivy riss sich zusammen. Lieber Gott, was für abscheuliche, lästerliche Gedanken, das sah ihr gar nicht ähnlich. Und sie zweifelte nicht daran, dass es Harrows eigenes Werk war, sie wusste es instinktiv. Am besten sollte sie –
    »Hast du ein Problem, Ivy?«, fragte Bruce.
    Sie drehte sich um, sah, wie er sie vom anderen Ende der Bar beobachtete. »Nein«, erwiderte sie, klappte den Laptop zu, griff nach einem schmutzigen Glas.
    Bruce hob die Hand. »Kein Grund zur Hektik«, sagte er. »Es ist sowieso keiner hier, verflucht sollen sie sein.« Er sah aus dem Fenster, zuckte leicht zusammen, warf ein paar Aspirin ein und spülte sie mit einem Soda direkt aus dem Hahn herunter. »Was bringt so ein Roman eigentlich ein?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht genau«, sagte Ivy. »Eine Menge, falls es ein Bestseller wird.«
    »Wie viel ist eine Menge?«
    »Vielleicht ein paar hunderttausend?«
    »Wie viel Prozent kriegst du?«
    »Ich?«
    »Der Autor«, sagte Bruce. »Von jedem verkauften Buch.«
    »Weiß ich nicht.«
    »Fünfzig Prozent? Vierzig? Zwanzig?«
    »Vermutlich eher weniger«, meinte Ivy. »Egal, ich konzentriere mich momentan auf Kurzgeschichten.«
    »Was wird dafür gezahlt?«
    »Hängt von der Zeitung ab.«
    »Zum Beispiel?«
    Sie kannte keine Beispiele.
    »Dein Businessplan muss mal überarbeitet werden«, sagte Bruce. Er sah wieder aus dem Fenster. »Sind ausgerechnet heute Nachmittag alle bei den Anonymen Alkoholikern?«, murrte er. »Der Mensch muss trinken, oder? Das ist doch wohl klar.«
    »Ist das dein Businessplan?«, fragte Ivy.
    Bruce wirkte gereizt. »Was tun die meisten Leute eher?«, fragte er. »Ein Buch lesen oder sich

Weitere Kostenlose Bücher