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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Neandertaler trifft.«
    »Interessante Idee«, meinte Whit.
    »Oh, danke.«
    »Haben Sie eine Kopie?«
    »Die habe ich in Ihr Büro –«
    »Noch eine Kopie«, sagte Whit.
    »Die du ihm persönlich geben kannst«, artikulierte Danny überdeutlich, als spräche er mit einer Idiotin. »Zum Beispiel jetzt.«
    »I-ich habe meinen Laptop dabei«, stotterte Ivy. »Vielleicht kann ich den Drucker im Büro benutzen.«
    »Ich schließe ihn an«, erbot sich Bruce, der plötzlich hinter ihr auftauchte.
    Sie ging zusammen mit Bruce ins Hinterzimmer. Er schloss ihren Laptop an den Drucker an. Allein hätte sie es nicht gekonnt, ihre Hände zitterten zu stark.
    »Der Arsch ist grad noch mal davongekommen«, bemerkte Bruce, als er ihr die Seiten reichte.
    »Wie meinst du das?«
    »Keiner von meinen Single Malts ist ihm gut genug«, erklärte Bruce. »Bestellt Bud. So kann ein Mann in einer Seitengasse enden.«
    Sie ging zurück in die Bar und gab Whit die Geschichte. Sie hatte erwartet, dass er sie zusammenfaltete, in die Tasche steckte, irgendwie so etwas. Aber stattdessen warf er einen Blick auf den ersten Satz – Vladek ölte seinen Körper ein  – und begann zu lesen.
    Er las sie? Direkt vor ihren Augen? All diese Autoren in Vergangenheit und Gegenwart mit eingereichten Geschichten, in unterschiedlichen Stadien der Agonie auf eine Antwort wartend, niemals sicher, dass ein echtes menschliches Wesen ihr Zeug las; und hier saß dieses menschliche Wesen und las ihre Geschichte praktisch auf Anforderung; als wäre Shakespeare mit einem fröhlichen Grinsen und frischen Seiten hereingeplatzt.
    Hatte Ivy jemals jemanden so intensiv beobachtet, wie sie jetzt Whit beobachtete? Sie versuchte, hinter die winzigen Brillengläser seiner winzigen Brille durch seine Augen zu spähen, die irgendwie auch winzig waren, in den Teil seines Gehirns, in dem Entscheidungen getroffen wurden. Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass dies in Whits Fall das gesamte Organ sein mochte. Aber eins stand fest: Er war gefesselt. Oder? Vielleicht war »Höhlenmann« ja doch gut, so gut, wie sie gewollt hatte.
    Whit sah erst wieder auf, als er am Ende der ersten Seite angelangt war; kein langer Zeitraum, aber sie hatte ja gesehen, wie schnell er las. Er erwiderte ihren Blick.
    »Bin gespannt, wie es weitergeht«, sagte er, und jetzt faltete er »Höhlenmann« und steckte die Seiten in die Innentasche seiner Jacke. »Ich melde mich in Kürze.«
    Das war ein gutes Zeichen, oder? »Oh, danke«, sagte Ivy. »Nur keine Eile.« Das Lächerlichste, was sie seit Jahren geäußert hatte.
    Whit stand auf. Danny winkte ihr heimlich mit erhobenen Daumen zu, als sie die Bar verließen. Natürlich: Hier kam gar nichts aus heiterem Himmel. Wie langsam sie manchmal schaltete.

    In dieser Nacht hatte Ivy Schwierigkeiten einzuschlafen. Sie konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken, sich die Szene immer wieder neu auszumalen, jedes Wort, das Whit gesprochen hatte, zu interpretieren, jeden Ausdruck seines teigigen Gesichts. Erst sehr spät, als sie völlig erschöpft war, wanderten ihre Gedanken zu Harrow und zu dem Mädchen mit den hüpfenden Löckchen, das am Fuß des Hügels im Eissturm wartete.

Sieben
    N ächster Tag: kein Anruf von Whit. Dasselbe am übernächsten Tag und am überübernächsten genauso. Auch von Danny nichts. Was hieß das? Gut oder schlecht? Ivy grübelte eine Weile darüber nach – es musste schlecht sein. Andererseits konnte es natürlich auch gut bedeuten, falls Whit zum Beispiel Danny gesagt hatte, er fände die Geschichte toll, wolle sie aber geheimhalten, bis er Brad Pitt die Rolle des Vladek angeboten hätte. Schließlich erlag sie ihrer Schwäche und rief Danny im Büro an.
    »Mr. Weinberg ist in Hongkong. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?«
    Whit hatte »in Kürze« gesagt. Was hieß »in Kürze« eigentlich genau? Sie schlug es sogar nach.

    Am Dienstagmorgen war noch immer nichts passiert. Ivy packte die Unfallarbeiten zusammen – sämtlich getippt und in Mappen geheftet – und fuhr nach Norden in die Adirondacks. Im Radio lief nichts Gescheites. Sie spielte ein Spiel, das sie manchmal mit sich selbst spielte, ein Spiel, bei dem es darum ging, kleine Details hier und dort zu bemerken und besonders originell zu beschreiben. Man nahm zum Beispiel Blätter, die ihre leuchtenden Farben verloren hatten, als wäre ihr Fieber gesunken; oder Nebel, der in den Ästen hing wie ein Totenhemd: Konnte man das auf eine frische,

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