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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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und direkt hinter ihm Sergeant Tocco.
    »Das ist Harrow«, stellte Sergeant Tocco vor. »Der neue Schüler, den ich erwähnt habe.«
    »Ivy Seidel«, sagte Ivy, stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Willkommen im Kurs.«
    Harrow schüttelte ihre Hand, kurz, unpersönlich, ohne Druck. Er war nicht so groß wie Perkins oder Morales und auch nicht so muskulös; dennoch wirkte er fit, eher wie ein Kletterer oder Bergsteiger.
    »Suchen Sie sich einen Platz«, sagte Ivy.
    Harrow sah sich im Raum um. Neben Perkins war ein Stuhl frei – Felix’ alter Platz – und ein weiterer neben Morales, doch Harrow nahm keinen von beiden. Stattdessen stand El-Hassam auf und setzte sich auf die andere Seite zu Morales. Harrow setzte sich auf El-Hassams Platz.
    Sergeant Tocco war nicht stehengeblieben. Er beugte sich über Morales und griff nach dessen Kopie des Kettengedichts.
    »›Ursache und Wirkung‹«, sagte er. Gemächlich sah er sich in der Gefängnisbücherei um. Dann las er lautlos das Gedicht; alle anderen saßen einfach nur da.
    »Mein Schwager hatte einen dieser Camaros«, sagte Sergeant Tocco, während er den Blick hob und auf Morales richtete. »Cooler Wagen.«
    »Ja«, sagte Morales.
    »Aber wieso hast du ausgelassen, was mit den beiden Mädchen passiert ist? Als euch der Achtzehntonner von der Ausfahrt 79 schob?«
    Morales antwortete nicht.
    Der Sergeant sah kurz auf das Blatt. »›Carmen und die mit den Titten.‹ Was ist mit ihnen passiert?«
    Morales starrte, ein kaltes Stieren echter physischer Gewalt, die Ivy spüren konnte, obwohl es auf niemanden gerichtet war.
    Sergeant Tocco ließ das Gedicht fallen. Es glitt vor Morales auf den Tisch.
    »Netter Titel«, lobte Sergeant Tocco. »Schreiben Sie gut, meine Herren.« Er ging hinaus.
    Es war ruhig.
    Ivy hatte sich für die heutige Stunde einen Plan zurechtgelegt, aber ihr Glaube daran schwand dahin. Sie verteilte die Bleistifte und reichte jedem ein leeres Blatt. Morales knüllte seins zu einer Kugel. Ivy zuckte fast zurück; vielleicht tat sie es wirklich.
    »Ich dachte mir«, sagte sie, »wir suchen uns ein Thema und schreiben darüber, und am Ende liest jeder seine Arbeit vor. Irgendwelche Vorschläge?«
    Langes Schweigen. Morales und El-Hassam saßen reglos da, El-Hassam mit geschlossenen Augen, Morales mit zu Fäusten geballten Händen. Perkins reinigte seine Nägel mit der Bleistiftspitze.
    Harrow sprach. Seine Stimme war leise, leise, aber nicht im geringsten weich. »Autounfälle wär eine Idee.«
    Morales’ Kopf schnellte herum. »Was hast du gesagt?«
    »Sie hat um Vorschläge gebeten«, erwiderte Harrow mit nach wie vor leiser Stimme. »Autounfälle ist ein Vorschlag.«
    Ivy konnte hören, wie Morales unter dem Tisch mit den Füßen scharrte. Einen Moment lang glaubte sie, er würde aufspringen.
    »Es sei denn, jemandem fällt was Besseres ein«, sagte Harrow.
    Stille.
    »Die Zeit läuft ab«, sagte El-Hassam. Er beugte sich vor und schrieb in Großbuchstaben ganz oben auf seine Seite AUTOUMFALL.
    »Alle einverstanden?«, fragte Ivy.
    Niemand sagte etwas.
    »Gegenstimmen?«
    Schweigen.
    »Dann also Autounfälle«, entschied sie. Sie nahm einen Bleistift und ein Blatt Papier.
    »He«, sagte Perkins. »Sie schreiben auch?«
    »Sicher«, sagte Ivy. »Hat Joel das nicht gemacht?«
    »Nein«, sagte El-Hassam.
    »Oh.«
    »Aber wir können uns überhaupt nicht mehr an ihn erinnern«, sagte El-Hassam.
    »Eine Schwuchtel«, sagte Morales und meinte natürlich Joel, dennoch sah er Harrow an.

    Ivy dachte über Autounfälle nach. Wirklich ein ziemlich guter Vorschlag. Zum Beispiel mal angenommen, man fuhr mit jemandem irgendwohin, über den man sich klarwerden musste, und genau im kritischen Moment kam man an einem schrecklichen Unfall vorbei und traf eine Entscheidung. Man konnte sich für beide Richtungen entscheiden. Der Unfall zerstört die Beziehung oder bringt deren Notwendigkeit zum Vorschein. Ivy war klar, dass sie stark komprimieren musste, um noch in der Kursstunde zum Ende zu kommen, aber vielleicht konnte sie es später ausarbeiten. Sie sah sich um. Die Männer, abgesehen von Morales, hatten sich über die Blätter gebeugt, Perkins schrieb bereits.
    Die Brautjungfern waren leicht angetrunken, schrieb Ivy. Die Flitterwöchner saßen im Flugzeug nach Cancùn, und die meisten Gäste  – Ivy hob den Kopf. Morales war auf den Beinen und auf dem Weg zu den Bücherregalen hinter Harrow. Die anderen schrieben. Morales sah sie und

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